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Der beispiellose Zerfall eines Rekord-Champions

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Es war das Werk eines Rekord-Champions, das Trainer Xabi Alonso mit Taktik, Mentalität und Feingefühl geformt hatte. Doch das Konstrukt, das einst so harmonisch wirkte, steht nun vor dem Zerfall.

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Florian Wirtz ist nur einer von zahlreichen Abgängen bei Bayer Leverkusen. © Imago

Es war das Werk eines Rekord-Champions, das Trainer Xabi Alonso mit Taktik, Mentalität und Feingefühl geformt hatte. Doch das Konstrukt, das einst so harmonisch wirkte, steht nun vor dem Zerfall.

Von Nils Matzkowitz

Mit Florian Wirtz verliert Bayer 04 Leverkusen nicht nur seinen kreativsten Spieler, sondern auch das Gesicht einer Ära. Der Wechsel zum FC Liverpool bringt mit 150 Millionen Euro zwar eine Rekordsumme ein, hinterlässt sportlich aber eine kaum zu schliessende Lücke. Weitere Leistungsträger folgten: Jonathan Tah zog es zum FC Bayern, Jeremie Frimpong wechselte nach England - und auch Granit Xhaka, der emotionale Anführer im Mittelfeld, zieht es auf die Insel.

Gerade Xhakas Abgang wiegt schwer. Der Routinier brachte nicht nur Erfahrung und Präsenz, sondern war auch sprachlich und charakterlich ein Bindeglied im Kader - auf dem Platz wie in der Kabine. Nach nur zwei Jahren im Leverkusener Trikot hat sein Weggang Symbolkraft: Der Zerfall der Meistermannschaft ist endgültig.

Dass es ihn zu einem ambitionierten, aber sportlich kleineren Klub wie Sunderland zieht, verdeutlicht zudem, dass für Spieler nicht allein Titelambitionen entscheidend sind - sondern auch persönliche Herausforderungen, emotionale Beweggründe und das nötige Kleingeld.

Diese Abgänge sind nicht nur wirtschaftlich bedeutsam, sie reissen auch eine Lücke in Struktur, Hierarchie und Mentalität der Mannschaft. Der Kader verliert Substanz - sportlich wie charakterlich.

Die Alonso-Lücke: Mehr als nur ein Trainerwechsel

Mindestens ebenso einschneidend ist der Abschied von Xabi Alonso. Der Spanier hinterliess weit mehr als eine taktisch brillante Handschrift - er schuf eine Verbindung zwischen Mannschaft, Fans und Verein, wie sie in Leverkusen selten war. Sein Wechsel zu Real Madrid war absehbar, doch die hinterlassene Lücke ist gewaltig - auf dem Trainingsplatz ebenso wie im Selbstverständnis des Teams.

Sein Nachfolger: Erik ten Hag. Ein Trainer mit beeindruckender Vita aus Ajax-Zeiten, dessen Zeit bei Manchester United jedoch von Spannungen und inkonstanten Leistungen geprägt war. In Leverkusen trifft er nun auf ein Umfeld, das Entwicklung zulässt - mit jungen Spielern, klaren Strukturen und der Chance, einen Neuaufbau nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Die Herausforderung ist gross, der Vergleich mit Alonso allgegenwärtig. Doch es könnte auch genau das sein, was ten Hag braucht: ein Neustart ohne Altlasten.

Neue Gesichter, neue Hoffnung

Die Einnahmen aus den Transfers wurden gezielt reinvestiert - nicht in fertige Stars, sondern in Perspektive. Malik Tillmann bringt aus Eindhoven Kreativität und Abschlussstärke mit. Jarell Quansah, aus Liverpool gekommen, gilt als physisch starker, wenn auch noch unerfahrener Innenverteidiger. Ibrahim Maza, einst grosses Talent bei Hertha BSC, soll langfristig Wirtz' Position bekleiden. Torwart Mark Flekken bringt Stabilität, Christian Kofane Tempo und Dribbelstärke auf den Flügeln.

Es sind Verpflichtungen mit Potenzial - keine, die sofort Titel garantieren, aber solche, die wachsen können. Leverkusen setzt auf Entwicklung, auf eine neue Generation.

Zwischen goldener Vergangenheit und ungewisser Zukunft

Die Saison 2023/24 bleibt ein einmaliges Kapitel - geprägt von sportlicher Dominanz und emotionaler Geschlossenheit. Dieses Gefühl lässt sich nicht konservieren. Doch Leverkusen geht nicht ohne Plan in die neue Ära. Mit einem Trainer, der taktische Tiefe mitbringt, einem Kader, der Spielraum für Fortschritt bietet, und einer Führung, die Geduld signalisiert.

Ob daraus ein nahtloser Übergang zur nächsten Erfolgsgeschichte entsteht oder ein mühsamer Reifungsprozess, wird sich zeigen. Sicher ist: Das Leverkusen, das Fussball-Deutschland verzauberte, wird es so nicht mehr geben. Doch genau darin liegt auch eine Chance: nicht Alonso zu kopieren, sondern eine neue, eigenständige Identität zu formen - und vielleicht das nächste Meisterstück zu schreiben.

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