Geglückter Start: Kann YB unter Seoane endlich auch wieder konstant?
0:0 in Unterzahl gegen Basel. 0:4 (in Unterzahl) bei PAOK Saloniki. Und ein 4:1-Auswärtserfolg beim FC St. Gallen. Keine Frage, Gerry Seoanes Rückkehr nach Bern kann sich unter den gegebenen Umständen sehen lassen. Der Luzerner Meistertrainer hat die Young Boys stabilisiert und den Optimismus zurück in die Bundesstadt gebracht. Und langfristig? Wir nennen drei Gründe, warum das mit YB und Seoane im zweiten Akt nicht nur passen muss, sondern auch kann.
Achtung, fertig los
Das ging schnell: Knapp zwölf Stunden nach dem abermals enttäuschenden 3:3 bei GC, überraschten die YB-Verantwortlichen vorletzte Woche mit einer ziemlich spektakulären Personal-Rochade. Coach Giorgio Contini musst den Verein trotz Vertrag bis 2027 verlassen, Gerardo Seoane, dreifacher Meistermacher in den Jahren 2019 - 2021, übernahm. Dabei hatte Seoanes nur mässig erfolgreiche Zeit in Deutschland erst im September geendet. Anders als vormals in Bern, hatte Seoane im Haifischbecken Bundesliga immer seltener die richtige Antwort gefunden, blieb zum Abschluss seiner Zeit in Gladbach sogar währen zehn Partien sieglos. Kaum zurück in der alten Heimat, funktionierte der spanisch-schweizerische Doppelbürger jedoch bereits wieder tadellos. In Spiel 1 gegen den FC Basel coachte Seoane seine verunsicherte und personell dezimierte Mannschaft zu einem Punkt und das auf der Basis eines einzigen Trainings. Dabei versprühte der 47-jährige bereits wieder jenes Selbstbewusstsein und jene Aura, die ihm in Deutschland irgendwann abhanden gekommen war.
Taktische Flexibilität und Souveränität
Bei Seoanes Rückkehr nach Bern bislang besonders wertvoll: Seine Souveränität. Jene Nüchternheit und Ruhe, die dem gebürtigen Luzerner in Gladbach teilweise vorgeworfen wurde, war in einer schwierigen gelb-schwarzen Phase genau richtig. Ähnlich wie in der Vorwoche, fand Seoane so auch nach dem europäischen 0:4 bei PAOK Saloniki letzten Donnerstag die richtigen Ansätze, um sein Team innert kürzester Frist neu auszurichten. Knappe drei Tage nach dem verunglückten Auftritt in Griechenland zeigten sich die Berner in St. Gallen mit einem anderen, taktisch flexibleren und vor allem auch brandgefährlichen Gesicht. Spielfreudig, direkt und effizient agierten die Young Boys in der Ostschweiz offensiv stark verbessert und das auf der Basis einer Dreier-Verteidigung, welche die noch vor kurzem regelmässig überforderte YB-Defensive in dem meisten Situationen zu stabilisieren vermochte. Dafür stärkte Seoane in Janko und Lauper erfolgreich zwei Kräfte, die bereits während seiner ersten Berner Amtszeit mit ihm zusammengearbeitet hatten. Gemeinsam gelang es den beiden Routiniers, die gelb-schwarze Defensive sowohl im Heimspiel gegen den FCB als auch beim Gastspiel beim FCSG zu stabilisieren.
…mit einer Hand auf dem Rücken
So lobenswert insbesondere die jüngsten Leistungen von YB-Evergreen Sandro Lauper gewesen sind - wie es mit dem 29-jährigen Oberdiessbacher mittelfristig weitergehen wird, steht aktuell in den Sternen. Denn da gibt es ja auch noch Captain Loris Benito und Rückkehrer Gregory Wüthrich (beide derzeit verletzt), die eigentlich für die beiden Positionen in der Innenverteidigung vorgesehen sind und ebenfalls bereits während Seoanes erster Amtszeit zum Berner Kader gehörten. Überhaupt wird dieser in den kommen Wochen durch die Rückkehr verletzter oder gesperrter Akteure (Gigovic, Zoukrou, Sanches, später Fernandes) weitere Aufwertung erfahren, wobei dieser Aspekt nicht der einzige Grund sein dürfte, der der Konkurrenz im Hinblick auf eine mögliche YB-Renaissance Bauchschmerzen bereiten könnte. Ebenso beunruhigend ist die Tatsache, dass sich seit Seoanes Amtsantritt auch talentierte Spieler wie Jaouen Hadjam, Alan Virginius oder Dominik Pech leistungsmässig wieder angemeldet haben. Gelingt es dem insgesamt sechs Sprachen sprechenden Trainer auch mittelfristig, das junge Potential im Kader zu entfalten, dürften die Berner ihr Level endlich wieder auf jenes Niveau heben, dass aufgrund der Qualität und der Breite im Kader eigentlich ihr Anspruch sein müsste. Eine Aufgabe, an der Seoanes Nachfolger und Vorgänger eigentlich allesamt scheiterten, und die vor allem auch viel Arbeit im mentalen Bereich bedingt. Ob Seoane hierzu den richtigen Ansatz auch dann findet, wenn die Young Boys das sportliche Messer nicht mehr zwingend am Hals haben, wird sich zeigen. Erste Hinweise dürften bereits in den Partien nach der Nati-Pause – wenn Winterthur, Servette und Sion warten – zu erwarten sein.