Drei Derbies – drei Chancen
ZSC Lions gegen Kloten, Bern gegen Gottéron und Lugano gegen Ambrì: Heute Abend steigen in der National League drei brisante Derbies – Spannung und Emotionen sind da garantiert.
Zwei Meistertitel in Folge, dazu der Triumph in der Champions Hockey League: Ganz klar, die ZSC Lions sind im Schweizer Eishockey das Mass aller Dinge. Zumindest in der Theorie, denn auf dem Eis haben sich die Zürcher zuletzt mehrere Ausrutscher geleistet. Da gab es vier Niederlagen in Folge (gegen Servette, Gottéron, den HCD und den EVZ) – eine solche Negativserie erlebten die Lions letztmals im Jahr 2023.
Lions zu wenig bissig
Es ist eine Resultatkrise, die sich auch in der Tabelle widerspiegelt: Nach neun Spielen belegen die Zürcher nur gerade Platz 7, haben 14 der möglichen 27 Punkte auf dem Konto. Und dennoch brennt der Baum beim Meister nicht, ist Coach Marco Bayer nicht angezählt. Die Zürcher spielen nicht schlecht, sind aber zu wenig konsequent und bissig, gerade vor dem Tor, also dort, wo es wehtut und der absolute Wille ein entscheidender Faktor ist. Zudem fehlten zuletzt Schlüsselspieler wie Sven Andrighetto, Derek Grant oder auch Pontus Aberg und Jesper Fröden verletzt oder krank.
Das Derby kommt nun vielleicht zum richtigen Zeitpunkt, wobei die Lions Kloten nicht unterschätzen dürfen. In der Tabelle liegt der Erzrivale nur zwei Punkte hinter den Löwen, und die Viertelfinals der letzten Saison, als der ZSC mit 4:1 Siegen weiterkam, haben gezeigt, dass die Klotener mit aufopferungsvollem und leidenschaftlichem Kampf ein unbequemer Gegner sind.
Mut macht den Zürchern, dass Publikumsliebling Vinzenz Rohrer zurückgekehrt ist und für einen Energie-Boost auf dem Eis sorgen wird. Zudem hält sich der Druck in Grenzen, da die Saison noch lange dauert. Aber irgendwann müssen die Lions zum Siegen zurückkehren und dafür sorgen, dass Leader HC Davos an der Spitze nicht zu weit enteilt.
Lahmende SCB-Offensive
Einen Sieg braucht auch der SCB: Mit acht Punkten aus acht Spielen belegen die Mutzen nur gerade Rang 10, haben einzig gegen Servette, Ambrì und Lugano gewonnen – zu wenig für die eigenen Ansprüche. Das grosse Problem ist, dass die Offensive lahmt: zwölf Tore in acht Spielen sind eine erschreckend schwache Ausbeute. Eigentliche Schlüsselspieler wie Miro Aaltonen und Rückkehrer Marco Müller stehen noch ohne Tor da, Marco Lehmann wartet gar noch auf seinen ersten Skorerpunkt.
Auch bei den Bernern sind die Leistungen nicht so schlecht wie die Resultate eigentlich ahnen lassen. Und auch die Moral stimmt: In Lausanne steckte der SCB nach einem 1:4-Rückstand nicht auf, kämpfte sich zwischenzeitlich wieder auf 3:4 heran. Und dennoch: Der Druck auf Trainer Jussi Tapola wird kontinuierlich grösser, zumal der SCB in der Meisterschaft vor happigen Aufgaben steht: Gottéron, die ZSC Lions, die SCL Tigers, der EVZ, Davos, Lausanne und Servette.
Entsprechend wichtig und beruhigend wäre ein Befreiungsschlag, im Idealfall heute im Zähringer-Derby gegen Gottéron. 188 Tage seit dem letzten Derby in der PostFinance Arena, als die Freiburger das entscheidende siebte Playoff-Spiel in der Viertelfinalserie gegen einen blutleeren und harmlosen SCB mit 4:1 gewannen und die Saison für Jussi Tapola und seine Mannschaft abrupt und früh beendeten. Und so ist ganz klar: Heute ist der perfekte Zeitpunkt, um diese Erinnerung auszulöschen und sich zu revanchieren!
Doch das wird ein hartes Stück Arbeit, denn Gottéron surft auf der Erfolgswelle. Der Wechsel von Interimscoach Lars Leuenberger zu Erfolgs- und Startrainer Roger Rönnberg, der weiterhin von Leuenberger unterstützt wird, hat geklappt. In den letzten vier Spielen gab es für Gottéron vier Siege (gegen die SCL Tigers, die ZSC Lions, Ajoie und Ambrì-Piotta), in der Tabelle belegen die Drachen Rang 3.
Acht Ambrì-Niederlagen in Serie
Der HC Ambrì-Piotta startete mit einem 2:1-Heimsieg gegen Kloten in die Saison – und kassierte seither acht Niederlagen in Folge. Die bittere Konsequenz: der letzte Platz, noch hinter Ajoie. Ein Sieg ist nun dringend nötig, um so schnell wie möglich aus der Krise zu finden und die Hoffnung auf einen Platz in den Top Ten und damit verbunden einer Qualifikation für die Play-Ins nicht zu früh platzen zu lassen und so einen langen, harten und dunklen Winter zu erleben.
Es ist eine Bewährungsprobe für Coach Luca Cereda und Sportchef Paolo Duca, die im Sommer 2017 ihre Positionen angetreten hatten und seither einzig das Erreichen des Playoff-Viertelfinals 2019 als Erfolg verbuchen konnten. Bei wohl jedem anderen Klub der National League wären sie bei dieser Bilanz längst gefeuert worden, in der Leventina sind die Jobs der beiden Urgesteine und Identifikationsfiguren aber nicht in Gefahr. Und dennoch: Ein Sieg heute im Derby wäre äusserst wertvoll – und da macht ein Blick zurück zumindest ein wenig Mut: Letzte Saison siegte Ambrì in zwei der vier Direktbegegnungen – aber nur daheim. Und heute müssen sie in Lugano spielen.