Cup-Triumph vs. Lugano: Ein Bieler Abend für die Ewigkeit
Mit 2:0 bezwang der FC Biel-Bienne gestern Abend den FC Lugano und sorgte damit für die grosse Überraschung in den Cup-Viertelfinals. Beide Teams boten dem Publikum dabei in knapp 96 Minuten alles, was den Cup so speziell machen kann. Ein Rückblick auf einen wunderbar aussergewöhnlichen Abend.
Die Gunst der Stunde genutzt
Zuletzt war es lange Zeit ruhig um den Seeländer Traditionsklub. Seit dem Konkurs und Zwangsabstieg vor neun Jahren liessen es die Bieler ruhig angehen, widmeten sich unter Präsident Dietmar Faes einem behutsamen Wiederaufbau. Mit Erfolg. Nach drei Aufstiegen kickt der FCBB mittlerweile wieder an der Spitze der Promotion League und trat gestern Abend zum ersten Mal wieder so etwas wie ins Rampenlicht – offensichtlich ohne sich davon negativ beeinflussen zu lassen. In einem denkwürdigen Spiel bezwang der Aussenseiter den Favoriten Lugano dank einem Tor tief in der Nachspielzeit (Topskorer Malko Sartoretti traf in der 95.), dass in seiner Art und Weise an das grossartige 3:1 von Eintracht Frankfurt im DFB-Pokalfinale 2018 erinnerte. Zwar vor 3‘143 Zuschauern anstatt vor über 76‘000 im Berliner Olympiastadion, deswegen aber nicht weniger enthusiastisch und emotional begleitet. Ein grosser Moment für den FC Biel-Bienne und ein willkommenes Highlight für den Schweizer Cup, der nicht erst seit gestern um seinen Stellenwert im kommerziellen Fussball kämpfen muss.
Kein VAR, kein Kläger
Eine der Besonderheiten des Schweizer Cups ist, dass der VAR mit Ausnahme der Stadien, die dafür eingerichtet sind (sprich, die aktuellen Super-League-Stadien), nicht zum Einsatz kommt. Und so fehlte den Unparteiischen gestern in zwei spielentscheidenden Szenen auch die Grundlage, um den auf dem Platz gefällten Entscheiden im Nachgang noch genauer auf den Grund zu gehen. Erst beim wichtigen Bieler 1:0, dass der ehemalige Thun-Akteur Omer Dzonlagic (elf SL-Einsätze) auf schöne Vorarbeit von Brian Beyer (ex-Yverdon) wohl aus einer Abseitsposition heraus erzielte. Dann in der 92. Minute, als ein Kopfball des Luganesi Hadj Mahmoud vom Innenpfosten zurückprallte und dabei mindestens teilweise die Torlinie überquerte, ehe er von Biel-Keeper Raphael Radtke ins Spielfeld zurückgeschlagen wurde. Eine eindeutige Aufklärung der Szene war ohne Video Assistant Referee nicht möglich, und so fiel anstatt des vermeintlichen Tessiner Ausgleichs wenige Augenblicke später das ekstatisch bejubelt 2:0. Allzu stark sollten die Bianconeri deshalb aber nicht mit ihrem Schicksal hadern.
Zwei herbe Dämpfer innert vier Tagen
Denn dass der FC Lugano nach drei aufeinanderfolgenden Finalteilnahmen (mit Cupsieg 2022) ausgerechnet in Biel wieder einmal verfrüht aus dem Wettbewerb stolperte, hatte nicht nur mit mangelndem Schiedsrichter- und Wettkampfglück zu tun. Viel mehr schienen sich die Tessiner ihrer Sache zu sicher, rechneten nicht mit der enormen Widerstandsfähigkeit ihres unterklassigen Widersachers, der sich ab der ersten Minute in diese Partie verbiss. Anders ist kaum zu erklären, dass Mannschaft von Trainer Mattia Croci-Torti den Ernst der Lage nicht bereits in Halbzeit eins erkannte, früher aufs Tempo drückte und entschlossener den Torerfolg suchte. Der blieb den Luganesi zwar auch in der zweiten Halbzeit verwehrt, was aber durchaus mit jener mangelnden Portion Glück zu tun hatte, die sich die Bianconeri gestern Abend einfach nicht verdienten. National bleibt dem Conference-League-Achtelfinalisten jetzt nur noch, sich auf die Meisterschaft zu konzentrieren, wo der Partie gegen den FC Zürich nach den jüngsten Rückschlägen plötzlich erhöhte Bedeutung zukommt. Fehlen wird Lugano dabei Spielmacher Renato Steffen, der sich in der Schlussphase der Partie gegen Biel zu einer roten Karten (Notbremse) hinreissen liess. Für die ambitionierten Tessiner könnte es dieser Tage also noch knüppeldick kommen.