EVZ mit Genoni und Import-Power
Im Frühling 2022 gewann der EVZ den zweiten Meistertitel in Serie und es schien, als ob eine Dynastie beginne. Die Zuger konnten seither jedoch dreimal in Folge frühzeitig in den Ferien – und reagierten nun mit einer Transferoffensive.
Am 1. Mai 2022 schafften die Zuger und ihr Trainer Dan Tangnes etwas Historisches. Sie gewannen das siebte Finalspiel gegen die ZSC Lions mit 3:1 und verteidigten ihren Titel – nachdem sie in der Serie mit 0:3 zurückgelegen hatten. Es war ein eindrückliches Zeichen der Stärke sowie immenser Moral und wohl niemand hätte gedacht, dass der Erfolgszug so schnell gestoppt werden würde. In den folgenden zwei Jahren kam das Ende dann aber im Halbfinal gegen den späteren Meister: 2023 gegen Servette (1:4 Siege), 2024 gegen die ZSC Lions (0:4). Und auch in der letzten Saison musste sich der EVZ mit einem Sweep verabschieden, allerdings schon nach den Viertelfinals, in denen er gegen den HCD in vier Spielen sieglos blieb.
Radikale Massnahmen
Was nun? Der EVZ mit seinem finanziell potenten Besitzer Hans-Peter Strebel öffnete den Tresor, investierte in die Mannschaft und zog radikale Massnahmen durch. Die weiterlaufenden Verträge von Gabriel Carlsson, Niklas Hansson und Fredrik Olofsson wurden aufgelöst und statt ihnen drei neue Imports verpflichtet: die Tschechen Dominik Kubalik und David Sklenicka sowie der Slowake Tomas Tatar. Verteidiger Sklenicka war letzte Saison bei Lausanne eine fixe Grösse und wird die Defensive stärken. Stürmer Kubalik war 2019 MVP der National League, verdiente sich so einen NHL-Vertrag bei Chicago, kehrte nach fünf Jahren in Nordamerika in die Leventina zurück, wurde bei Ambrì National League-Torschützenkönig (27 Tore in 52 Spielen) und versilbert sein Können nun in Zug. Und der slowakische Center Tomas Tatar (34) reist mit 983 NHL-Spielen (234 Tore, 275 Assists) auf dem Buckel in die Zentralschweiz und hat alle Anlagen, um in unserer Liga eine Attraktion zu werden.
In Kombination mit den bisherigen Imports Lukas Bengtsson, Jan Kovar, Daniel Vozenilek und Andreas Wingerli ist schon jetzt klar: Der EVZ verfügt über Ausländer der Extraklasse. Bei den Schweizer Spielern war Rückkehrer Raphael Diaz (39, von Gottéron) der namhafteste Zuzug, verlassen haben den Klub dagegen Nati-Stürmer Dario Simion (zu Lugano) sowie die Talente Attilio Biasca (22) und der im Sommer von Utah in der sechsten Runde und als Nummer 174 overall gedraftete Ludvig Johnson (19), die beide den Lockrufen aus Fribourg nicht widerstehen konnten.
Liniger statt Tangnes
Eine der markantesten Änderungen betrifft die Position des Cheftrainers. Nachdem Dan Tangnes die Schweiz in Richtung Schweden verlassen hat, wurde sein bisheriger Assistent Michael Liniger befördert. Er war früher schon auf dem Radar von Langnau und Kloten, hat nach seinem Rücktritt als Spieler bei den GCK Lions und beim EV Zug während acht Jahren Erfahrungen gesammelt und ist nun bereit, mit seinem Team als Headcoach in der National League für Furore zu sorgen.
Die Mannschaft dafür hat er, und dies nicht nur wegen der Imports. Im Tor steht mit Leonardo Genoni der Schweizer Goalie schlechthin. 38 Jahre alt zwar bereits, aber dass er nicht nur erfolgreich war (sieben Meistertitel), sondern immer noch in bester Verfassung ist, hat er mit seiner brillanten WM 2025 gezeigt, als er als MVP des Turniers geehrt wurde und zum dritten Mal die Silbermedaille gewann. Wie Goalie Genoni befindet sich auch Verteidiger Raphael Diaz im Spätherbst seiner Karriere, ist aber immer noch ein fixer und solider Wert für die National League – und belastbar (18:52 Minuten Eiszeit/Spiel in der letzten Regular Season).
Der EVZ verfügt generell über ein breites und ausgeglichenes Kader mit vielen Schweizer Spielern der Extraklasse, man denke nur an Grégory Hofmann, Lino Martschini, Fabrice Herzog oder auch Mike Künzle, der jedoch zu oft unnötige Fouls begeht und so sein Team schwächt. Der Tiefpunkt diesbezüglich war im Viertelfinal gegen den HCD, als er Adam Tambellini einen Cross-Check in den Nackenbereich versetzte. Künzle bekam eine Matchstrafe und wurde später vom Einzelrichter für insgesamt sieben Spiele gesperrt, von denen er sechs zu Beginn der neuen Saison absitzen muss.
Prognose
Nach dem Forechecking auf dem Transfermarkt gehört der EV Zug zu den Topfavoriten auf den Sieg in der Qualifikation – und auch die Rückkehr auf den Meisterthron ist definitiv möglich. Allerdings sorgt das ebenso starke wie teure Kader für eine hohe Erwartungshaltung. Entsprechend wichtig ist es, dass die Zuger gut aus den Startblöcken kommen, damit sich Neu-Coach Liniger in der Nach-Tangnes-Ära nicht schon schnell mit Unruhe konfrontiert sieht, zumal es das Startprogramm mit dem SC Bern, Lugano, den SCL Tigers und Gottéron doch in sich hat. Aber der EVZ hat in den ersten Spielen der Champions Hockey League mit den Siegen gegen Luleå (3:2 nach Verlängerung) und Grenoble (5:1) gezeigt, dass er für die neue Saison bereit ist.
Alles andere als eine Rangierung in den Top 4 nach der Regular Season wäre eine herbe Enttäuschung. Entscheidend ist jedoch, dass die eigentlich starke Defensive besser performt als in der letzten Regular Season – mit 136 Gegentoren war der EVZ im Ligavergleich nur die Nummer 7. Zu wenig, auch wenn Leonardo Genoni lange verletzt pausieren musste. Denn in der Offensive waren die Zuger mit 173 Treffern die Nummer 1, vor dem SCB (165) und den ZSC Lions (156). Und die offensive Potenz wurde dank den neuen Star-Stürmern Tomas Tatar und Dominik Kubalik nun keinesfalls schwächer.