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«Der Frauenfussball müsste finanziell noch viel stärker gefördert werden»

Andy

Coumba Sow (28) ist in die Schweiz zurückgekehrt, um Spielpraxis im Hinblick auf die WM im Sommer zu haben. Die Cousine von Frankfurt-Star Djibril Sow hat nun mit Servette den Cup gewonnen, steht in der Meisterschaft im Playoff-Halbfinal gegen St. Gallen, träumt von einem Finalsieg gegen ihren Ex-Klub FCZ und traut ihrem Cousin den Sprung nach England zu.

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Coumba Sow kämpft mit Servette um den Meistertitel. © IMAGO / Just Pictures

Sie haben zuletzt dreieinhalb Jahre in Paris verbracht. Wie war diese Zeit sportlich und privat für Sie?
Coumba Sow: Turbulent, mit viele Ups und Downs, aber rückblickend auf jeden Fall mega lehrreich und mit schönen Momenten wie den Spielen in der Champions League. Ich spielte auch auf vielen Positionen, die teilweise neu für mich waren und so konnte ich mich als Spielerin weiterentwickeln. Es war auch cool, in Paris zu leben, gemeinsam mit meiner besten Kollegin, Eseosa Aigbogun, zu spielen, die französische Sprache zu lernen und eine andere Kultur zu erleben.

Sie hatten 2021 auch ein Herzproblem…
Es war eine Herzmuskelentzündung. Ich nehme an aufgrund der Corona-Impfung und nicht wie teilweise vermutet wegen einer Corona-Erkrankung, denn es würde zeitlich aufgehen. Ich musste drei Monate lang auf Sport verzichten, konnte nur spazieren. Es war eine sehr harte Zeit, vor allem wenn man sich daran gewöhnt ist, jeden Tag zu trainieren und dann plötzlich nicht mal mehr Stabilitätsübungen machen kann.

Aber jetzt ist alles wieder gut?
Ja, bei meinem Wechsel zu Servette hatte ich medizinische Tests, da war alles in Ordnung.

«Im Hinblick auf die WM 2023 wollte ich alles versuchen, um am Ende dabei zu sein»

Ende Januar haben Sie zurück in die Schweiz gewechselt. Was war der Grund?
Am Anfang der Saison kam ich viel zum Einsatz, aber etwa im November wurde es immer weniger. Im Hinblick auf die WM 2023 wollte ich alles versuchen, um am Ende dabei zu sein, zumal wir einen Trainerwechsel hatten und die Spielpraxis im Klub wichtig ist. Zudem wollte ich die Freude zurückgewinnen, die Komfortzone verlassen und so wieder wachsen. Wenn ich bis im Sommer kaum Einsatzzeit in Paris gehabt hätte, wäre es unmöglich gewesen, für die WM in Form zu sein. 

Wie gross ist der Unterschied zwischen dem Frauenfussball in Frankreich und der Schweiz?
Individuell sind die Spielerinnen in Frankreich schon viel besser, vor allem technisch.

Sie sind eine FCZ-lerin und spielen nun für den Erzrivalen Servette. Wie ist es dazu gekommen?
Ich wollte ein Zeichen setzen und zeigen, dass es nicht mehr reicht, was der FCZ macht. Man muss investieren, sonst kommt ein Team, das erst seit ein paar Jahren in der Super League spielt und nun hoffentlich das Double gewinnt. Natürlich, ich weiss nicht genau, was sich in den letzten Jahren in Zürich getan hat, aber es hätte ganz sicher mehr sein können. Früher haben alle zum FCZ gewechselt, weil der Klub alles gewonnen hat. Nun kommen andere Vereine, der Wettbewerb wird gefördert, das ist cool.

Was ist denn nun bei Servette besser als damals in Zürich?
Es gibt ein paar Spielerinnen, die nebenbei arbeiten, aber auch Profis, die aber natürlich nicht extrem viel verdienen. Doch wenn man noch mehr investiert und auf diesem Weg bleibt, kann in den nächsten Jahren aus Servette etwas Grosses werden.

