DFB Pokal: Ganz Stuttgart im Finalfieber – ausser Rieder
Es ist angerichtet: Kommenden Samstag stehen sich im Endspiel des DFB Pokals der VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld gegenüber. Ein Highlight vor über 70‘000 Fans und mittendrin ein Schweizer, der möglicherweise etwas weniger euphorisch nach Berlin blickt. Für Fabian Rieder könnte die Reise in die Hauptstadt die letzte als Teil des VfB Stuttgart sein.
Titellust
18 Jahre ist es mittlerweile her, seit der VfB Stuttgart mit der Meisterschaft in der Spielzeit 2006/2007 zum letzten Mal einen grossen Titel feiern konnte. Gar noch zehn Jahre weiter zurück liegt der letzte Pokaltriumph der Schwaben, der in der Saison 1996/1997 zustande kam. Verständlich, herrscht rund um den fünffachen Deutschen Meister zur Zeit eine Art Ausnahmezustand. Über 160‘000 Kartenanfragen gingen beim Verein für Bewegungsspiele ein, knapp 25‘000 davon werden ihre Lieblinge am Samstag live im Olympiastadion unterstützen können. Generell ist die Vorfreude auf das Gastspiel in Berlin riesig, wobei sie bei einem Akteur durchaus etwas verhaltener ausfallen dürfte: Fabian Rieder, 23-jährige Schweizer Leihgabe von Stade Rennes, wird wohl auch am Samstag mit einem Platz auf der Bank vorlieb nehmen müssen.
Gutes halbes Jahr genügte nicht
Dabei begann die Liaison zwischen Rieder und dem VfB vergangenen August vielversprechend. Der 23-jährige offensive Mittelfeldakteur wechselte nach einer guten EM mit der Schweiz nach Stuttgart und wurde im Schwabenland mit offenen Armen empfangen. Insbesondere Rieders Qualitäten in der Offensive und bei stehenden Bällen weckten bei Team und Fans grosse Vorfreude und zu Beginn schien es, als ob der gebürtige Berner die hohen Erwartungen auch erfüllen könnte. Bis zur Winterpause kam der Linksfuss in jedem Pflichtspiel (total 24 in Bundesliga, CL und Pokal) zum Einsatz (2 Tore, 7 Assists), verpasste es aber, sich im gut besetzten Stuttgarter Mittelfeld einen fixen Startplatz zu erspielen. Auf seiner bevorzugten Position im Zentrum kam er nur selten zum Einsatz, musste des Öfteren auf den rechten Flügel ausweichen. Trotzdem hielt Trainer Sebastian Hoeness öffentlich weiter grosse Stücke auf den ehemaligen YB-Junior, begründete die seltenen Startelfeinsätze und frühzeitigen Auswechslungen regelmässig mit taktischen Massnahmen.
Rückschritt anstatt Fortschritt
Mit dem Ende einer durchzogenen Vorrunde (Rang 10 mit 23 Punkten) war jedoch klar, dass sich beim letztjährigen Vize-Meister etwas verändern würde. Von Hoffenheim kam u.a. der Däne Jacob Bruun Larsen an den Neckar, ein weitere Alternative im personell mittlerweile üppig besetzten Stuttgarter Mittelfeld. Gleichzeitig entschied sich Hoeness, zu Beginn der Rückrunde vermehrt auf ein 4-4-2 mit Doppelsechs zu setzen, in dem Rieders Position immer weniger gefragt war. Zwar besann sich der Sohn der ehemaligen VfB- und Bayern-Legende Dieter Hoeness nach einer monumentalen Niederlagenserie im Frühling (nur ein Sieg in neun Spielen) zur Rückkehr auf das bewährte 4-2-3-1, an Rieders Aussicht auf mehr Spielminuten änderte das jedoch wenig. Das Duo Deniz Undav / Jamie Leweling hatte den Berner noch weiter aus dem Team gedrängt. Bis heute hat Rieder seit Jahresbeginn ganze sechs Teileinsätze auf seinem Konto, zum letzten Mal in der Startelf stand er am 30. November 2024. In den letzten drei (erfolgreichen) Bundesligaspielen kam er keine einzige Minute mehr zum Einsatz.
Und nun – zurück nach Rennes?
Da erscheint es unwahrscheinlich, dass der VfB die 14 Mio. Euro teure Kaufoption auf den Schweizer Nationalspieler ziehen wird. In Anbetracht des vielversprechenden Starts im Schwabenland zwar enttäuschend, aber aufgrund der jüngsten Entwicklungen möglicherweise auch für den Spieler nicht die schlechteste Option. Immerhin läuft Rieders Kontrakt bei Stade Rennes noch zwei weitere Jahre und beim Klub in der Bretagne steht mit Habib Beye mittlerweile ein Mann an der Seitenlinie, der für die Art von Fussball steht, wie er einem Spielertypen wie Fabian Rieder eigentlich entgegen kommen müsste. Ob Beye dem zweifachen Schweizer Meister allerdings zutraut, nach zwei mehrheitlich verlorenen Jahren eine Verstärkung für Rennes sein zu können, steht auf anderem Blatt geschrieben. Der talentierte Linksfuss ist sicher gut beraten, seine letzten beiden Spielzeiten genau zu analysieren und Antworten auf die Frage zu finden, weshalb er bislang weder in Frankreich noch in Deutschland reüssieren konnte. Dabei ist es für seine weitere sportliche Entwicklung absolut relevant, ab Sommer wieder regelmässig zu spielen, sich zeigen und in eine Leader-Rolle hineinwachsen zu können. Im Hinblick auf die WM im nächsten Sommer, aber auch im Hinblick darauf, seine Karriere neu lancieren zu müssen. Eventuell ist dafür auch ein Schritt zurück in die Schweiz nicht die schlechteste Option. Schliesslich ist der gebürtige Berner mit 23 Jahren noch jung genug, um nach einem starken Jahr und nach einer möglichen WM-Teilnahme noch einmal einen Anlauf im Ausland zu nehmen.