Einlass nur durch die Hintertür': Die Next Gen von Swiss Tennis in der US-Open-Quali
Mittlerweile gehört ihnen nicht einmal mehr die Woche vor den Grand-Slam-Turnieren. Die Rede ist von den total 256 Qualifikant:innen, die in dieser Woche im Schatten des neuen, umstrittenen Mixed-Wettbewerbs um einen Platz im Main Draw der US Open kämpfen. Mit dabei auch die nächste Generation Schweizer Tennisspieler:innen. Wir werfen einen Blick auf deren jüngste Entwicklung sowie ihre Chancen in New York.
Céline Naef, 20, WTA 169
Das jüngste Mitglied der Schweizer Garde in New York startet heute Dienstag ins Qualifikationsturnier in Flushing Meadows. Zum Auftakt trifft sie dabei direkt auf die an Nummer 23 gesetzte Spanierin Leyre Romero Gormaz (WTA 128), gegen die sie noch nie gespielt hat. Trotzdem steigt die Schwyzerin eher als Aussenseiterin in die Partie, blickt sie mit Ausnahme der Halbfinalteilnahme in Ilkey und dem Erreichen der dritten Runde des Qualifikationsturniers von Wimbledon doch auf schwierige Wochen und Monate zurück. Lediglich ein Sieg resultierte aus neun Turnieren zwischen Mai und August, eine Entwicklung die Naef nicht zufrieden stellen kann. Überhaupt stagniert die grösste Nachwuchshoffnung im Schweizer Tennis seit rund zwei Jahren, nachdem sie als 18-Jährige Weltnummer 123 bereits an die Türe zu den Top 100 anklopfte. Mehr lag bislang trotz grösster Anstrengungen nicht drin, was möglicherweise auch mit ihrem Set-Up im sportlichen Bereich zu tun hat. Mit ihrer Mutter und Hauptrainerin Sandra, Berater Heinz Günthardt (Fed Cup Teamchef) und Tennis-Spezialist Dimitri Zavialoff (ehemaliger Trainer von Stan Wawrinka und Timea Bacszinsky) kümmern sich gleich drei Spezialist:innen um das Spiel der Rechtshänderin, was Vorteile, aber auch offensichtliche Herausforderungen mit sich bringen kann. Bislang lässt der grosse Durchbruch jedenfalls weiter auf sich warten.
Dominic Stricker, 23, ATP 214
Quasi das männliche Pendant zu Naef ist Dominik Stricker. Auch der Berner feierte schon früh Erfolge (u.a. den Junioren-Titel bei den French Open 2020), erlebte einen vielversprechenden Start in seine Profi-Karriere (u.a. den Einzug ins US-Open-Achtelfinale 2023) und konnte diese Entwicklung im Endeffekt nicht bestätigen. Von Verletzungen und Misserfolgen gebeutelt, fand er sich zwischenzeitlich ausserhalb der Top 300 wieder und hat sich mittlerweile zwischen Rang 200 und Rang 250 eingependelt. Zuletzt krempelte der 23-Jährige sein Umfeld um, fand ein neues Management und gab mit dem Einzug in die zweite Runde von Gstaad ein Lebenszeichen von sich. In New York jedoch, musste Stricker abermals einen Rückschlag einstecken. Zum Auftakt ins Qualifikationsturnier unterlag der Linkshänder dem 18-jährigen Italiener Federico Cina (ATP 216) deutlich mit 2-6 und 2-6. Eine Enttäuschung, die im Hinblick auf den Tennis-Herbst wenig Gutes vermuten lässten. Dann nämlich hat Stricker in Stockholm und Basel nicht weniger als 100 seiner 250 ATP-Punkte zu verteidigen.
Leandro Riedi, 23, ATP 436
An jenem denkwürdigen Schweizer Tenniswochenende in Paris mit Stricker auf dem Platz stand Leandro Riedi, sein Gegner im Junioren-Endspiel von Roland Garros 2020. Seitdem hat sich der Bassersdorfer bereits zweimal in den Dunstkreis der ATP Top 100 gespielt, nur um den Sprung dahin ultimativ dann doch wieder zu verpassen. Zuletzt vor einem Jahr als vielversprechende Weltnummer 117, ehe ihn zwei aufeinanderfolgende Verletzungen zu über einem halben Jahr Pause zwangen. In erster Linie deshalb findet sich der 1,91 Meter grosse Blondschopf aktuell wieder in den Niederungen des ATP-Rankings wieder, wobei er aufgrund der Länge seines Ausfalls bei ausgewählten Turnieren von einem geschützten Ranking profitieren kann. In Wimbledon nutze er dieses zur erstmaligen Qualifikation für den Main Draw, wo er allerdings einem anderen unbeschriebenen Blatt, dem britischen Collegespieler Oliver Tarvet (ATP 377), unterlag. Überhaupt kämpft Riedi aktuell noch damit, konstant sein bestes Niveau abrufen zu können. So wechseln sich Siege gegen Top-100-Spieler wie Pablo Carrena Busta munter mit Niederlagen gegen Spieler ausserhalb der Top 300 ab, eine Schwäche, die er idealerweise direkt in New York ablegen kann. Dort trifft er zum Auftakt ins Qualifikationsturnier auf den Franzosen Luka Pavlovic (ATP 194), gegen den er noch nie gespielt hat. Und selbst falls diese Partie in die Hosen gehen sollte, spricht eine Sache ganz klar für Riedi: Bis Ende Jahr muss er lediglich noch acht ATP Punkte verteidigen und könnte im Ranking mit guten Leistungen viel Boden gutmachen.
