Beendet der Winterthurer Weiler den FCW-Höhenflug?
Vier Spiele, zehn Punkte: Der FC Winterthur hat einen Lauf und ist in der Super League eine der positiven Überraschungen. Bekommt heute Abend auch Servette-Trainer René Weiler die Stärke seines Stammklubs zu spüren? Oder stoppt der Winterthurer den FC Winterthur?
Es ist beeindruckend, wie der FC Winterthur in seiner zweiten Super League-Saison in Folge auftritt. Der Start erfolgte mit dem Remis gegen Luzern und den 2:5-Niederlagen gegen Basel und YB zwar schleppend. Doch danach folgten Siege gegen GC und Lausanne, ein Unentschieden gegen Yverdon und ein weiterer Sieg gegen Stade-Lausanne-Ouchy, was nach sieben Spielen elf Punkte und Rang 5 in der Tabelle ergibt. Der Abgang von Coach Bruno Berner zu GC konnte also problemlos weggesteckt werden, unter Nachfolger Patrick Rahmen scheinen die Winterthurer gar noch stärker zu sein.
Das Erfolgsgeheimnis? Es ist die Mischung, die es ausmacht, die Kombination von Erfahrung (Luca Zuffi, Basil Stillhart, Aldin Turkes) und jungen Schweizer Talenten (Matteo Di Giusto, Alexandre Jankewitz, Samuel Ballet, Adrian Gantenbein). Entscheidend sind auch die gelungenen Transfers, auf diese Saison hin stiessen beispielsweise Zuffi (von Sion), Stillhart (St. Gallen), Turkes (Lausanne) oder Jankewitz (YB) zu den Winterthurern und schlugen sofort ein. Und weitere Neuzuzüge wie Silvan Sidler (Bielefeld), Randy Schneider (St. Gallen) oder Musa Araz (Sion) haben ihr Potenzial noch nicht ausgeschöpft.
Unruhe nach dem Goaliewechsel
Über viel Talent und Potenzial verfügt natürlich auch der neue Goalie Marvin Keller, der kürzlich leihweise von YB zum FCW gewechselt hat, nachdem bei den Bernern David von Ballmoos nach seiner Verletzung zurückgekehrt ist. Coach Rahmen machte Keller sofort zu seiner neuen Nummer 1 und degradierte den Österreicher Markus Kuster zum Ersatz. Es war ein Entscheid, den Kuster natürlich nicht goutiert. «Das ist wie ein Schlag ins Gesicht», wird er in der «Burgenländischen Volkszeitung» zitiert. «Die Art und Weise ist für mich ehrlicherweise sehr erschreckend und auch enttäuschend. So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich war die klare und unumstrittene Nummer eins, jetzt ist auf einmal alles anders – und ich kann nichts daran ändern.» Er möchte durch Leistung überzeugen, deshalb werde er auch im Training weiterhin alles geben. Fakt sei, dass er die neue Situation jetzt annehmen müsse und die Lage danach neu bewerten werde.
Heute Abend kommt so Marvin Keller zu seinem zweiten Meisterschaftsspiel für Winterthur und wird in Genf natürlich genau beobachtet. Gegen ein Servette, bei dem Anspruch und Wirklichkeit nicht übereinstimmen. In sieben Meisterschaftsspielen gab es nur einen Sieg, gleich zum Saisonstart gegen GC. Zuletzt unterlagen die Servettiens dreimal (Luzern, YB, Yverdon), dazu kommt die Niederlage gegen Slavia Prag in der Europa League. Die starke letzte Saison mit dem Vizemeistertitel unter Alain Geiger ist aktuell weit weg, Nachfolger René Weiler steht langsam aber sicher unter Druck, auch wenn sein Team zuletzt gegen Luzern dominierte und besser war. «Wir müssen schleunigst Punkte gewinnen», sagt der Winterthurer Weiler denn auch vor dem Duell gegen seinen Stammverein. «Die Mannschaft hat Dinge gezeigt, die mir sehr gefallen haben. Die Spieler haben Fortschritte in ihrem Spiel und ihren Läufen gemacht. Sie haben Qualität. All das gibt Vertrauen und Hoffnung.»
Klar ist aber auch, dass im Spitzenfussball der Totomat eine entscheidende Rolle spielt und sechs Punkte aus sieben Spielen für einen ambitionierten Klub wie Servette zu wenig sind. So sagt denn Coach Weiler in der «Tribun de Genève» auch: «Ich kenne die Regeln des Fussballs, ich gebe mein Bestes, aber am Ende braucht jeder Ergebnisse. Ich werde auch daran gemessen, egal, welche Erklärungen ich dafür finde. In unserer Situation dürfen wir uns nur auf Winterthur konzentrieren. Wir müssen den Sieg holen.» Immerhin spricht die Statistik für die Genfer: Letztmals verlor Servette am 22. April 2017 gegen den FCW; die Zürcher siegten damals in der Challenge League in Genf mit 3:2. Seither gewannen die Genfer neun von zwölf Direktbegegnungen (bei drei Remis) und haben ein Torverhältnis von 26:11.