Eine Saison zum Vergessen für Rieder – Amdouni im Zwischentief
Die nationalen Meisterschaften neigen sich dem Ende zu, schon bald liegt der Fokus auf der EM. Es ist der Zeitpunkt, um eine kurze Bilanz über die Tops und Flops der Schweizer Spieler in den grossen Ligen zu ziehen – denn nicht alle haben eine so gute Saison hinter sich wie Granit Xhaka.
Fabian Rieder (Stade Rennes)
Es ist noch kein Jahr her, da lag Fabian Rieder die Fussballwelt schon fast zu Füssen. Der 22-jährige Mittelfeldspieler glänzte bei den Young Boys und zog internationales Interesse auf sich. Namhafte Klubs aus allen europäischen Top-Ligen wurden als potenzielle Arbeitgeber gehandelt, am Schluss landete Rieder in der Ligue 1, bei Stade Rennes. Doch er führte seinen Höhenflug nicht fort, sondern stürzte schon fast ab. In seinen ersten sieben Spielen in der Ligue 1 kam er regelmässig zu Teileinsätzen, danach versauerte er immer öfter auf der Ersatzbank, ehe er mit einem Mittelfussbruch wochenlang ausfiel.
Heute ist Rieder nach wie vor nur Teilzeitarbeiter, ein Status, den er weder unter seinem ersten Trainer Bruno Génésio noch unter dem aktuellen Coach Julien Stéphan ändern konnte. Es ist dürftig für einen Spieler, für den Ende August 2023 noch rund 15 Millionen Franken den Besitzer gewechselt hatten, und der in Frankreich nun wettbewerbsübergreifend bei 20 Einsätzen, 510 Spielminuten und zwei Toren steht (in der Europa League gegen Panathinaikos und Maccabi Haifa). Klar, habe er sich mehr Spielzeit gewünscht, sagte Rieder kürzlich gegenüber dem Blick. «Zu Beginn lief es gut. Ich kam oft rein, spielte zweimal von Beginn weg. Dann hatte ich Probleme mit dem Fussgelenk, musste mir Cortison spritzen lassen. Es folgte der Trainerwechsel. Und ich war nicht auf Topniveau. Ende Vorrunde sagten Trainer und Sportchef aber, dass sie mit mir sehr zufrieden sind. In der Rückrunde kam ich in zwei Spielen früh rein. Im zweiten kam dann das mit der Verletzung.»
Die Qualitäten Rieders sind unumstritten, für die Zukunft ist es logisch, dass Rieder wieder regelmässig zu seinen Einsätzen kommt. In Rennes? Oder steht eine erneute Luftveränderung an? «Ich bin nicht der Typ, der sofort etwas anderes sucht, wenn es nicht läuft wie geplant. Ich möchte mich durchsetzen. Im Sommer muss die Situation aber nochmals mit allen Parteien analysiert werden», sagte Rieder noch vor gut einem Monat. Affaire à suivre.
Noah Loosli (VfL Bochum)
Nein, ein Überflieger war Noah Loosli (27) schon in der Schweiz nicht, machte viel mit Arbeit, Einsatz der Physis und weniger mit Talent und Technik. Der Defensivspieler wurde fussballerisch bei GC gross, spielte aber auch bei Wohlen, Schaffhausen und Lausanne, ehe er im vergangenen Sommer ablösefrei zum VfL Bochum wechselte – als erster Transfer im Hinblick auf diese Saison notabene. «Wir haben Noah Loosli über einen längeren Zeitraum beobachtet und sind von seinen Fähigkeiten überzeugt», sagte Bochum-Sportchef Marc Lettau damals. «Noah verfügt über eine aussergewöhnliche Leistungsbereitschaft und hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiterentwickelt. Dass er sich bereits zu einem so frühen Zeitpunkt für unseren Verein entschieden hat, ist ein starkes Signal.»
Die Leistungsbereitschaft ist nach wie vor da, Loosli wird für seinen Trainingseinsatz und seine vorbildliche Berufseinstellung gelobt. Aber die Zahlen sprechen gegen ihn. Auf zehn Einsätze in der Bundesliga ist er bislang gekommen, auf insgesamt 339 Spielminuten. Und letztmals stand er am 2. März im Einsatz, als Aussenverteidiger bei der 1:4-Heimniederlage gegen Leipzig. Und war dabei überfordert, erhielt vernichtende Kritiken.
Die Bochumer sind auf bestem Weg, den Ligaerhalt zu schaffen; am Samstag reicht im schlechtesten Fall ein Unentschieden gegen Bremen für die Rettung. Aber ob Loosli auch in der Zukunft für den VfL spielt, scheint zumindest fraglich, auch wenn sein Vertrag noch bis 2026 weiterläuft.
Jonas Omlin (Borussia Mönchengladbach)
Als Jonas Omlin im Winter 2023 von Montpellier zur Borussia wechselte, waren alle glücklich. Der Torwart über den Sprung in die Bundesliga. Und der Klub, weil er einen starken Nachfolger für Yann Sommer gefunden hatte, der zum FC Bayern München weitergezogen war. Der Luzerner hielt den Erwartungen stand, spielte eine starke Rückrunde – und wurde für die Saison 2023/24 zum neuen Captain bestimmt. «Jonas hat hier auf Anhieb gezeigt, dass er eine echte Führungspersönlichkeit ist», wurde er von Trainer Gerardo Seoane gelobt.
