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Galatasaray: Erfolg um jeden Preis

Andy

Am Freitag startet die türkische Süper Lig in die neue Saison. Mit Galatasaray als turmhohem Favoriten – schliesslich hat der Titelverteidiger auf dem Transfermarkt angegriffen wie noch nie.

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Die gefeierten Gala-Stars: Victor Osimhen und Leroy Sane. © IMAGO / Seskim Photo TR

Kennen Sie Gaziantep? Nicht? Dann geht es Ihnen wie wohl vielen anderen. Gemäss Wikipedia ist es eine Stadt in Südostanatolien und mit über zwei Millionen Einwohnern die sechstgrösste Stadt der Türkei. Die Luftlinien-Entfernung zu Zürich beträgt rund 2600 Kilometer, mit dem Auto sind es etwa 3300 Kilometer. Eine halbe Weltreise entfernt also. Und auch der lokale Fussballklub Gaziantep FK dürfte wohl nur eingefleischten Fans ein Begriff sein. Seit 2019 spielt er in der türkischen SüperLig, Rang 8 im ersten Jahr in der höchsten Spielklasse war dann das Bestresultat.

Am Freitag werden dennoch viele Blicke auf Gaziantep und den Klub gerichtet sein. Denn zum Auftakt der neuen Saison in der türkischen Fussball-Beletage reist das grosse Galatasaray an. Der türkische Gigant, der in den vergangenen Wochen mit einer Transferoffensive Schlagzeilen produziert hat und auch auf internationalem Parkett angreifen will. Und dafür die Millionen fliessen lässt.

Rekordmann Osimhen

Zuletzt stellte Galatasaray einen neuen Transferrekord für die heimische Liga auf. Stürmer Victor Osimhen wurde nach einem Leihgeschäft fix von Napoli übernommen – für eine Ablösesumme von 75 Millionen Euro. So teuer war in der Türkei noch kein Spieler, zuvor lag der Bestwert bei 19,5 Millionen Euro, welche Fenerbahce 2023 für den Marokkaner Youssef En-Nesyri an den FC Sevilla überwies.

Und nun also Osimhen, der für seinen Vierjahresvertrag auch noch ein Gehalt von 84 Millionen einstreichen soll. Damit ist er der zweite Millionenmann, mit dem in diesem Sommer die Gala-Offensive befeuert wird. Zuvor lotsten die Türken schon den ablösefreien Leroy Sane aus München an den Bosporus – mit einem Nettosalär von neun Millionen pro Jahr, das dank Boni auf bis zu 15 Mio. steigen kann. Im Kader befinden sich aber aktuell noch weitere Grossverdiener, beispielsweise der Spanier Alvaro Morata, der von der AC Milan ausgeliehen ist und fest übernommen werden kann, der Argentinier Mauro Icardi oder der Kolumbianer Davinson Sanchez.

Donnarumma, Ederson, Sommer, Akanji…

Und die Shopping-Tour dürfte noch lange nicht beendet sein. Regelmässig tauchen Gerüchte auf, wer den türkischen Meister noch verstärken könnte. Goalie Gianluigi Donnarumma beispielsweise, der sich in Paris Saint-Germain offenbar finanziell zu wenig wertgeschätzt wurde, auch die Namen seiner Keeper-Kollegen Ederson (Manchester City) und Yann Sommer sind schon gefallen. Dazu Sommers Inter-Kollege Hakan Calhanoglu, Stuttgarts Enzo Millot, Leverkusens Victor Boniface, Jadon Sancho (Manchester United) oder auch Manuel Akanji und Ilkay Gündogan von Manchester City. Zweifellos grosse Namen also, doch viele von ihnen werden wohl nie über den Gerüchtestatus hinauskommen und das Gala-Trikot tragen, auch wenn sich der Klub in einem Kaufrausch befindet.

Der Traum ist klar: Die grossen Drei des Landes – Galatasaray, Fenerbahce und Besiktas – wollen auch europäisch angreifen. Bei der Präsentation der neuen Spieler sagte Galatasary-Präsident Dursun Özbek vor rund 35’000 Fans: «Dreifacher Meister in Folge, fünf Sterne auf der Brust – wir sind stolz, glücklich und voller Zuversicht. Unser neues Ziel ist internationaler Erfolg und der sechste Stern.»

