skysport.ch
Sky Sport

Live-Sport ansehen auf

Sky Sport
Meinungen Fussball

Hat unsere Nati gegen Spanien eine Chance? Zwei Meinungen

Im Angebot: Das grösste Spiel in der Geschichte des Schweizer Frauenfussballs. Gegen Spanien kann die Truppe von Pia Sundhage der ersten Qualifikation für ein EM-Viertelfinale eine Halbfinal-Premiere hinterherschicken. Aber hat die Nati gegen die Weltmeisterinnen eine Chance? Unsere Redaktoren Andy Maschek und Patrick Y. Fischer sind sich nicht einig.

668105305_highres
Können die Schweizerinnen auch gegen Weltmeister Spanien jubeln? © KEYSTONE/AP Photo/Martin Meissner

Andy Maschek sagt: Ja

Die Ausgangslage vor dem Viertelfinal gegen Spanien ist klar: Die Schweiz tritt als klarer Underdog an, ein Sieg wäre eine riesige Sensation. Captain Lia Wälti und ihre Kolleginnen haben in der Theorie keine Chance – also werden sie diese in der Praxis packen!

Ich gebe zu: Da ist bei mir vor allem auch der Wunsch der Vater des Gedankens. Denn eigentlich spielen die Weltmeisterinnen aktuell in einer eigenen Liga. Sie stürmten auf direktem Weg und ohne Punktverlust in den Viertelfinal, während die Schweizerinnen erst in der letzten Sekunde das Ticket für die Top 8 lösten. Entsprechend gross ist das Selbstvertrauen bei «La Roja» auf dem Weg zum nächsten Titel, zumal Trainerin Montse Tomé sagt: «Ich hoffe, dass wir in diesem Turnier weiter vorankommen. Es ist das erste Mal, dass Spanien alle drei Gruppenspiele gewonnen hat. Die Arbeit, die hier geleistet wird, ist wirklich stark. Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Mannschaft mit der richtigen Einstellung weitermacht und sich weiter steigern wird.»

Diese Worte tönen in den Schweizer Ohren wie eine Drohung, zumal es in der Vergangenheit gegen die Spanierinnen keine Erfolgserlebnisse zu feiern und stattdessen zu viele Gegentore zu verdauen gab. Doch diese Schweizer Nati, die an dieser EM so frisch und mutig auftritt und so viele Herzen erobert hat, wird sich im Viertelfinal auch dieser Aufgabe mit breiter Brust stellen und alles geben, damit die Sensation gelingt. Géraldine Reuteler, bislang der grosse Star im Schweizer Team, hat ja schon gesagt: «Auch die sind mal fällig.»

Die Schweizerinnen haben es in ihren Füssen, diesen Sommertraum weiterzuleben und das Sommermärchen weiterzuschreiben. Sie werden sich gegen Spanien einmal mehr zerreissen. Können auf formstarke Routiniers wie Lia Wälti oder Noelle Maritz zählen und haben mit den jungen Wilden wie Iman Beney oder Leila Wandeler unverbrauchte und unbeschwerte Spielerinnen in ihren Reihen, die auch die routinierten Spanierinnen in Verlegenheit bringen können. Mit Sydney Schertenleib hat der designierte Superstar des Schweizer Teams an dieser EM ihre Top-Leistung noch nicht abgerufen – und so wird die Barcelona-Söldnerin dies ausgerechnet gegen Spanien nachholen.

«Sydney hat alle Qualitäten, um in ein paar Jahren eine grosse Fussballerin zu sein», sagt Verteidigerin Jana Fernandez, die in Barcelona Teamkollegin der Schweizerin ist. «Ich habe nur lobende Worte für sie. Darum hoffe ich, dass sie am Freitag kein gutes Spiel hat.»

Die Hoffnung wird hoffentlich eine Hoffnung bleiben. Die Schweizerinnen befinden sich, angetrieben von den fantastischen Fans, auf einer Mission. Sie surfen auf einer Welle der Emotionen und wollen diese Reise mit allen Mitteln weiterführen. Ein erstes Ziel ist mit dem Einzug in die K.o.-Phase erreicht, der Druck wurde weggekickt. Und so sind sich die Spielerinnen und die Fans einig: Das Lichterlöschen soll noch warten, die Party geht weiter. Die physische und psychische Basis dazu hat Trainerin Pia Sundhage in den letzten Wochen und Monaten gelegt. Und wer, wenn nicht die schwedische Erfolgstrainerin, weiss haargenau, was es braucht, um auch die grössten Hürden zu überwinden?

