Die nächste Runde im Titel-Krimi – Fehler verboten!
Der Countdown läuft: Vier GP und zwei Sprints – spätestens dann ist in der Formel 1 der Titelkampf entschieden. Es ist ein Krimi, in dem ab jetzt jeder Fehler entscheidend sein kann.
36 Punkte beträgt der Rückstand auf Lando Norris, 35 Punkte jener auf Oscar Piastri: Titelverteidiger Max Verstappen ist zwar in Rücklage, aber er ist weder ganz ausgebremst, noch entscheidend abgehängt. Der Gewinn des fünften WM-Titels in Folge ist für den Niederländer im Red Bull schwierig, aber nicht unmöglich. Auch der frühere Formel-1-Pilot Johnny Herbert, der zwischen 1996 und 1998 für Sauber fuhr, warnte zuletzt davor, Verstappen abzuschreiben. «Das wäre überaus töricht. Ich bin mir sicher, dass Lando, Oscar und McLaren das nicht getan haben, denn sie wissen genau, dass er derjenige sein könnte, der sie schlägt.» Man müsse nur die Resultate Verstappens seit der Sommerpause anschauen: «Er hatte diese unglaubliche Serie, und der Punkteabstand hat sich deutlich verringert. Viele dachten, er sei raus und hätte keine Chance mehr. Aber das sehe ich anders. Man darf Max keinen Moment aus den Augen lassen, man darf Red Bull Racing nie abschreiben.»
Von Position 17 zum Sieg
Kommt hinzu, dass der GP von São Paulo ein ganz besonderes Rennen ist für «Mad Max». Hier gewann er in den letzten beiden Jahren, wobei vor allem der Sieg 2024 bemerkenswert war, als er das Rennen nach einem verpatzten Qualifying von Startposition 17 aus in Angriff nehmen musste – und sein Können bei garstigen Bedingungen in einem chaotischen Rennen geradezu demonstrierte und fast 20 Sekunden vor Esteban Ocon gewann. «Ich bin sprachlos, ich hätte nie gedacht, dass ich hier von P17 gewinnen würde. Es mussten schon einige Dinge zusammenpassen, dass dies hier möglich geworden ist», sagte er damals. Das Wetter könnte auch in diesem, Jahr wieder verrückt spielen, sagt Verstappen nun: «In Interlagos kann es stark regnen, das kann dann im Rennen ziemlich verrückt werden.» Brasilien sei für ihn generell ein besonderer Ort, nicht nur wegen der unglaublichen Rennen und der grossartigen Momente, die er dort erlebt habe, sondern auch, weil die Familie seiner Freundin Kelly Piquet –Tochter des dreifachen Weltmeisters Nelson Piquet – aus Brasilien stammt. Und wegen der Fans: «Sie sind super leidenschaftlich und ich liebe es immer, auf einer solchen Old-School-Strecke zu fahren.»
Klar ist: Max Verstappen braucht im Sprint und im Grand Prix ausserordentliche Leistungen, um das McLaren-Team mit Leader Lando Norris und Oscar Piastri unter Druck zu setzen. In Mexiko siegte das Papaya-Team nach fünf Rennen Pause erstmals wieder. Lando Norris übernahm durch diesen Sieg die WM-Führung, liegt nun einen Punkt vor Oscar Piastri, der nur Fünfter wurde und in den letzten fünf Rennen nie mehr auf dem Podest gestanden hat, während Max Verstappen die letzten sieben Rennen in den Top 3 beendet hat.
Das Papaya-Team ist gewarnt
Auch bei McLaren weiss man natürlich um die Brisanz in dieser Ausgangslage, und so warnt Teamchef Andrea Stella: «Wir sind stolz darauf, dass unsere beiden Fahrer die WM anführen und nur einen Punkt voneinander getrennt sind. Wir sind uns jedoch bewusst, dass wir einen sehr starken Gegner im Kampf um den Fahrertitel haben, und es ist kein Zufall, dass er der aktuelle Champion und vierfache Weltmeister ist.» Dies sei auch ein Sprint-Wochenende, was mehr Möglichkeiten biete, Punkte zu sammeln. Gleichzeitig müssten sie noch mehr auf Details achten, um die richtige Fahrzeugabstimmung zu finden, insbesondere angesichts der begrenzten Zeit im freien Training. «Wie immer in São Paulo werden wir auf das unvorhersehbare Wetter vorbereitet sein, das hier oft ein entscheidender Faktor ist.»
Sauber fährt um Millionensegen
Im Schatten der Entscheidung um den WM-Titel kämpft das in der Team-WM aktuell neuntplatzierte Sauber-Team mit Racing Bulls, Aston Martin und Haas um die Ränge 6 bis 9 und einen damit verbundenen Millionensegen. «Brasilien ist immer ein spannendes Wochenende: Die Geschichte, die Atmosphäre, die Fans und die Unvorhersehbarkeit der Strecke machen es zu etwas ganz Besonderem. Als Sprint-Wochenende gibt es noch mehr Möglichkeiten, Eindruck zu hinterlassen und wertvolle Meisterschaftspunkte zu sammeln. Mit dem Tempo des C45 und unseren Leistungen an der Rennstrecke haben wir uns darauf konzentriert, an unsere jüngste Form anzuknüpfen. Es liegt in unserer Reichweite, dass beide Fahrer regelmässig in die Punkte fahren», sagt Teamchef Jonathan Wheatley.
Einigermassen optimistisch gibt sich auch Nico Hülkenberg, für den zuletzt das Rennen in Mexiko enttäuschend verlief, als er sein Auto nach einem Drittel der Renndistanz aufgrund technischer Probleme abstellen musste. «Wir hatten ein gutes Tempo und hätten darauf aufbauen können, aber das Team hat das Problem angegangen, und wir können mit Zuversicht nach São Paulo fahren», sagt er nun. «Wir wissen, dass der Kampf um uns herum eng werden wird und jedes kleine Detail den Unterschied ausmachen wird.» Interlagos sei einzigartig – ein echter Klassiker im Kalender, und er habe einige grossartige Erinnerungen an diesen Ort.
Speziell wird das GP-Weekend in Brasilien für Gabriel Bortoleto, da er zum ersten Mal als Formel 1-Fahrer vor heimischem Publikum antritt. «Ich bin in São Paulo aufgewachsen und habe immer davon geträumt, in Interlagos zu fahren. Dies nun als Formel 1-Fahrer zu tun, ist etwas, worauf ich mich sehr freue – es fühlt sich fast unwirklich an», sagt er. Die ganze Arbeit, die seine Familie und er über die Jahre investierten, hätten sich ausgezahlt, «und ich kann es kaum erwarten, endlich vor meinem Publikum auf die Strecke zu gehen».