Doch diese Saison war nun eine zum Vergessen für Omlin. In den ersten zwei Bundesligaspielen gegen Augsburg und Leverkusen kassierte er sieben Tore. Danach verletzte er sich an der Schulter, musste operiert werden und fiel bis Ende März aus. Doch auch nach seinem Comeback steckte der Wurm drin. Bei der 0:3-Niederlage gegen Freiburg machte er nicht immer eine gut Figur und sagte danach: «Mein Comeback habe ich mir anders vorgestellt.» Es folgten ein Sieg gegen Wolfsburg und eine Niederlage gegen Dortmund, ehe der 30-Jährige wegen Oberschenkelproblemen wieder pausieren musste. Am vergangenen Wochenende gab Omlin dann sein erneutes Comeback – und leitete beim 1:1 gegen Frankfurt den Führungstreffer seines Teams ein.
Den Ligaerhalt hat sich die Borussia mittlerweile gesichert, sodass der Blick bereits in die Zukunft gerichtet werden kann. Und da braucht man sich um Omlin kein Sorgen zu machen. Er wird diese Saison abhaken und so schnell wie möglich vergessen. Denn seine Qualitäten als Goalie und als Führungsspieler sind auch nach dieser Saison mit dem grossen Verletzungspech unbestritten.
Djibril Sow (FC Sevilla)
Vier Jahre lang hatte Djibril Sow in der Bundesliga für Eintracht Frankfurt gespielt, sich dabei viel Respekt erarbeitet und als Höhepunkt 2022 den Gewinn der Europa League gefeiert. Dass er im vergangenen Sommer den nächsten Schritt machen würde, war logisch – und er führte ihn für eine Ablösesumme von rund zehn Millionen Franken zum FC Sevilla, zum amtierenden Europa League-Sieger. «In den vergangenen Jahren war Djibril Sow ein wichtiger Spieler für Eintracht Frankfurt. Er hatte einen grossen Anteil am Erfolg und hat sich jederzeit einwandfrei in den Dienst des Klubs gestellt. Seinem Wechselwunsch nach vier Jahren bei der Eintracht haben wir daher ein Jahr vor dem Ende seiner Vertragslaufzeit entsprochen», sagte Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche damals.
Der Wechsel nach Andalusien war sicher nicht falsch, aber Sow erlebte eine schwierige Saison. Der Schweizer war zwar mehrheitlich Stammspieler, doch sein Team kam nie richtig auf Touren, krebste in der Tabelle in den hinteren Bereichen herum, schied in der Gruppenphase der Champions League sieglos aus und scheiterte in der Copa del Rey im Viertelfinal an Atlético Madrid. Gleichzeitig sank Sows Stellenwert in der Nati immer mehr, seinen letzten Einsatz hatte er im vergangenen Oktober gegen Belarus, seither wurde er von Murat Yakin nicht mehr berücksichtigt.
Der Traum von einem EM-Aufgebot war so nur noch klein und platzte Anfang April definitiv, als sich der 27-Jährige einen Fussbruch zuzog und die Saison abbrechen musste. Via Instagram teilte er damals mit: «Es ist ein schwieriger Moment zu akzeptieren, dass die Saison für mich gelaufen ist und ich der Mannschaft nicht mehr helfen kann.» Er wolle sich jetzt darauf konzentrieren, in guter Form zurückzukommen und dem Team in der neuen Saison zu helfen, «um den Verein dorthin zu bringen, wo er hingehört».
Zeki Amdouni (FC Burnley)
Er war einer der Überflieger der Saison 2022/23, setzte beim europäischen Sturmlauf des FC Basel so viele und starke Duftmarken, dass er im vergangenen Sommer für rund 18 Millionen Franken zum Aufsteiger Burnley in die Premier League wechseln durfte. Und auf der Insel liess es sich eigentlich gut an. In seinem fünften Meisterschaftsspiel erzielte der 23-jährige Stürmer gegen Nottingham sein erstes Premier League-Tor, er war im Team von Vincent Kompany eine Fixgrösse. Und auch in der Nati hat er sich seinen Platz erkämpft, kommt bei 13 Einsätzen auf stattliche sechs Tore.
Doch mittlerweile ist dieser Schwung verschwunden. Amdouni ist in der Gunst des Trainers gesunken, war zuletzt nur noch Teilzeitarbeiter. In den letzten sechs Spielen kam er gerade noch auf 51 Spielminuten. Und musste so quasi auf der Ersatzbank miterleben, wie sein Arbeitgeber aus der Premier League abstieg. Es war der Tiefpunkt in einer Saison, in der sein kometenhafter Aufstieg plötzlich und eigentlich unerwartet stockte.
«Wir beobachten Zekis Entwicklung seit seiner Zeit bei Lausanne, und er war damals schon eine Option für uns», sagte Coach Kompany kürzlich. Den ersten Kontakt habe es bereits gegeben, als der Belgier noch Anderlecht-Trainer war. So ist nicht anzunehmen, dass Kompany seinen Stürmer nun fallenlässt. Denn der Schweizer verfügt über die Qualität, dieses Zwischentief zu überstehen. Und er hat ja schon andere Hürden überwunden, beispielsweise als er mit 13 Jahren bei Servette ausgemustert wurde oder als er im Sommer 2019 noch in der 1. Liga bei Etoile Carouge spielte, aber immer daran glaubte, dass er sich seinen Profitraum verwirklichen könne. Zurecht, wie wir heute wissen.
Es scheint klar, dass Amdouni an der EM in Deutschland ein Hoffnungsträger in der Schweizer Offensive sein wird. Und wer weiss, vielleicht schiesst er sich nach den schwierigen letzten Wochen und dem Abstieg mit Toren den Frust von der Seele und katapultiert sich auf der internationalen Bühne zurück ins Rampenlicht. So, wie er es beim FC Basel getan hat. Denn Amdouni wird in dieser schwierigen Zeit reifen und schon bald wieder durchstarten.