skysport.ch
Sky Sport

Live-Sport ansehen auf

Sky Sport
Interviews Eishockey

«Ich fühle mich abgeklärt, ruhig und habe Vertrauen in mein Spiel»

Andy

Reto Berra ist seit Jahren einer der besten Schweizer Eishockey-Goalies und hat viel erlebt. Aber noch nie eine Saison wie die aktuelle mit dem Spengler Cup, den er als Titelverteidiger mit Gottéron bestreitet, Olympia und der Heim-WM mit der Nati. Im Interview verrät der bald 39-jährige Routinier, dass diese Highlights auch für ihn ganz speziell sind.

684494050_highres
Routinier Reto Berra ist in blendender Verfassung und hat in dieser Saison viel vor. © KEYSTONE/Patrick B. Kraemer

Reto Berra, welcher Goalie hat aktuell die höchste Save Percentage in der National League?
Im Moment bin das ich.

Stimmt, wissen Sie auch, wie hoch sie ist?
Ungefähr 93,5 Prozent, denke ich.

Es sind exakt 93,59 Prozent, eine stolze Zahl.
Das ist mega! Ich hatte einen sensationellen Start, ich fühle ich sehr gut und spiele gut. Es ist ein Start, den ich mir exakt so vorgestellt habe.

Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis? Ist es wie mit dem Wein: Je älter, desto besser?
Bei mir trifft dies extrem zu. Ich mache viel mit meiner Erfahrung, mit Ruhe, mit Geduld auf dem Eis, indem ich das Spiel lese – es sind alles Attribute, deren Ursprung in der Erfahrung liegt.

«Durch die positive Energie und die extrem grosse Motivation in allen Bereichen fällt alles leichter»

Am 3. Januar werden Sie 39 Jahre alt. Haben Sie keine körperlichen Beschwerden, ein Zwicken hier, ein Zwacken da beim Aufstehen am Morgen?
Es sind nur kleine Sachen. Ich habe enorme Freude am Spielen, zudem sind die körperlichen Beschwerden immer auch eine Sache der Einstellung. Natürlich, es gibt gröbere Blessuren, aber die keinen «Wehwehli» sind sehr individuell. Es hat sicher auch damit zu tun, dass ich eine sehr gute Energie in meinem Körper habe, positiv bin, die Spiele extrem geniesse, zumal ich weiss, dass meine Karriere irgendwann in näherer Zukunft enden wird. Ich möchte nochmals alles herausholen und mir mit der ganzen Freude erlauben, Eishockey zu spielen, was in jüngeren Jahren nicht immer so der Fall war. Ich nahm alles immer sehr sensibel wahr, konnte das mit der Zeit aber verarbeiten und habe im fortgeschrittenen Alter einen guten Schlüssel oder Weg gefunden. Diese gesamte Kombination hilft mir auch physisch. Natürlich habe ich zwischendurch mal Rückenschmerzen oder fühle mich steif, aber durch die positive Energie und die extrem grosse Motivation in allen Bereichen fällt alles leichter. Dazu kommt, dass ich gelernt habe, auf meinen Körper und mich selber zu hören, auf mein Gefühl und nicht nur auf das, was andere sagen. Ich bin dankbar, dass ich meinen Weg gegangen bin, nicht aufgegeben habe, um die richtigen Schlüssel zu finden.  

Teilweise wird bei der Berichterstattung über Sie der Begriff «Saurier» gewählt. Stört Sie das?
Nein, überhaupt nicht. Es ist bekannt, dass der eine oder andere Journalist lustige Wörter oder Formulierungen benutzt, aber damit kann ich sehr gut leben.

Am Freitag bestreitet Gottéron den Spitzenkampf gegen den HC Davos. Was erwarten Sie da?
Eines der schwierigsten Spiele in dieser Saison. Wir haben Anfang Oktober in Davos gegen sie gespielt und 2:4 verloren, es war für mich als Goalie der wohl härteste Match der Saison. Ich erwarte wieder einen harten, schwierigen und engen Match. Der HCD spielt in dieser Saison unglaublich gut, liegt mit grossem Vorsprung auf dem ersten Platz, aber wir haben unser Publikum im Rücken.

Fribourg ist Tabellenfünfter, es hat sich mit dem neuen Coach Roger Rönnberg nicht schlecht angelassen…
Ich finde es cool mit ihm, es wird viel gearbeitet und vor allem auch neben dem Eis beispielsweise mit Videos sehr professionell gehandhabt. Wir sind auf gutem Weg. Aber man darf kein bisschen nachlassen, es ist bis zu Rang 8 oder 9 alles nahe beieinander, und unser Ziel ist ganz klar: Wir wollen und müssen die Regular Season in den Top 6 beenden. Es war ein guter Start, aber wenn man zweimal hintereinander verliert, fällt man sofort zurück.

Das heisst?
In einem Sport, in dem man so viele Spiele bestreitet und so viel los ist, muss die Performance stimmen, muss man besser werden – und dann kommen die Resultate von alleine.

67429885_highres
13. April 2009: Die meisterliche Bierdusche beim HC Davos.

