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FCB: Vom Serientäter zum Durchschnittsklub

Andy

Zwölf Meistertitel hat der FC Basel in diesem Jahrtausend gewonnen und war damit so erfolgreich wie kein anderer Schweizer Klub. Das ist aber längst nur noch eine schöne Erinnerung.

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David Degen ist als FCB-Präsident gefordert. © IMAGO / Pius Koller

Die Jahre, in denen der FCB zuerst durch Gigi Oeri und dann durch Bernhard Heusler angeführt wurde, waren die erfolgreichsten in der Klubgeschichte. Allein schon die acht Titel in Serie zwischen 2010 und 2017 waren historisch. Dazu kamen Erfolge auf der internationalen Bühne und lukrative Transfers (Embolo, Salah, Shaqiri, Xhaka, Sommer, etc.), die zig Millionen in die Klubkasse spülten. Rund 60 Millionen Franken betrug das Polster, als Bernhard Burgener 2017 den FCB von Bernhard Heusler übernahm. Titel und magische internationale Abende waren damals treue Begleiter, es schien, als würde in Basel einfach alles richtig gemacht. Und man dachte, die Erfolgsmaschine laufe auch nach dem Abgang des kongenialen Duos Bernhard Heusler/Georg Heitz automatisch weiter, doch stattdessen setzte ein schleichender Niedergang ein, für den mehrere Faktoren mitverantwortlich waren.

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Trainer Timo Schultz muss mit dem FCB endlich Spiele gewinnen.

Die Trainerwahl

Im Juli 2017 bleibt in Basel kein Stein auf dem anderen. Mit Jean-Paul Brigger wird zu Beginn der Ära Burgener ein neuer CEO installiert, mit Marco Streller ein neuer Sportchef, mit Raphael Wicky ein neuer Trainer. Es ist rückblickend aber ein zu grosses Risiko, den damals noch unerfahrenen Raphael Wicky beim totalen Umbruch als Cheftrainer zu inthronisieren. Der FCB spielt unter ihm zwar die erfolgreichste Champions League-Kampagne seiner Geschichte, qualifiziert sich dank Siegen gegen Benfica und ManU im Dezember 2017 für den Achtelfinal. Aber die Titelverteidigung in der Super League gelingt nicht, die Young Boys lösen den Serienmeister nach dessen acht Titeln in Folge ab. Und in der folgenden Saison wird Wicky nach zwei Spielen gefeuert. Auf den Walliser folgt Marcel Koller, über den sich die Spieler schon nach wenigen Monaten bei Boss Bernhard Burgener beschweren. Im Mai 2019 werden die Basler zwar Cupsieger – doch es ist der bis heute letzte Erfolg. Daran können auch die folgenden Coaches Ciriaco Sforza, Patrick Rahmen, Guillermo Abascal, Alex Frei und Heiko Vogel nichts ändern. Nun versucht Timo Schultz, den FCB zurück auf die Erfolgsstrasse zu bringen.

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Unter Präsident Bernhard Burgener setzten die Unruhen ein.

Die Führung

Schon unter Bernhard Burgener kommt es im einstigen Vorzeigeklub FCB zu Unruhen. Dies wohl nicht zuletzt aus finanziellen Gründen, denn das finanzielle Millionen-Polster von den Vorgängern wird schnell verbrannt. Wobei man zur Ehrrettung von Burgener erwähnen muss, dass die ihm von Heusler und Heitz hinterlassene Mannschaft ein so hohes Lohnniveau hatte, dass die Basler zu internationalen Grosserfolgen und lukrativen Spielerverkäufen gezwungen sind; es ist ein riskantes Geschäftsmodell, das dann plötzlich nicht mehr funktioniert. Burgener sucht im In- und Ausland nach Investoren und sorgt so für Schlagzeilen. Alex Frei wird als Cheftrainer übergangen und kündigt im September 2020 seinen Vertrag als U21-Trainer. Marco Streller ist da als Sportchef längst nicht mehr im Amt. Im Juni 2019 wirft er den Bettel hin, weil er Patrick Rahmen als Cheftrainer installieren will, Boss Burgener aber an Koller festhält. Im Mai 2021 löst Minderheitsaktionär David Degen nach einer monatelangen Schlammschlacht Bernhard Burgener als Klubbesitzer und Taktgeber ab – der Erfolg bleibt aber, von der Halbfinal-Qualifikation in der Conference League letzte Saison abgesehen, weiter aus.