Können Sie in Genf vom Fussball leben?
Ich beginne im Sommer ein Studium in Betriebsökonomie und Sportmanagement, bin aber eigentlich Profi. So kann ich vom Fussball gerade so leben, aber nichts auf die Seite legen. Zudem wohnen die meisten unserer Spielerinnen in Frankreich, weil es da günstiger ist. Ich hatte das Glück, in Genf etwas Bezahlbares zu finden.

Gefällt es Ihnen in Genf?
Ich fühle mich sehr wohl, wir haben ein cooles Team, man merkt, dass hier vieles ziemlich international ist, es besteht ein Mix verschiedener Kulturen, was mir sehr behagt. 

«Der Unterschied zwischen den Top-Teams und dem Rest der Liga ist schon noch zu gross»
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Coumba Sow ist in der Nati eine fixe Grösse.

Hat sich der Frauenfussball in den letzten knapp vier Jahren in der Schweiz weiterentwickelt?
Der Frauenfussball an sich hat sich schon weiterentwickelt und auch das Niveau bei Servette hat mich positiv überrascht. Der Unterschied zwischen den Top-Teams und dem Rest der Liga ist aber schon noch zu gross, auch wenn sich diese Lücke langsam schliesst und die Favoritinnen mal in Schwierigkeiten kommen. Man merkt, dass bei vielen Klubs ehemalige Spielerinnen in verantwortlichen Positionen sind, wie Lara Dickenmann bei GC, Sandra Betschart bei YB oder Sandy Maendly bei Servette. Sie wissen, wie es war und in welche Richtung der Weg führen soll.

Zum zweiten Mal überhaupt hats ich die Schweiz für die WM qualifiziert. Ist dies ein Zeichen, dass es aufwärts geht oder nur wegen den vielen Söldnerinnen der Fall?
Es zeigt schon, dass man sich in die richtige Richtung bewegt. Aber ein grosser Teil der Nati spielt immer noch im Ausland, was nicht für die Liga spricht.

Die Schweiz wird bei den Männern und den Frauen wohl immer eine Ausbildungsliga bleiben.
Das ist wohl so, aber viele Spielerinnen würden gerne in der Heimat spielen. Damit man näher an der Familie und den Freunden ist, das wird im Alter immer wichtiger.

Im Alter? Sie sind erst 28 Jahre alt…
Ja, aber die Werte verschieben sich.

An der WM in Neuseeland und Australien trifft die Schweiz in der Vorrunde auf Neuseeland, Norwegen und die Philippinen. Was erwarten Sie da?
Beim Heimteam Neuseeland wird sicher die Kulisse stimmen, wird es viele Zuschauer haben. Es ist ein physisches Team, das nicht unterschätzt werden darf. Norwegen verfügt sowieso über Qualität und hat nach der letzten EM etwas zu beweisen, da müssen wir vorsichtig sein. Und die Philippinen haben ganz sicher nichts zu verlieren und sind so auch gefährlich.

Ist die Qualifikation für die Achtelfinals wie 2018 Pflicht oder träumt man von mehr?
Mit unserem Team müssen wir die Vorrunde überstehen – und natürlich träumt man von mehr. An der letzten EM waren wir nahe an den Viertelfinals, das muss uns auch Mut machen.

Und im 2025 folgt die EM in der Schweiz. Ist es der nächste Fixpunkt in Ihrer Zukunftsplanung?
Ich nehme Schritt für Schritt. Zuerst kommen jetzt die Playoffs, dann die WM und erst danach folgt mehr. Ich schaue nicht gerne zu weit nach vorne.