Sie haben vor einer gefühlten Ewigkeit beim HCD gespielt, wurden da 2009 Meister und 2011 Spengler Cup-Sieger. Ist es noch speziell, wenn Sie den Wolfgangpass überqueren?
Das ist immer noch sehr speziell. Davos war für Leonardo Genoni und mich die erste richtige Station in der NLA. Im zweiten Jahr wurden wir Meister, speziell war, dass wir im Final beide regelmässig gespielt haben. Es gibt viele Dinge, die Davos für mich speziell machen. Beim Spengler Cup-Sieg 2011 war ich schon in Biel, und Arno Del Curto fragte mich auch in jener Zeit immer, ob ich an den Spengler Cup kommen möchte. Ja, Davos hat eine spezielle Bedeutung für mich und ich spiele gerne dort. Ich war schon als junger Junior mit dem EHC Bülach jeweils in Davos im Hockey-Lager, auch die U16- oder U17-Trainingslager waren in Davos. Ich fühle mich Davos mega verbunden und spiele gerne in dieser Eishalle. Und deshalb freue ich mich auch dieses Jahr wieder extrem auf den Spengler Cup.

Vor einem Jahr haben Sie das Turnier mit Gottéron gewonnen…
Das war unglaublich. Bis dahin waren wir in der Meisterschaft schwach, bekamen kurz vor dem Spengler Cup mit Lars Leuenberger einen neuen Trainer, und dass wir dann das Turnier gewannen, war extrem cool, auch für unsere mega Fan-Base. Auch für uns als Mannschaft war der Spengler Cup eminent wichtig, danach konnten wir unsere Leistungen durchziehen und schafften es in die Top 6.

Das Turnier hat etwas ausgelöst, oder?

Klar, man hat die zusätzlichen Spiele, während andere eine Pause haben, aber bei uns ist es perfekt aufgegangen. Wir hatten eine super Woche, ein sehr gutes Hotel, waren mit den Familien da und genossen top Wetter. Es hat alles zusammengepasst, auch weil wir nur die zwei Gruppenspiele bestreiten mussten und dann schon im Halbfinal standen. Für uns ist dieser Spengler Cup sensationell aufgegangen.

Die Ambitionen sind auch in dieser Saison riesig, oder?

Wir haben noch nicht darüber geredet, sondern konzentrieren uns auf die Meisterschaft. Aber als Titelverteidiger will man dieses Gefühl gleich nochmals erleben. Ich bin auch extrem gespannt auf dieses College-Team, das dann dabei sein wird. Der Spengler Cup ist ein Highlight, ich habe das Turnier in jungen Jahren auch immer am TV verfolgt. Ich bin dankbar, dass ich nochmals spielen kann.

«Es sind für mich sehr grosse Ziele, dessen bin ich mir bewusst. Doch es ist auch ein realistisches Ziel, überall dabei zu sein und eine wichtige Rolle zu bekleiden»
685827145_highres
Reto Berra will in dieser Saison auch mit der Nati für Furore sorgen.

Ein anderes Thema ist die Nati: Olympia und die Heim-WM stehen auf dem Programm…

Spengler Cup mit Fribourg, Olympia und erstmals eine Heim-WM – ich hatte noch nie eine Saison, die so mit Highlights gespickt ist! Es sind für mich sehr grosse Ziele, dessen bin ich mir bewusst. Doch es ist auch ein realistisches Ziel, überall dabei zu sein und eine wichtige Rolle zu bekleiden. Deshalb bin ich froh und dankbar, dass alles nach meinem persönlichen Plan läuft, genau so habe ich mir das vorgestellt. Mit einem starken Start, so dass die Verantwortlichen sehen, dass sie auf mich zählen können. Dass ich bereit und wahrscheinlich so gut bin wie noch nie. Ich fühle mich abgeklärt, ruhig und habe Vertrauen in mein Spiel.

Danach folgt der Wechsel nach Kloten. Ist es für Sie als ehemaliger Bülach-Junior die Rückkehr zu den Wurzeln?

Es ist wunderschön und wird dann auch mega emotional sein für mich. Kloten war in jungen Jahren mein Herzensklub, ich ging dann zum ZSC, weil mein Goalietrainer von Bülach zum ZSC wechselte und Kloten bereits Top-Goalies hatte. So führte mein Weg zum ZSC, was tipptopp funktioniert hat, aber im Herzen war ich ein grosser Fan von Reto Pavoni und deshalb spiele ich auch mit der Nummer 20. Dass ich mit 39 Jahren zu meinem Bubenklub wechseln kann, ist sehr schön. Aber es ist auch noch weit weg. Aktuell liegt mein Fokus ganz auf Fribourg, denn es ist auch ein Daheim für mich. Im Stadion herrscht die beste Atmosphäre in der ganzen Schweiz. Egal, an welchem Wochentag wir spielen und wer der Gegner ist – das Stadion ist rappelvoll. Es ist ein Privileg für einen Sportler, immer vor vollem Haus spielen zu dürfen. In jungen Jahren ist man da eher nervös, aber ich bin an einem Punkt angelangt, wo man diese Situationen enorm geniesst.  

Bewerte den Artikel
1 Bewertungen
Ihre Stimme wird gezählt.

News-Feed

Lesen Sie auch

Mehr anzeigen

Live-Sport ansehen auf

Sky Sport
Copyright Sky Schweiz SA © 2001-2025. Erstellt von EWM.swiss