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Zeki Amdouni spülte dem FCB mit dem Wechsel nach England Millionen aufs Konto, aber seine Tore fehlen.

Die Philosophie

Unter David Degen als Präsident herrscht ein emsiges Kommen und Gehen. 102 Zuzüge und Abgänge haben die Basler seit seinem Amtsantritt zu verzeichnen. Die Verkäufe von Zeki Amdouni (für 18 Millionen zu Burnley), Andy Diouf (für 14 Millionen zu Lens), Dan Ndoye (für 9 Millionen zu Bologna), Wouter Burger (für 5 Millionen zu Stoke City), Riccardo Calafiori (für 4 Millionen zu Bologna) oder auch Andy Pelmard (für 2 Millionen zu Clermont) sorgen in diesem Sommer zwar für einen Millionenregen, der für den finanziell arg gebeutelten Klub ein wahrer Segen ist. Doch der Qualitätsverlust ist immens. Dies auch weil die schier unzähligen neuen Spieler sich zuerst noch finden müssen und die Identifikationsfiguren wie Taulant Xhaka, Fabian Frei oder Michael Lang noch nicht auf Touren gekommen sind. Zudem stellt sich die Frage, wie sehr sich in so zusammengewürfelten, auf eine maximale Rendite ausgerichteten Teams die Identifikation mit dem Arbeitgeber ist, die es vor allem in sportlich schwierigen Zeiten braucht. Oder ob am Ende nicht doch jeder Spieler für sich selber schaut.

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FCB-Goalie Marwin Hitz stellt sich nach der Niederlage gegen Yverdon den Fans.

Gegenwart und Zukunft

Die Saison 2023/24 – sie ist bislang ernüchternd und enttäuschend. Das Ausscheiden in der Conference League gegen die kasachischen Nobodys von Tobol Kostanay ist blamabel. Und in der Super League belegen die Basler mit vier Punkten aus sechs Spielen aktuell den zweitletzten Platz, können bei einer Niederlage heute Abend daheim gegen Luzern allenfalls auch die Rote Laterne von Stade-Lausanne-Ouchy übernehmen. Und die Gefahr ist akut, denn der FCL ist formstark, hat die letzten drei Meisterschaftsspiele gegen Servette, Lugano und GC gewonnen, während der FCB zuletzt gar 2:3 gegen Aufsteiger Yverdon getaucht und trotz Goalie Marwin Hitz hinten nicht ganz dicht ist – in keinem der bislang sechs Super League-Spiele kassierten die Basler weniger als zwei Gegentore. Verlieren die Bebbi heute erneut und gewinnen auch am Sonntag gegen Stade-Lausanne-Ouchy nicht, wird die Luft für den neuen Coach Timo Schultz wohl schon bedrohlich dünn, zumal Boss Degen weder für stoische Ruhe noch für endlose Geduld bekannt ist. Und der FCB mit seinen vier Punkten aus sechs Spielen den schlechtesten Saisonstart seit 1994 hingelegt hat. Andererseits ist es wohl schlicht und einfach die traurige Realität, dass der FCB für die vielen Fehler in den vergangenen Jahren nun teuer bezahlt und nur noch biederes Mittelmass ist. Oder wie Fussballexperte Markus Babbel im «Blick» urteilt: «Das Projekt David Degen ist gescheitert. Sie glauben es dort zwar immer noch, aber den grossen FCB gibts es nicht mehr. Es ist ein Durchschnittsklub. Und jetzt müssen sie aufpassen, dass es nicht bis Ende Saison gegen den Abstieg geht.» Der FC Basel sei nur noch ein Geschäftsmodell von David Degen, es gehe darum, Spieler günstig zu holen und dann teuer zu verkaufen. Das sportliche Abschneiden sei dabei egal. «Aber diese Rechnung geht irgendwann nicht mehr auf, wenn sich das Team nicht mehr fürs europäische Geschäft qualifiziert.»

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