FC Lugano: Die Nummer 1 als grosses Ziel
Der FC Lugano hat die vergangene Saison auf Rang 4 beendet, nachdem er zwischendurch auch ganz vorne mitgemischt hatte. Reicht es in diesem Jahr zum vierten Meistertitel in der Klubgeschichte.
Dreimal beendeten die Tessiner bislang die Saison als bestes Team der Schweiz, doch das Warten auf Titel Nummer 4 dauert eine Ewigkeit: 1949 stemmten sie die Trophäe letztmals in die Höhe, zuvor war dies auch 1938 und 1941 der Fall gewesen. Einen grossen Erfolg gab es in den letzten Jahren aber dennoch, 2022, als die Tessiner mit einem 4:1-Finalsieg gegen St. Gallen den Cup gewannen. In den beiden folgenden Jahren erreichten Mattia Croci-Torti und sein Team den Final erneut, verloren dort aber gegen die Young Boys (2023) respektive Servette (2024).
Diese Leistungen weckten natürlich Begehrlichkeiten und machten Lust auf mehr, zumal mit dem amerikanischen Milliardär Joe Mansueto im Hintergrund, der auch den MLS-Klub Chicago Fire besitzt, die finanziellen Mittel für den Gipfelsturm vorhanden sind. Der Unternehmer hat den Klub im August 2021 übernommen und verfolgt grosse Ziele. Im vergangenen Herbst erklärte er: «Wenn ich auf die drei Jahre zurückblicke, seit ich den FC Lugano besitze, haben die Leistungen meine Erwartungen übertroffen. Es braucht Zeit, es ist ein Projekt. Wir investieren in Infrastruktur, in die Mannschaft, in die Zusammenarbeit mit Chicago. Ich habe nicht erwartet, dass wir sofort an der Spitze stehen. Aber wir haben diese Ambitionen und wollen dafür so hart wie möglich arbeiten. Ich bin stolz auf das, was wir bisher erreicht haben, aber es gibt noch viel Arbeit, um die Nummer 1 zu werden.»
Ein weiterer grosser Schritt vorwärts soll durch das neue Stadion erfolgen, das im Juli 2026 bezugsbereit sein soll. «Das Stadion ist ein Game Changer. Es wird das Level des Klubs anheben. Es wird helfen, Talente zum Klub zu holen, und es wird das Fan-Erlebnis verbessern.» Die künftige Arena soll rund 10'000 Zuschauer fassen und zu einem der modernsten «Boutique-Stadien» Europas werden – und so auch das Fundament für einen sportlichen Höhenflug.
Als Topadresse etabliert
Unter Mattia Croci-Torti hat sich das Team prächtig entwickelt. Als er im September 2021 beim FC Lugano vom Assistenten zum Interimstrainer befördert wurde und den Brasilianer Abel Braga ablöste, war es der Anfang einer Erfolgsgeschichte. Wie erwähnt im Cup, aber auch in der Meisterschaft. In seiner ersten Saison wurde Lugano Vierter, dann Dritter und Zweiter und in der letzten Saison wieder Rang 4. Keine Frage: Der FC Lugano hat sich als eine der Topadressen in unserem Fussball etabliert – und er wird auch in der kommenden Saison ein Anwärter auf einen Spitzenplatz sein. Das sieht auch der Basler Meistermacher Xherdan Shaqiri so, wie er unlängst erklärte: «Der FCB ist definitiv Favorit auf den Meistertitel. Es muss auch unser Ziel sein, den Titel zu verteidigen.» Es gebe jedes Jahr Mannschaften, die überraschen, «aber ich glaube, es wird am Schluss auch wieder ein Kampf zwischen Basel, YB und Lugano sein».
Noch weiss man allerdings nicht, wie genau die Mannschaft des FC Lugano in der neuen Saison aussehen wird. Über die Bühne gegangen sind aber immerhin schon ein paar Transfers. Weitergezogen sind beispielsweise Milton Valenzuela, Ignacio Aliseda und Allan Arigoni. Neu gekommen sind Ezgjan Alioski, der vor knapp zehn Jahren im Tessin mit guten Leistungen brilliert hatte und dann zu Leeds United gewechselt war, ehe er nun via Fenerbahce und Al-Ahli im Alter von 33 Jahren zurückgekehrt ist.
