Das Zürcher Derby und die peinliche Rasen-Problematik
Der FCZ gegen GC: Im ersten Zürcher Derby der Saison haben heute beide Teams die Gelegenheit, die Weichen in die für sie richtige Richtung zu stellen – auch wenn der Rasen in einem bedenklichen Zustand ist und so für einen peinlichen Nebenschauplatz sorgt.
Eigentlich ist alles angerichtet für einen wunderschönen Fussballabend. Ein sonniger Tag mit angenehmen Temperaturen und auch für den Abend sind perfekte Bedingungen zu erwarten. Wenn da nur der Rasen im Letzigrund nicht wäre. «Der Platz war eine Katastrophe», erklärte Lugano-Trainer Mattia Croci-Torti am vergangenen Donnerstag, nachdem sein Team sein «Heimspiel» im Zürcher Asyl in der Conference League gegen Bodo/Glim mit einem 0:0 beendet hatte. Zwei Tage später spielten die Grasshoppers in der Super League im Letzigrund gegen St. Gallen und wieder war der Platz ein Ärgernis. «Der Rasen hat nichts mit Fussball zu tun, das sieht jeder», sagte St. Gallens Albert Vallci gegenüber blue über den Untergrund im Letzigrund, der allgemein als Acker betitelt wurde.
Gestern ging der Gastgeber FCZ vor dem ersten Derby der Saison mit einer Stellungname an die Öffentlichkeit und fand klare Worte: «Der FC Zürich ist entsetzt über die erneut miserablen Platzverhältnisse im Stadion Letzigrund. Dass dies lediglich mit dem vielen Regen zu tun haben soll, ist ein abenteuerliches Argument.» Die Gründe seien andere: Die auf dem Naturrasen durchgeführten Konzerte, zuletzt in der Nati-Pause das Energy Air, während derer mehrere zehntausend Menschen auf dem Platz herumtrampelten. Und die zusätzliche Belastung – neben der Doppelbelastung durch die beiden Zürcher Klubs – durch das Conference League-Spiel des FC Lugano, «Da darf man nicht wirklich überrascht sein, wenn der Rasen ruiniert wird», so der FCZ. Und: «Mit professioneller Infrastruktur hat dies nichts mehr zu tun.» Auch Präsident Ancillo Canepa sprach Klartext und sagte im Blick: «Ich habe früher Junioren- und Amateurfussball gespielt. Aber sehr selten auf so einem Acker. Wahrscheinlich hätte ich mich geweigert. Eine normale Ballbehandlung und Kombinationsfussball sind kaum möglich. Ausserdem ist die Verletzungsgefahr aufgrund der vielen Löcher hoch.»
Der miserable Rasen im Letzigrund-Stadion, das der Stadt Zürich gehört, ist ein weiteres peinliches Kapitel in der unendlichen Zürcher Stadion-Posse. Seit einer gefühlten Ewigkeit plant man ein neues Fussballstadion, das dann doch immer wieder verhindert wird. Es ist und bleibt blamabel, eine Trauergeschichte für die Stadt Zürich, die diesbezüglich vielmehr tiefste Provinz als eine Sportstadt ist. Dazu passt auch, dass die Swiss Football League die Rasenproblematik folgendermassen kommentieren musste: «Der Swiss Football League bereitet der schlechte Zustand des Spielfelds im Stadion Letzigrund ebenfalls Sorgen. Die Liga erwartet von allen Beteiligten eine rasche Verbesserung der Situation, damit die Meisterschaftsspiele auf einem Rasen stattfinden können, der die Ansprüche eines Profibetriebs erfüllt. Nach internen Abklärungen stellt das Spielfeld aktuell aber keine Gefahr für die Gesundheit der Spieler dar, weshalb die Partie vom Dienstag wie geplant stattfindet.»
Ob Rasen oder Acker: Der FCZ und GC müssen im 283. Derby heute alles geben, um drei Punkte einzufahren, die im Hinblick auf die nähere Zukunft wichtig sind. Die Stadtzürcher sind neben Meister YB das einzige in der laufenden Saison noch ungeschlagene Team und können sich mit einem Sieg in der Spitzengruppe etablieren. Die Grasshoppers im Gegenzug brauchen drei Punkte – es wäre im achten Meisterschaftsspiel der Saison nach dem 3:1 gegen Basel erst der zweite Saisonsieg – um nicht am Tabellenende zu versauern und den Anschluss an die Top 6 zu verlieren.
Trotz des Rasens ist die Vorfreude auf das Derby gross. FCZ-Coach Bo Henriksen sagt gegenüber SRF schmunzelnd: «Ich liebe diese Spiele. Nur schon wenn ich sehe, wie gross die Anspannung der Spieler in der Kabine ist, bekomme ich Hühnerhaut. Es ist ein wenig wie Heiligabend für Kinder.» Der Däne geht mit seinem Team als Favorit ins Duell gegen GC. Einerseits wegen der aktuellen Tabellenlage, andererseits auch wegen eines Blicks in die Vergangenheit. Von den letzten 13 Zürcher Derbys konnte GC nur eines für sich entscheiden: Am 23. Oktober 2022 gewannen die Grasshoppers mit 4:1; die damaligen Torschützen Guilherme Schettine (2), Petar Pusic und Christian Herc haben die Hoppers aber mittlerweile verlassen. Der heutige GC-Coach Bruno Berner war damals noch Trainer in Winterthur und sagt entsprechend trocken: «Für mich ist es das erste Derby als Trainer. Und genau so nehme ich es: Derby 1.» Der Punktgewinn gegen St. Gallen war für GC nach den zuvor schlechten Leistungen und dem Cup-Out gegen Sion enorm wichtig, und so lautet die Vorgabe des GC-Coaches fürs heutige Spiel gegen den FCZ: «Wir müssen rennen, kämpfen und mit viel Herz spielen.»