In den Playoff-Halbfinals spielt ihr mit Servette gegen St. Gallen. Das ist eine reine Pflichtaufgabe, auch wenn ihr im Cupfinal gegen die St. Gallerinnen nur 1:0 gewonnen habt und auch das erste Halbfinal-Duell mit eurem 2:1-Sieg eine enge Kiste war. 
Cup-Spiele sind betreffend Dynamik immer etwas anders. St. Gallen verfügt auch über Qualität, junge, schnelle Spielerinnen, die für Überraschungen und Leichtigkeit sorgen können. Es ist ein Team, das man definitiv nicht unterschätzen darf. 
 

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Cupsieg im Zürcher Letzigrund: Coumba sow und Elodie Nakkach.
«Dass ich den Cup auch mit einem zweiten Team gewinnen durfte, war wunderschön»

Wie war das eigentlich, den Cup mit Servette im Zürcher Letzigrund zu gewinnen?
Es war mega speziell. Daheim, vor der Familie, allen Freunden – das war wunderschön. Und es kamen auch Erinnerungen an meine FCZ-Zeit hoch. Dass ich nun den Cup auch mit einem zweiten Team gewinnen durfte, war wunderschön.

Das nächste Highlight wäre dann wohl der Playoff-Final gegen den FCZ und der Gewinn des Meistertitels…
Unser nächstes Ziel ist die Final-Qualifikation. Ideal wäre es schon, am Ende gegen den FCZ gewinnen zu können. Aber wir müssen uns auf unsere Arbeit konzentrieren, die nächsten Schritte, dürfen noch nicht an den Final denken –und der Playoff-Modus ist auch speziell.  

Erhalten Sie für solche Titel eigentlich Prämien?
Ja, aber es ist ein Witz, wie wenig der Klub für den Triumph kassiert, entsprechend ist es nicht möglich, «anständige» Prämien an die Spielerinnen auszuzahlen.

Ist es frustrierend, dass es bei weitem nicht die Summen sind wie bei den Männern und Ihrem Cousin Djibril Sow?
Klar ist es frustrierend. Denn schlussendlich leisten wir physisch und mental, auf und neben dem Patz dasselbe wie die Männer. Oder teilweise gar noch mehr, weil es Spielerinnen gibt, die nebenbei arbeiten – und sie verlieren bei Abwesenheiten mit der Nati ja auch noch Geld. Das dürfte nicht passieren. Der Frauenfussball müsste finanziell noch viel stärker gefördert werden.

Haben Sie mit Djibril auch schon darüber gesprochen?
Ja, und er findet es auch nicht gut. Aber was soll er machen? Ich hoffe, dass die EM 2025 daran etwas ändert und dass man stärker auf diese Thematik sensibilisiert ist. Denn ohne Investitionen ist ein guter Aufbau nur schwer vorstellbar.

Haben Sie eigentlich oft Kontakt mit ihm und bekommen auch Tipps?
Wir haben uns erst kürzlich wieder gesehen, doch dann ist es cool, mal nicht über Fussball zu reden, sondern einfach die Familie zu geniessen.

Man munkelt, dass er im Sommer Frankfurt verlassen und nach England wechseln wird. Was würden Sie ihm raten?
Ich denke, er ist bereit für diesen Schritt. Er spielt nun schon lange in Frankfurt, hat gute Leistungen gezeigt, die Europa League gewonnen – ja, ich sehe ihn wirklich auch in der englischen Liga.

Wäre für Sie England auch mal ein Ziel?
Ich weiss nicht, ich würde Spanien oder Italien cooler finden. England ist sicher reizvoll, weil für die Frauen viel gemacht wird. Aber ich würde schon gerne an die Sonne gehen…

Sie haben in Genf nur bis Ende Saison unterschrieben. Haben Sie schon konkrete Ideen, was danach folgen soll?
Nein, ich bin gedanklich noch nicht so weit. Ich will jetzt zuerst die Playoffs gewinnen, dann schauen wir weiter.

Das Ausland ist aber eine Option?
Ja, aber es muss passen, ich will da nichts erzwingen. 

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