Während die Kritiker immer lauter werden, mahnen Ex-Wirtz-Trainer Xabi Alonso und Liverpool-Coach Arne Slot zur Geduld. Bekommt der Zauberfuss im Gigantentreffen die nächste Chance?
Champions League, Flutlicht, Liverpool gegen Real Madrid - viel mehr geht nicht!
"Es ist ein grosses Match", betonte Real-Coach Alonso. "Ein Klassiker im europäischen Fussball." Und für den ehemaligen Erfolgstrainer von Bayer Leverkusen zudem eine Reise in die Vergangenheit: Der Spanier spielte von 2004 bis 2009 beim LFC und gewann unter anderem 2005 die Champions League. Jetzt kehrt er zum ersten Mal als Real-Trainer an seine alte Wirkungsstätte zurück - und trifft dort in Form von Wirtz auf einen alten Bekannten. "Er war so besonders und ist wahrscheinlich einer der Gründe, warum ich heute hier [bei Real Madrid, Anm. d. Red.] bin", schwärmte er. "Ich bin dankbar ihm dankbar."
Unterschiedliche Vorzeichen
Jetzt messen sich die beiden zum ersten Mal als Gegner. Die Vorzeichen könnten unterschiedlicher jedoch kaum sein: Während die Königlichen nach Erfolgen im Clasico gegen den FC Barcelona (2:1) und gegen Valencia (4:0) in LaLiga souverän an der Tabellenspitze thronen, müssen sich die Reds noch immer aus der Krise kämpfen.
Sechs der vergangenen acht Pflichtspiele gingen verloren. Der Rückstand auf Premier-League-Spitzenreiter Arsenal beträgt nach zehn Spieltagen bereits sieben Punkte. Immerhin: Nach vier Liga-Pleiten in Folge wurde mit dem 2:0-Sieg gegen Aston Villa der Turnaround eingeleitet. Zudem ist auch in der Königsklasse die Top Acht und die daraus resultierende direkte Achtelfinal-Qualifikation in Reichweite. Mit sechs Punkten aus drei Spielen steht die Slot-Elf auf dem zehnten Platz.
Dennoch hinkt der amtierende Premier-League-Champion seinen Erwartungen noch immer hinterher. Nach einem Traumstart (sieben Pflichtspielsiege in Folge) herrschte zuletzt überwiegend Tristesse - auch weil millionenschwere Neuzugänge wie Alexander Isak (fällt gegen Real verletzt aus), Milos Kerkez und Wirtz nicht wie gewünscht funktionieren.
Alonso verteidigt Wirtz
Vor allem Wirtz hat nach seinem 125-Millionen-Euro-Wechsel mit der Umstellung auf die körperbetonte Spielweise in der Premier League zu kämpfen. In zehn Ligaspielen wartet er noch immer auf seine erste Torbeteiligung. In vier der vergangenen sechs PL-Partien kam nur er als Joker in die Partie, beim krachenden Aus im Carabao Cup gegen Crystal Palace fand er wie die meisten seiner Star-Kollegen keinen Platz im Kader.
Gegen Villa wurde er in der 77. Minute als einziger LFC-Bankspieler eingewechselt, konnte aber keine Akzente mehr setzen. Aktuell ist Wirtz eher der zwölfte Mann: Zuspruch gibt es dennoch von mehreren Seiten: "Ich habe keine Zweifel [an ihm]. Es ist eine Frage der Zeit", meinte Alonso. "Er muss sich anpassen, aber er ist ein sehr besonderer Spieler. Er hat die Qualität, er hat die Persönlichkeit, er ist wettbewerbsfähig." Aber wie lange geben ihm die Reds? "Wenn Wirtz weiter so anonym bleibt wie bisher, wird sich in Liverpool etwas tun", prophezeite Sky Sport Experte Didi Hamann vor dem Villa-Spiel: "Es wird dann mit Sicherheit Überlegungen geben, wie lange man mit ihm weitermacht."
Slot zieht Vergleich mit Ex-Bayern-Star
Liverpools Teammanager Arne Slot nahm den Dribbelkünstler in Schutz: "Er hat in vielen Spielen Einfluss gehabt, hatte aber Pech mit dem Endergebnis", sagte der 47-Jährige und lobte: "Für mich persönlich hat er schon das gebracht, was wir von ihm erwartet haben. Er ist ein Spieler, der viel für die Mannschaft kreiert und auch seine Tore machen wird." Auf seinen Premierentreffer wartet Wirtz noch immer…
Slot mahnte zur Geduld: "Ich glaube, es überrascht niemanden, dass man mit 22, wenn man aus einer anderen Liga kommt, etwas Zeit braucht, um sich an diese Intensität zu gewöhnen, wenn man alle drei Tage spielt und nur zwei Tage Pause dazwischen hat", verdeutlichte Slot und zog einen Vergleich mit Ex-Bayern-Profi Rayan Gravenberch, der nach Anlaufschwierigkeiten endgültig beim LFC durchgestartet ist: "Er hat eine Weile gebraucht, um sich an die Intensität zu gewöhnen - vielleicht sogar länger, als es Florian brauchen wird."
Wohlfühloase Königsklasse?
Wirtz zeigte seine stärksten Leistungen für Liverpool bis dato in der Königsklasse - vor allem beim furiosen 5:1-Erfolg bei Eintracht Frankfurt trumpfte er gross auf und bereitete zwei Tore vor. "Dort geht es aber nicht so schnell und körperbetont zu wie in der Premier League", begründete Hamann.
Nun heisst es erneut Königsklasse statt Ligaalltag. Anfield, Flutlicht, Liverpool gegen Real Madrid - viel mehr geht nicht! Auch für Wirtz, der in seiner "Wohlfühloase Königsklasse" die nächste Bewährungsprobe bekommen dürfte. "Wir freuen uns darauf, wenn er uns seine Qualität und Klasse zeigt", machte er deutlich. Aber "nicht morgen [am Dienstag, um 21 Uhr]", wenn sein Real Madrid auf seinen Liverpool FC trifft …