Die Abfahrtshelden geben wieder Gas
Heute starten die Skirennfahrer in Beaver Creek in die Abfahrtssaison. Zelebrieren die Schweizer Speed-Cracks erneut einen Traumwinter?
Es war ein spezieller Tag, der 6. Dezember 2024. Damals zeigte der Walliser Justin Murisier in Beaver Creek ein Traumrennen und feierte seinen ersten Weltcupsieg – zwei Zehntelsekunden vor Marco Odermatt. Es war der Anfang einer schier unglaublichen Dominanz der Schweizer Abfahrtshelden. Acht Weltcuprennen gingen über die Bühne, sechsmal gab es einen Schweizer Doppelsieg. Einzig in Kitzbühel (James Crawford) und im ersten Rennen in Kvitfjell (Dominik Paris) gab es andere Sieger. Von den möglichen 24 Podestplatzierungen gingen 17 an die Schweiz – eine bemerkenswerte Bilanz, eine unglaubliche Dominanz. Und auch an der WM in Saalbach liessen die Schweizer ihre Muskeln spielen: Franjo von Allmen gewann vor dem Österreicher Vinzent Kriechmayr Gold, Alexis Monney eroberte die Bronzemedaille.
Mehrere Schweizer Eisen im Feuer
Und nun lancieren die Abfahrer erneut in Beaver Creek die neue Saison. Eine ähnliche Dominanz wie vor einem Jahr ist nicht zu erwarten, doch die Schweizer haben gleich mehrere heisse Eisen im Feuer. Angefangen natürlich bei Marco Odermatt. Der aktuell weltbeste Skirennfahrer hat in den letzten beiden Jahren den Abfahrtsweltcup gewonnen, wurde 2023 Weltmeister und steht in dieser Disziplin bei vier Weltcupsiegen und 21 Podestplätzen. In diesen Tagen in Beaver Creek hat er in den Trainings bereits wieder gezeigt, dass mit ihm zu rechnen ist.
Dasselbe gilt für Weltmeister Franjo von Allmen, der sich im Sommer in sämtlichen Belangen weiterentwickelt hat und mit einer glänzenden Fitness überzeugt. «Wir sind mit Franjo viel weiter als vor einem Jahr», erklärte der Schweizer Speed-Cheftrainer Reto Nydegger kürzlich gegenüber dem Blick. «Weil sich Franjo im September 2024 am Kniegelenk verletzt hatte, konnte er damals nicht ins Trainingscamp nach Südamerika reisen. Im letzten Sommer und Herbst hat Franjo dagegen uneingeschränkt trainiert, was sich sehr positiv auf die Stabilisierung von seiner Fahrweise ausgewirkt hat. Seine Ausfallquote ist stark gesunken.»
Ein weiterer Trumpf ist Alexis Monney, der im letzten Winter in Bormio seinen ersten Weltcupsieg feierte und es auch in Kitzbühel und Crans-Montana sowie an der WM in Saalbach aufs Abfahrtspodest schaffte. Und auch der Bündner Stefan Rogentin kann bei Bedarf in die Bresche springen, wurde in der vergangenen Saison in Kvitfjell zweimal Dritter. Gespannt sein darf man zudem auf Vorjahressieger Justin Murisier, dem die Rückkehr an den Ort seines bislang grössten Triumphes Flügel verleihen könnte. Murisier kämpfte in der Vergangenheit oft mit gesundheitlichen Problemen, fühlt sich aber bereit, wie er zuletzt erklärte: «Die Mobilität meines Knies ist besser als vor zwölf Monaten, der Zustand meines Rückens ist ebenfalls ordentlich. Und wenn ich mir auf Video meine Siegfahrt anschaue, sehe ich einige Passagen, bei denen ich mir zutraue, sie diesmal noch besser meistern zu können. Zudem sind meine Head-Ski auf diesem Schnee besonders schnell.»
Das Comeback von Niels Hintermann
Gespannt sein darf man auch auf Niels Hintermann. 654 Tage nach seinem letzten Weltcuprennen gibt der Zürcher sein Comeback. Im Oktober 2024 wurde bei ihm Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert, die nötige Chemotherapie brachte eine lange Pause mit sich. Hintermann, der in Beaver Creek einen siebten Platz im Dezember 2021 und Rang 9 ein Jahr später als Bestresultate aufweist, hielt die Erwartungen zuletzt aber bewusst tief. Für den zweifachen Weltcup-Abfahrtssieger (Kvitfjell 2022 und 2024) ist nach dieser Krankheit und Leidensgeschichte nur schon die Rückkehr in den Weltcupzirkus ein grosser Sieg. Dasselbe gilt für Aleksander Aamodt Kilde, der sein Weltcup-Comeback nach seinem fatalen Sturz im Januar 2024 in Wengen schon vor einer Woche beim Super-G in Copper Mountain gegeben hat und es mit Rang 24 in die Punkte schaffte. In Beaver Creek deutete er nun bereits an, dass er sich auf dem richtigen Weg befindet. Nach Position 45 im ersten Training raste er im zweiten Übungslauf auf den neunten Platz, unmittelbar vor Titelverteidiger Justin Murisier.