Simona Waltert, 24, WTA 104
Die in diesem Jahr bislang konstanteste Tennisspielerin der zweiten Schweizer Garde? Die Bündnerin Waltert, die sich sei Jahresbeginn von Rang 175 auf die beste Platzierung ihrer Karriere hervorgearbeitet hat. Nebst der kürzlichen Viertelfinalqualifikation beim WTA-250-Event in Ilasi (ROU), erreichte Waltert in diesem Jahr auf Stufe WTA 125 und auf der Challenger-Tour bereits drei Halb- und vier Viertelfinals. Auch der Start in New York ist der Rechtshänderin geglückt, bezwang sie gestern in Qualifikationsrunde eins doch die Ukrainerin Daria Signur (WTA 177) in drei Sätzen, womit sie sich weiter den Top 100 annähert. Allerdings: Bereits in 2022 (WTA 107) und 2023 (WTA 112) schnupperte Waltert am ultimativen Durchbruch, konnte den finalen Schritt jedoch nicht vollziehen, was zeigt, wie schwierig der Sprung in die Top 100 schlussendlich ist. In New York wird als Nächste die Amerikanerin Hina Inoue (WTA 221) versuchen, die Pläne der gebürtigen Churerin abermals zu durchkreuzen.
Jérôme Kym, 22, ATP 176
Der nächste junge Schweizer, der die Top 100 lieber heute als morgen knacken möchte, ist der Rheinfelder Jérôme Kym. Allerdings war der 1,98 Meter grosse Rechtshänder schon deutlich näher dran, die ominöse Schallmauer zu durchbrechen. Im vergangenen Jahr gewann er im Juli das Challenger-Turnier in Zug, spielte sich in der Folge im ATP Ranking um über 100 Plätze nach vorne und scheiterte in der finalen US-Open-Qualifikationsrunde schliesslich denkbar knapp am Franzosen Quentin Halys. Noch im Mai rangierte Kym auf Weltranglistenplatz 123, ehe in eine Serie schwächerer Resultate um rund 50 Positionen zurückfallen liess. Immerhin: In Gstaad erreichte er sein erstes Viertelfinale auf ATP-Stufe und hofft nun natürlich darauf, in New York an diese Leistung anknüpfen zu können. Gleich zum Auftakt wartet heute jedoch eine hohe Hürde: Kyms Gegner ist der Spanier Carlos Taberner, die aktuelle Weltnummer 107.
Marc-Andrea Hüsler, 29, ATP 244
Nein, mit 29 Jahren gehört Marc-Andrea Hüsler definitiv nicht mehr zu den grossen Nachwuchshoffnungen von Swis Tennis. Überhaupt hat der schlaksige Zürcher in seiner Karriere möglicherweise schon mehr erreicht, als ihm viele überhaupt zugetraut hätten. 2022 zum Beispiel, als er quasi aus dem Nichts bis auf Rang 47 der ATP-Weltrangliste vorstiess, und auf dem Weg dahin als bislang letzter Schweizer ein ATP-Turnier gewinnen konnte. Im Anschluss daran blieb Hüsler vielen Tennisfans als der Mann in Erinnerung, dem in sechs Anläufen der Vorstoss in die zweite Runde eines Grand-Slam Turniers stets verwehrt blieb, davon rekordverdächtige fünf Mal über die Maximaldistanz von fünf Sätzen. Selbstredend spielte dabei ein aussergewöhnliche Portion Pech eine Rolle, gepaart mit dem möglicherweise fehlenden, letzten Quentchen Selbstvertrauen. Immerhin: Entmutigen liess sich Hüsler davon genauso wenig, wie vom nachfolgenden Absturz in der Weltrangliste, der den Interclub-Spieler des TC Seeblick innerhalb eines Jahres wieder aus den Top 200 spülte. In New York nimmt der Linkshänder nun abermals einen Anlauf, sich den Traum vom Premierensieg in einem GS-Hauptfeld zu erfüllen. Zum Auftakt in die Qualifikation bezwang er gestern den Italiener Stefano Napolitano (ATP 747) und trifft nun auf den erfahrenen, ehemaligen Top-20-Spieler Nikoloz Basilashvili (ATP 112).