EHC Biel: Gegen den Trend
Vor knapp 18 Monaten stand der EHC Biel einen Sieg vor dem Schweizer Meistertitel. Es folgte eine enttäuschende Saison 23/24, gefolgt vom Abgang mehrerer Leistungsträger. Gelingt mit Newcomer Martin Filander an der Bande die Trendwende? Unser Blick ins Seeland.
Der Staff: Frisches Blut aus Schweden und ein neuer alter Bekannter
Das hatte man sich in Biel anders vorgestellt. Nach der emotionalen Achterbahnfahrt rund um die Verabschiedung des an Krebs erkrankten Antti Tormänen und der verlorenen «Belle» im Playoff-Final 2023, sollte der Bieler Aufschwung auch unter dem neuen Übungsleiter Petri Matikainen (57) fortgesetzt werden. Sportchef Martin Steinegger hielt das Gros des Finalkaders zusammen – und erlebte in dieser Konstellation grandios Schiffbruch. Erst ein Schlussspurt mit Steinegger an der Bande sicherte dem EHCB auf den letzten Drücker die Qualifikation fürs Pre-Playoff, wo man sich immerhin noch für die Viertelfinals (0:4 gegen Meister ZSC) qualifizieren konnte. Mit Blick auf die neue Spielzeit wurde nun – z.T. auch gezwungenermassen – einiges verändert. Allen voran im Trainerteam, dass neu vom Schweden Martin Filander angeführt wird. Der 43-Jährige stand zuletzt während vier Jahren beim schwedischen Aussenseiter IK Oskarshamn unter Vertrag, wo er sich den Ruf eines hervorragenden Ausbildners mit hoher Sozialkompetenz und einer Faible für aktives Hockey erarbeitete. Zweimal gelang ihm mit dem Klub aus der südostschwedischen Kleinstad der überraschende Einzug in die Playoffs, ehe Filanders Wirken in Oskarshamn doch noch im Abstieg endete. Assistiert wird der ehemalige Verteidiger in Biel von Landsmann Mathias Tjernqvist (45, ex-Malmö) und von National-League-Legende Beat Forster (41), der seine Karriere im Frühjahr nach 23 Profijahren (davon die letzten sieben in Biel) beendete.
Die Ausländer: Fast alles beim Alten
Weiterhin auf Kontinuität setzt man im Seeland dagegen auf den Ausländerpositionen. Mit Ausnahme von Jesper Olofsson, der nach vier Jahren National League und dem Berner Triple aus SCB, Langnau und EHCB in seine schwedische Heimat zu Modo HK zurückkehrt, bleibt in Biel fast alles beim Alten. Neu zur weiterhin sechs Spieler umfassenden skandinavischen Fraktion hinzugekommen ist der ehemalige Erstrundendraft (New York Rangers, 2017) Lias Andersson, der den Durchbruch in der NHL trotz insgesamt 110 Spielen für New York und Los Angeles nicht schaffte. Trotzdem darf man sich in der «Watch City» auf einen Spieler freuen, der offensiv nicht nur variabel, sondern auch sehr treffsicher agiert. Zuletzt markierte er in zwei Jahren AHL in 120 Spielen satte 104 Punkte und 52 Tore. Eine ähnliche Quote könnte im Seeland durchaus den Unterschied im Kampf um die Playoffs und Pre-Playoffs ausmachen, verfügte der EHCB in den vergangenen Jahren mit Rajala, Heponiemi oder Sallinen doch über konstante, nicht aber über herausragende Skorer. Worauf die Bieler zudem hoffen: Dass ihre ausländischen Cracks nicht noch einmal derart von Verletzungen geplagt werden, wie im vergangenen Jahr.
Die Transfers: Neue Talente, weniger Substanz
Selbst der grösste Biel-Fan muss beim Blick auf den aktuellen Kader zugeben, dass die Bieler Ausgabe 2024/2025 zumindest auf dem Papier nicht mit der Mannschaft aus den vergangenen Jahren mithalten kann. Mit Torhüter Joren van Pottelberghe, den Verteidigern Yannick Rathgeb (Fribourg) und Beat Foster (Rücktritt) sowie den Stürmern Mike Künzle (Zug), Tino Kessler (Davos) und Luca Hischier (Servette) haben gleich sechs bewährte Kräfte (und zahlreiche Skorerpunkte) den Verein verlassen. Ersetzt werden sollen sie durch eine ganze Reihe junger Talente wie D Gaël Christe (20), F Mark Sever (19), F Matteo Reinhard (20) und NCAA-Rückkehrer F Nicola Müller (25), welche durch die erfahrenen Johnny Kneubühler (von Ambri) und Miro Zryd (von Langnau) ergänzt werden. Eine Rechnung, die so aktuell eher noch nicht aufgeht.
Prognose
Nach vier mehrheitlich erfolgreichen Spielzeiten müssen sich die Bieler wohl zum zweiten Mal in Folge auf eine schwierige Saison einstellen. Kam Erstere im vergangenen Jahr noch einigermassen überraschend, gestaltet sich die Ausgangslage vor der neuerlichen Kampagne von Anfang an herausfordernd. Angefangen bei Keeper Harri Säteri (34) verfügen die Seeländer zwar noch immer über einen erfahrenen Kern mit bekannten Namen, diese werden aber speziell auf Schweizer Seite nicht jünger. Mittlerweile befindet sich mit Ausnahme von Captain Gaëtan Haas (32) ein beträchtlicher Teil der heimischen Garde (der 38-jährige Brunner, die 35-jährigen Cunti und Grossmann) im fortgeschrittenen Alter und der wohl vielversprechendste Youngster, Verteidiger Noah Delémont, fällt nach seinem im Januar erlittenen Kreuzbandriss zum Saisonstart noch aus. Immerhin scheint Steinegger in Filander einen Coach verpflichtet zu haben, der in seiner Heimat bereits bewiesen hat, junge Talente an ein höheres Niveau heranzuführen zu können und dabei auch noch Erfolg zu haben. Gelingt ihm dies auch in der Schweiz, liegen für den EHC die Pre-Playoffs drin. Zu sicher sollte man sich in Biel beim Blick in den Rückspiegel jedoch nicht sein.