Gottéron: Der Anfang ist gemacht…
1937 wurde Fribourg-Gottéron gegründet und seither lebt der Traum vom Gewinn des Meistertitels. Die Ambitionen sind auch in der neuen Saison wieder gross, dafür sorgt nur schon der neue starke Mann an der Bande.
Es war wenigstens ein «amuse bouche», als Gottéron letzte Saison den Spengler Cup gewann. Die Freiburger waren als Aussenseiter nach Davos gereist, nachdem sie in der Krise gesteckt und vier Tage vor Turnierbeginn als Headcoach den erfolglosen «Übergangstrainer» Patrick Émond durch Lars Leuenberger ersetzt hatten, der bereits für die Saison 2025/26 als Assistent des neuen Cheftrainers Roger Rönnberg verpflichtet worden war.
Lars Leuenberger, der 2016 als Interimslösung schon den SC Bern zu meisterlichen Meriten geführt hatte, fand das passende Rezept, brachte das talentierte Team auf Touren und beendete mit drei Siegen in vier Spielen die 87 Jahre des teils schon sehnsüchtigen Wartens. «Es ist ein Meilenstein. Nun wollen wir weitergehen, um einmal einen Titel in der Meisterschaft holen zu können. Aber es war sehr wichtig, diesen ersten Titel zu holen», erklärte Gottéron-Präsident Hubert Waeber danach. «Jetzt müssen wir weiterarbeiten – Tag für Tag. Um noch besser zu werden, um immer vorne mitspielen zu können. Damit irgendwann der andere, der grosse Titel kommt. Und später auch noch ein zweiter.»
Es sind Worte, die in den Ohren von Gottéron wunderbar klingen müssen. Schliesslich war es der erste grosse Titel und dadurch auch wertvoll. Aber auch für Captain Julien Sprunger war damals schon klar: «Diese Saison war für uns bisher sehr hart. Jetzt den Spengler Cup zu gewinnen, ist ein unglaubliches Gefühl. Irgendwo musst du anfangen. Klar, wir wollen die Meisterschaft gewinnen. Aber den Spengler Cup zu holen ist nicht einfach, es gibt hier starke Gegner. Wir müssen diesen Titel sehr geniessen.»
Es sind auch Worte, die mit den Plänen des neuen Trainers übereinstimmen. Schliesslich hatte Roger Rönnberg längst verlauten lassen, dass er dereinst nicht gehen werde, bevor er mit dem Klub ein paar Titel geholt habe. Und der Übungsleiter weiss, wie man Trophäen gewinnt. Bei Frölunda hat er in zwölf Jahren vier Mal die Champions League und zwei Mal die Meisterschaft gewonnen. Es ist ein äusserst beeindruckender Leistungsausweis. Zudem hat der Schwede hat auch die Spieler, um nach den Sternen zu greifen. Aus Lausanne kehrte Andrea Glauser zu Gottéron zurück, zweifellos einer der besten Verteidiger auf Schweizer Eis. Dem EV Zug wurden die beiden Talente Attilio Biasca (22) und Ludvig Johnson (19) abgejagt. Und auch bei den Import-Spielern wurde kräftig nachgelegt.
Ausländer der Extraklasse
Ryan Gunderson, Andreas Borgman, Jakob Lilja und Linden Vey haben den Klub verlassen, neu verpflichtet wurden zwei Verteidiger und ein Stürmer. Der Schwede Patrik Nemeth kommt vom SC Bern und ist ein Defensivverteidiger, der hinten für Stabilität sorgen soll. Der Amerikaner Michael Kapla hat in den letzten fünf Jahren in Schweden gespielt und garantiert als offensiv eingestellter Back auch mehrere Skorerpunkte. Und der finnische Center Henrik Borgström war 2016 Erstrundendraft der Floria Panthers (Nr. 16), konnte sich aber in der NHL nicht final durchsetzen. In Kombination mit Marcus Sörensen, Lucas Wallmark und Jacob De la Rose, deren Qualitäten längst bekannt und unbestritten sind, verfügt Gottéron über Ausländer der Extraklasse.
Im Tor steht noch einmal Reto Berra, der im Januar 39 Jahre alt wird, nach dieser Saison Ludovic Waeber Platz machen und muss und im Gegenzug zu Kloten wechseln wird. Ganz klar: Berra muss in seiner letzten Saison an der Saane hexen wie in seinen besten Zeiten, wenn es mit dem Titelgewinn klappen soll. In der Verteidigung ist Rückkehrer Glauser natürlich eine grosse Verstärkung, aber mit Ryan Gunderson (Rücktritt) und Raphael Diaz (zum EV Zug) sind zwei fixe Grössen der letzten Jahre und viel Routine verloren gegangen. In der Offensive hängt viel davon ab, wie das kongeniale Duo Sörensen/Wallmark performt und dass die beiden Schweden gesund bleiben. Entscheidend ist aber auch, dass die Schweizer, allen voran die Nati-Stürmer Christoph Bertschy und Sandro Schmid, am Laufmeter skoren.
Prognose
Ganz klar, der Spengler Cup-Triumph hat Lust auf mehr gemacht und gezeigt, dass die Freiburger doch nicht «untitelbar» sind. Aber es muss halt schon alles passen, dass Gottéron nicht nur Ende Dezember in Davos, sondern auch am Saisonende in der National League jubelt. Der Druck ist gross, die heissblütigen Fans lechzen nach dem Titel. Das immer ausverkaufte Stadion verleiht im Erfolgsfall zusätzliche Energie, in schwierigen Zeiten kann es aber auch lähmen. Apropos Energie: Wichtig ist, dass die Freiburger die Belastung clever steuern, da sie ja auch ihren Spengler Cup-Titel verteidigen wollen.
So oder so: Gottéron ist ein Titelkandidat. Headcoach Roger Rönnberg und seine hochkarätigen Assistenten Lars Leuenberger und Rikard Franzén sind dazu verdammt, von Anfang an vorne mitzuspielen. Die direkte Playoff-Qualifikation ist Pflicht und sollte auch ohne grössere Probleme geschafft werden. Doch ob der «ewige» Copain Julien Sprunger – er wird am 4. Januar 40 Jahre alt und hat bereits 1117 National League-Spiele auf dem Buckel – im Frühling auch den Meisterpokal in die Höhe stemmen kann, bleibt bei der grossen Konkurrenz in der Liga abzuwarten.