Diesen Namen muss man sich merken
Wenn am Dienstag die Tour de Romandie (26. bis 30. April) startet, sollten die Schweizer Radsportfans auch auf einen Schweizer achten, von dem sie bislang kaum gehört hatten: Yannis Voisard. Dem Neo-Profi ist durchaus ein Topresultat zuzutrauen.
Yannis wer? Mancher Schweizer Radsportfan dürfte sich die Augen reiben. Von Gino Mäder, Mauro Schmid oder Johan Jacobs mag man schon gehört haben. Marc Hirschi hinterliess bereits eindrückliche Spuren im Profifeld. Aber Yannis Voisard? Der 24-jährige Jurassier ist gleich alt wie die aufgeführten Schweizer Radprofis, aber im Peloton ein Spätstarter. «Bis jetzt habe ich das Radfahren auch meinem Biologie-Studium untergeordnet», sagt Voisard im Gespräch. Im Juni schliesst er dieses mit dem Bachelor ab.
Seit Anfang Jahr setzt Voisard voll auf die Karte Radprofi. «Das macht einen grossen Unterschied», erklärt er. «Vor allem die Erholung profitiert, dazu habe ich auf diese Saison mit dem Wechsel zum Tudor Pro Cycling Team einen neuen Trainer sowie eine Ernährungsberaterin», erzählt er weiter. Dank dem neuen Setting konnte er die Trainingsumfänge und Intensitäten steigern. Seit dem 1. Januar bis zum Start der Tour de Romandie werden es rund 10'000 Kilometer sein, die er in den Beinen hat – mehr als in den Jahren zuvor. «Die Details machen im modernen Radsport den grossen Unterschied, deshalb ist es kein Zufall, dass es bisher so gut lief.»
Probieren, um nichts zu bereuen
Gut laufen heisst in seinem Fall: 7. Gesamtrang in der Sizilien-Rundfahrt, vor allem dank eines 4. Platzes in der Königsetappe über den Ätna. «Davor hatte ich eine kleine Rennpause und bin froh, lief es so gut», sagt Yannis Voisard. Er habe schon gewusst, dass solche Leistungen möglich seien, aber es müsse auch immer alles zusammenpassen. Deshalb gibt er sich mit Blick auf die Tour de Romandie bescheiden, obwohl ihm zusammen mit Sébastien Reichenbach die Captainrolle zugedacht ist. «Als kleiner Junge träumte ich davon, bei der Romandie zu fahren, deshalb ist das Rennen natürlich sehr speziell.» Vom jüngsten Erfolg auf Sizilien will er sich nicht blenden lassen: «Ich nehme Etappe für Etappe; Hypothesen aufzustellen, auf welchem Rang ich das Rennen beende, macht wenig Sinn, denn zu oft gibt es einen grossen Unterschied zwischen den Erwartungen und der Realität. Das ist oft auch vom Rennverlauf abhängig.»
Den Parcours der Tour de Romandie kennt Voisard von unzähligen Trainingskilometern: «Den Jura kenne ich von meiner Heimat und in La Chaux-de-Fonds habe ich studiert.» Auf die Fähigkeiten des starken Bergfahrers ist aber vor allem die Königsetappe am Samstag zugeschnitten mit dem Ziel in Thyon 2000 nach einem 20 km langen Schlussaufstieg. «Ich hoffe auf gute Beine», sagt er und verrät seine Taktik, die für die ganze Rundfahrt gilt: «Ich werde alles probieren und geben, damit ich am Ende nichts bereuen muss.»
Giro d’Italia vor Tour de France
Tudor-Teambesitzer Fabian Cancellara freut sich über die Entwicklung von Yannis Voisard doppelt: «Er fährt sein erstes richtiges Jahr als Profi und beweist Wille und Biss und ist so ein Vorbild für das ganze Team. Und er ist ein Produkt aus der Swiss Racing Academy – das freut mich umso mehr», so der Berner Ex-Profi. Selbst bleibt Voisard bescheiden. Er freut sich, in der Romandie mit Sébastien Reichenbach einen erfahrenen Fahrer an der Seite zu haben, «von dem ich viel lernen kann». Denn Voisard ist sich sicher: «Meine Limiten kenne ich noch nicht.»
Für die Zukunft hat er bereits neue Träume – und diese sind überraschend, denn er träumt nicht von der Tour de France. «Auf mich übte der Giro d’Italia stets eine grössere Faszination aus», verrät Voisard. «Die Bilder von den Bergetappen mit den Schneemauern am Strassenrand haben mich immer beeindruckt», sagt er. «Ausserdem ist die Rundfahrt vom Profil her eher auf Bergfahrer wie mich zugeschnitten, deshalb ist das für mich der ultimative Kurs – vor der Tour de France.» Nach der Romandie geht es für Voisard (und Tudor) aber nicht an den Giro d’Italia, sondern an die Ungarn-Rundfahrt. Und dort wäre es keine Überraschung, wenn sich die Schweizer Radsportfans fragen: Und was hat Yannis Voisard gemacht?