Patrick Y. Fischer sagt: Nein

Wer hätte das gedacht? Zwei Wochen nach der Auftaktniederlage gegen Norwegen herrscht im Schweizer Land Jubel, Trubel, EM-Heiterkeit. Massgeblichen Anteil daran hat die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft, die mit dem Last-Minute-Ausgleich gegen Finnland und der erstmaligen Qualifikation für ein EM-Viertelfinale eine noch nie dagewesene Euphorie rund um den Schweizer Frauenfussball entfacht hat. Da stellt sich manch eine(r) die Frage: Ist jetzt sogar noch mehr möglich? Meine klare Meinung : Leider nein.

Gewiss, im Sport hat man immer eine Chance und dass selbst grösstmögliche Favorit;innen auf ihrem Weg zu vermeintlichem Ruhm und Titeln schon gescheitert sind, hat die Fussballgeschichte uns bereits mehrfach gelehrt. Ganz egal, dass die Spanierinnen zuletzt 21:3 Siege in Ernstkämpfen feierten, die Schweiz in den letzten drei Direktbegegnungen mit 17:2 Toren abschossen und generell über einen Kader verfügen, der dem der Schweiz in Sachen individueller Klasse, fussballerischem Niveau und Kadertiefe bei weitem überlegen ist. Doch wie hielt der langjährige Spieler und Trainer Alfred Preissler schon vor fast 70 Jahren fest: «Entscheidend is auf‘m Platz».

Wobei sich hinter dem Zitat der deutschen Fussball-Legende nur die halbe Wahrheit verbirgt. Denn mindestens so genauso wichtig wie „auf‘m Platz“ ist im Kopf. Und genau dort müsste die Schweiz in diesen Tagen die Grundlagen erarbeiten, um morgen Abend für die grosse Überraschung sorgen zu können. Aber wenn ich Captain Lia Wälti und ihren Teamkolleginnen in den letzten Tagen richtig zugehört habe, bin ich mir nicht sicher, ob dies auch gelungen ist. Man spricht u.a. darüber Aussenseiter zu sein, gegen die weltbeste Mannschaft nicht mehr unter Druck zu stehen und natürlich davon, dem Favoriten das Leben so schwer wie möglich zu machen. Was aus diesen Worten ebenfalls spricht: Die Hoffnung, gewinnen zu können. Was ich jedoch nicht höre: Den ultimativen Glauben daran.

Denn sind wir ehrlich: Die Hoffnung mag zwar zuletzt sterben, dringende Voraussetzung für eine Überraschung ist jedoch der ultimative Glaube daran, diese überhaupt schaffen zu können. Die Überzeugung, mit den eigenen Mitteln ein in der Theorie besseres Team bezwingen zu können. Denn nur der unbeirrbare Glaube an sich selbst schafft die Voraussetzung dafür, um über sich hinauszuwachsen, vielleicht noch etwas schneller und mehr zu laufen und vor allem auch dann bereit zu sein, wenn sich die Chance zur Sensation bietet.

So wird die Heim-EM für die Schweizerinnen morgen Abend jedoch enden. Möglicherweise mit einer ehrenvollen Niederlage, ziemlich sicher mit einem besseren Auftritt, als im WM-Achtelfinale oder den nachfolgenden Duellen in der UEFA Nations League. Eine echte Chance wird die Schweiz dabei aber nicht besitzen. Weil sie neben den fussballerischen Defiziten auch mental noch nicht ganz bereit zu sein scheint, um in die ultimative Weltspitze vorzudringen.

 

 

Bewerte den Artikel
0 Bewertungen
Ihre Stimme wird gezählt.
SCH_Keyvisual_SkyFiber_320x50px_DE

News-Feed

Lesen Sie auch

Mehr anzeigen

Live-Sport ansehen auf

Sky Sport
Copyright Sky Schweiz SA © 2001-2025. Erstellt von EWM.swiss