Gigantische Schulden

Auf der Jagd nach Erfolgen leisten sich die Top-Klubs Kader der Luxusklasse mit geschätzten Marktwerten von 311 Mio. (Galatasaray), 266 Mio. (Fenerbahce mit Startrainer José Mourinho) und 143 Mio. (Besiktas). Die grosse Frage ist natürlich: Wie werden der Kaufrausch und diese auch im Unterhalt teuren Spieler finanziert? Dies vor allem auch angesichts der Tatsache, dass die Grossklubs schon fast traditionell hoch verschuldet sind. Galatasaray, so wurde vor einigen Wochen spekuliert, hat Verbindlichkeiten in Höhe von 294 Mio. Euro, Fenerbahce 255 Mio. und Besiktas 210 Mio. Gigantische Summen!

Eine Möglichkeit zur zumindest kurz- bis mittelfristigen Liquiditätssteigerung sind wohl Kapitalerhöhungen. Bei Galatasaray sorgt auch das alte Trainingsgelände im Villenviertel  «Florya» für einen Millionensegen. Der Klub besitzt dort Grundstücke in einer Grösse von über 100 Fussballfeldern. Es ist eine immense Fläche, die mittlerweile zu Bauland wurde und deren Verkauf an die Stadt einen Erlös zwischen 500 und 600 Millionen Euro bringen soll. Es heisst, dass eine erste Zahlung von 50 Millionen bereits erfolgt ist – und für den Kauf von Stürmer Oshimen verwendet wurde.

Es ist zweifellos ein riskantes Geschäftsmodell der türkischen Klubs, die mit Millionen die Gier der Fans auf grosse Namen stillen wollen. Es ist ein Wettrüsten, das nur bedingt durch Ticketverkäufe, Fanartikel und Sponsoring finanziert werden kann. Es braucht auch Einschüsse von Mäzenen und Bankkredite, so dass der Schuldenberg stetig anwachsen dürfte.

Überfülltes Kader

Der Kaufrausch sorgt aber noch für weitere Probleme. Das Kader von Galatasaray ist aktuell überfüllt. 35 Spieler stehen auf der Payroll, darunter viele ausländische Spieler. Die Vorschriften der SüperLig erlauben aber maximal 14 ausländische Spieler im A‑Team, von denen zwei unter 22 Jahre alt sein müssen. Auch im Champions League-Kader sind maximal 14 ausländische Spieler erlaubt, mehrere dieser Söldner dürfen gemäss Reglement also weder national noch international gemeldet werden, sie drohen zwischen Stuhl und Bank zu fallen.

Gut möglich also, dass auf den grossen Einkauf schon bald Notverkäufe folgen. Zu Preisen unter dem Marktwert logischerweise, was zu einem weiteren fetten Minus in der Buchhaltung führen würde. Ein Beispiel für diesen planlosen Aktionismus ist der polnische Nationalspieler Przemyslaw Frankowski. Er wurde im Februar aus Lens geholt, im Sommer aufgrund einer Kaufpflicht für sieben Millionen Euro fix verpflichtet und nun an Rennes ausgeliehen. Ein Minusgeschäft ist da natürlich garantiert.

Weitere teils seltsame Transfers dürften folgen. Europameister Alvaro Morata beispielsweise wurde im Winter von der AC Milan bis im Sommer 2026 ausgeliehen. Der Spanier wurde in der Türkei nicht glücklich, will nun nach Como wechseln, mit seinem Stammklub Milan ist alles geklärt. Es ist ein Wechsel, von dem Galatasaray nun doppelt profitieren möchte: Einerseits, weil ein Ausländer weniger das Kontingent belasten würde, andererseits ist Como offenbar bereit, Gala für die vorzeitige Beendung des Leihvertrags mit drei Millionen zu entschädigen. Auch wenn dieser Wechsel für einmal gewinnbringend sein könnte, stellt sich am Ende die Frage, wie der türkische Meister die Auflagen des Financial Fairplay erfüllen will.

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