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"Gäng" diese Rückschläge: Wo steckt bei YB der Wurm?

Patrick

0:5 gegen Lausanne-Sport. Während beim Rest der Fussball-Schweiz in diesen Tagen die gewohnte Länderspiel-Ruhe einkehrt, dürfte es in Bern etwas betriebsamer zu und her gehen. Schliesslich steht die Frage im Raum: Warum kann YB eigentlich nicht konstant? Die Hauptverdächtigen: Trainer Giorgio Contini und seine Mannschaft.

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Ratlos, mutlos, planlos: YB am Sonntag nach dem 0:5 in Lausanne © Keystone / Cyril Zingaro

So schnell kann’s gehen

Eben noch schienen die Berner Young Boys über dem Berg. Endlich nach 18 Monaten leistungsmässigem Auf und Ab, dass zwar typisch für die Super League der jüngeren Vergangenheit ist, vermeintlichen Spitzenklubs wie YB allerdings trotzdem kein gutes Zeugnis ausstellt. Und dass die Young Boys auch nach sechs Meistertiteln in sieben Jahren noch gewisse Ambitionen hegen, zeigt die rege Betriebsamkeit, die zuletzt regelmässig dann ausbrach, wenn ein Hauptübungsleiter den eigenen Ansprüchen nicht mehr genügte. Erst wurde Raphael Wicky bei den ersten Anzeichen einer Krise und Mitten in einer schlussendlich ungefährdeten Meistersaison verabschiedet. Dann, nach einem kurzem Intermezzo mit Interimstrainer Joël Magnin, hielt sich der mit Vorschusslorbeeren geholte Nachfolger Patrick Rahmen lediglich drei Monate im Amt. Der Basler hatte sich rückblickend zwar fast schon sensationell für die Champions League qualifiziert, daneben aber halt auch nur eines von neun Meisterschaftsspielen gewonnen. Zu wenig für Gelb-Schwarz, dass die Zeit bis zur Winterpause abermals mit U21-Trainer Magnin überbrückte, ehe im Januar mit Giorgio Contini ein frischer Wind durchs Wankdorf wehte. Jener trug die Berner in der Rückrunde noch von Rang 9 auf Rang 3, brachte aber auch peinliche Rückschläge mit sich, wie das 0:5 beim FC Luzern oder das Out im Cup-Halbfinale bei Promotionligist Biel. In diesem Sommer nun aber sollte mit einem veränderten Kader und Contini der Gegenangriff auf Meister und Dauerrivale Basel erfolgen. Bislang jedoch mit zum Teil ernüchternden Resultaten.

 

Contini kann (noch?) nicht Spitzenklub

Denn neben dem bereits erwähnten 0:5-Debakel vom Wochenende, verliefen die ersten zehn Wochen der neuen Meisterschaft nicht so, dass ein echter Fortschritt zu erkennen gewesen wäre. Weniger resultat- und punktemässig, wo sich die Berner (14 Punkte) bislang auf Augenhöhe mit den Bebbi (15 Punkte) bewegen, aber leistungsmässig. Da sind die  Young Boys unter „G.C.“ auch im zweiten Halbjahr so anfällig für Ausrutscher wie eh und je, spielen mal 1:1 bei Tabellenschlusslicht Winti, dann wieder 0:0 gegen Sion oder fliegen bei Challengeligist Aarau aus dem Cup. Ergebnisse, die einzeln betrachtet mal passieren können, in ihrer Regelmässigkeit jedoch genauso aufhorchen lassen, wie die beiden Jahrzehnt-Schlappen in Luzern und Lausanne. Es scheint, als machten die Young Boys unter Giorgio Contini für jeden Schritt vorwärts, früher oder später wieder einen grösseren Sprung zurück, wobei dies nicht nur dem Trainer in die Schuhe geschoben werden kann. Was hingegen nicht für den ehemaligen Co-Trainer der Schweizer Nationalmannschaft spricht: Unter Contini treten die Young Boys häufig nicht so auf, wie es ein Spitzenteam mit den Möglichkeiten der Berner tun müsste. Sie sind zögerlich anstatt dominant, wirken irgendwie genügsam und schaffen es oft nicht, ihre PS auf den Boden zu bringen, wenn der Gegner vorher den sprichwörtlich ersten Treffer landen konnte. Typische Merkmale eines Trainers und einer Mannschaft, die den Schritt an die absolute Spitze noch nicht vollzogen haben, die es sich nicht gewohnt sind, in jedem Spiel auf Sieg spielen zu müssen und denen ein klarer Plan fehlt, um die Erwartungen von Klub und Umfeld zu erfüllen. Ob Contini, der in seiner Karriere bislang ausschliesslich für Klubs aus mittleren oder unteren Tabellenregionen arbeitete oder spielte (trotz dem Titel in St. Gallen), der richtige Mann für das träge gewordene YB ist, wurde deshalb schon bei seiner Anstellung in Frage gestellt. Im Moment sieht es nicht so aus, als würde diese Frage noch positiv beantwortet.

 

Wo sind die Leader?

Bei aller Kritik am Trainer, der schlussendlich auch dafür verantwortlich ist, den Spielern die notwendige Siegermentalität vorzuleben und einzuimpfen, sind Letztere natürlich ebenso in der Bringschuld. Aber wenn diese zum wiederholten Mal ihren Aufgaben auf dem Platz nicht nachkommen und in Interviews die eigene Leistung schönreden, wird man als Beobachter das Gefühl nicht los, dass Mannschaft und Klub den Ernst  der Lage noch nicht richtig erkannt haben. Natürlich liegt man aktuell nur einen Zähler hinter dem FC Basel, hat aber gleichzeitig die Chance verpasst, vom ebenfalls suboptimalen Start der Bebbi zu profitieren. Dazu hat man selbst die erste von zwei möglichen Titelchancen bereits weggeschmissen. Aber so richtig daran zu stören, scheint sich in Bern niemand, zumindest nicht so, dass der Effekt mehr als nur zwei bis drei Wochen anhalten würde, ehe man prompt wieder ins alte Fahrwasser abdriftet. Natürlich hilft es dabei nicht, wenn bislang souveräne Leistungsträger wie Keeper Marvin Keller plötzlich auch mehr mit sich selbst zu kämpfen haben, schlussendlich verfügt YB aber über genügend Qualität und Tiefe im Kader, um normale Formschwankungen einzelner Spieler auffangen zu können. Was sich aber ändern muss, ist die Art und Weise, wie die Young Boys an kommende Aufgaben herantreten, was Aufgabe des Trainers, aber sicher auch seiner Vorgesetzten im Klubvorstand ist. Denn die Kultur und der Spirit innerhalb eines Vereins sind es schliesslich, die den Takt vorgeben und die Art von Atmosphäre schaffen, die optimale Leistungsbereitschaft und somit optimale Leistungen begünstigt. In Bern wirkt aktuell alles so, als würde es auf allen Ebenen am Erfolgshunger und an der notwendigen Vision fehlen.

 

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