Vertreibt Skandalstürmer Behrens die Sturmflaute?
Dazu kommen der algerische Mittelfeldspieler und Internationale Ahmed Kendouci (26), der zuletzt beim ägyptischen Verein Cleopatra FC gespielt hat, und die beiden Stürmer Alexandre Parsemain (22) und Kevin Behrens (34). Parsemain wechselt vom französischen Drittligisten Dijon FCO ins Tessin und bringt mit seinen 1,88 Metern eine physische Komponente ins Team. Behrens spielte lange Zeit in Deutschlands Zweitklassigkeit, ehe er bei Union Berlin und Wolfsburg regelmässig traf und zu einem Länderspiel kam. «Kevin ist ein sehr erfahrener Stürmer, der physisch stark ist, mannschaftsdienlich spielt und über gute Abschlussqualitäten verfügt», sagt Lugano-Sportchef Sebastian Pelzer.
Der Transfer von Behrens sorgte für viele Schlagzeilen, weil der Stürmer sich im vergangenen Herbst während einer Autogrammstunde geweigert hat, ein in Regenbogenfarben gestaltetes Trikot zu signieren und stattdessen homophobe Aussagen machte. Für ihn und für Lugano bleibt zu hoffen, dass der Deutsche wieder auf dem Feld für Aufsehen sorgt und dass er gemeinsam mit Parsemain die Sturmschwäche beheben kann.
Begehrter Hajdari
Gut möglich ist aber, dass in der nahen Zukunft noch der eine oder andere Abgang erfolgen wird. Denn mit den zuletzt starken Leistungen haben einige Spieler Begehrlichkeiten geweckt. Allen voran ist da Innenverteidiger Albian Hajdari (22). Er ist immer wieder ein Teil von Transfergerüchten, Klubs wie Werder Bremen, West Ham und Real Sociedad sollen ihn auf der Liste haben. Der aus dem Kanton Basel stammende Hajdari würde dem FC Lugano bei einem Wechsel eine nette Summe aufs Konto spülen: Sein Marktwert liegt bei 12 Millionen Euro, allerdings wird spekuliert, dass in seinem bis 2028 laufenden Vertrag eine Ausstiegsklausel festgehalten ist, nach der er für fünf Millionen wechseln kann.
Andere potenzielle Abgänger sind Verteidiger Mattia Zanotti, der mit diversen Klubs in Verbindung gebracht wird und dessen Marktwert gar bei 13 Millionen liegt, und der tunesische Mittelfeldspieler Mohamed Mahmoud (25). Dessen Vertrag läuft nur noch ein Jahr und mit einem Verkauf in diesem Sommer könnte Lugano nochmals Kasse machen. Und auch der deutsch-griechische Innenverteidiger Antonios Papadopoulos scheint nach einem starken ersten Jahr in der Schweiz bereit, einen Schritt vorwärts zu machen und liebäugelt mit einem Transfer in eine bedeutendere Liga.
Prognose
Der FC Lugano ist an der Spitze unseres Fussballs angekommen und wird in der neuen Saison erneut ganz vorne mitmischen. Auch wenn noch ein paar Abgänge folgen – der Klub verfügt einerseits über die finanziellen Mittel, um den Substanzverlust zu kompensieren, und andererseits haben die Tessiner sich den Ruf erarbeitet, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Denn Hand aufs Herz: Was spricht schon gegen Fussball unter Palmen in einem Land wie der Schweiz, wo die Lebensqualität so hoch ist?
Mit Erfolgstrainer Mattia Croci-Torti wurde der Vertrag bereits im vergangenen Winter bis 2028 verlängert, was ein Zeichen für die Kontinuität ist, dies auf dem Weg nach oben wichtig ist. So scheint es sehr gut möglich, dass Xherdan Shaqiri Recht hat mit seiner Prognose, dass neben dem FCB auch YB und der FC Lugano im Kampf um den Meistertitel besonders heiss sind. Denn irgendwann in den nächsten Jahren will der FCL endlich wieder die Nummer 1 im Schweizer Fussball sein.