HC Ajoie: Das Herz schlägt wieder – aber ist auch der Kopf bereit?
Der HC Ajoie ist zurück in der Liga-Qualifkation: Nach dem dramatischen 3:2 nach Verlängerung gegen den HC La-Chaux-de-Fonds hat der abstiegsbedrohte Patient aus dem Jura wieder einen Puls. Aber: Haben die Ajoielots auch die mentale Stärke? Ein Blick in die jüngere Vergangenheit lässt zumindest Zweifel aufkommen.
Ein Comeback im letzten Augenblick
Mit 0:2 liegt der HC Ajoie im Relegations-Duell mit dem Nachbarn aus Neuenburg in Rückstand. In der Serie und auch nach 32 Minuten von Spiel 3 stehen die Jurassier sprichwörtlich am Rande des Abgrunds. Eine weitere Niederlage und die bereits dezimierte Chance auf den Ligaerhalt sinkt gegen Null. Aber diese Niederlage kommt nicht. In fast schon aussichtsloser Situation und trotz der Abwesenheit der drei kanadischen Leistungsträger Philip-Michael Devos, Jonathan Hazen und Frédérik Gauthier gelingt es Ajoie das Spiel ausgerechnet in jenem Moment zu drehen, in dem die zu Beginn der Partie unterlegenen Neuenburger (Schussverhältnis im 1. Drittel 13:22) ein Mittel gegen die beherzten Angriffe der Jurassier zu gefunden haben scheinen. Schlussendlich war dem nicht so und es gelang Ajoie erstmals seit dem Start der Serie am letzten Donnerstag das Momentum an sich zu reissen. Somit so weit wieder alles gut? Nicht zwingend, denn so wichtig der gestrige Sieg war, wirklich wertvoll ist er nur dann, wenn es dem HCA gelingt, die Mentalität während des Comebacks auch im weiteren Verlauf des Duells aufs Eis zu bringen.
Wiederholt sich die Geschichte?
Genau das ist dem HC Ajoie zuletzt nämlich nicht gelungen. Nach zwei Jahren als grösster Underdog der National League und ohne den unmittelbaren Druck des Abstiegs, tun sich die Jurassier schwer damit, nicht mehr nur gewinnen, sondern auch etwas verlieren zu können. Bereits im Playout-Duell mit den SCL Tigers zeigte der Cupsieger der Saison 2019/2020 just in jenen Momenten sein bestes Hockey, in denen er eigentlich bereits mit einem Bein in der Ligaqualifikation stand. So holte der HC Ajoie einen 0:2-Rückstand in der Serie auf, ging in Spiel 5 in Langnau in der 54. Minute scheinbar vorentscheidend mit 2:0 in Führung – und gab dieses wegweisende Spiel schlussendlich doch noch aus der Hand. Zwei Tage später erspielte man sich in Spiel 6 mit dem Messer am Hals eine 4:2 Führung nach zwei Dritteln, nur um diese innerhalb von acht Sekunden herzugeben und die Serie schlussendlich in der Verlängerung endgültig zu verlieren. Nun scheint sich im Duell mit dem Neuenburger Rivalen das Szenario zu wiederholen, dass die Jurassier just dann einen Weg zurückfinden, wenn sie schon fast keiner mehr auf der Rechnung hat. Allerdings muss es dem HCA nun gelingen, das zurückgewonnene Momentum auch dann in den eigenen Reihen zu behalten, wenn ein Sieg in der Serie und somit der angestrebte Ligaerhalt wieder in Griffweite sind.
Und der HC La-Chaux-de-Fonds?
Keine Frage, die gestrige Niederlage nach 2:0 Führung ist für den HCC ein Rückschlag. Allerdings ein verschmerzbarer, wenn es dem Meister der Swiss League gelingt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Nach wie vor haben die Neuenburger alles in ihrer Hand und brauchen nur zwei Siege, um ihren Traum vom Aufstieg zu bewerkstelligen. Dazu muss sich der Klub aber darauf besinnen, nach vorne zu schauen und sich weiterhin von Shift zu Shift zu fokussieren. Macht La-Chaux-de-Fonds aber den Fehler, dem gestrigen Spiel oder verpassten Chancen nachzutrauern, gibt man den grössten Vorteil in dieser Serie Preis, insbesondere, da die Kampfkraft Ajoies bislang weder gegen Langnau noch in der Liga-Quali je in Frage gestellt werden konnte. Aber selbst die fleissigsten Beine erreichen nie ihre maximale Betriebstemperatur, wenn sie sich darauf fokussieren, nicht zu verlieren anstatt etwas zu gewinnen.