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Ist ein Wechsel in die Saudi Pro League nachvollziehbar? Zwei Meinungen!

Immer mehr namhafte Fussballer lassen sich die finale Phase ihrer Karriere in Saudi-Arabien vergolden. Ist dieser Entscheid von Ronaldo, Benzema & Co. nachvollziehbar? Die Sky-Redaktoren Patrick Y. Fischer und Andy Maschek erklären ihre Sichtweisen.

Benzema
Karim Benzema hat bei Al-Ittihad einen Dreijahresvertrag unterschrieben. © IMAGO / ABACAPRESS

Patrick Y. Fischer sagt: Ja

Cristiano Ronaldo (38), Karim Benzema(35) und N’Golo Kanté (32) haben es bereits getan. Romelu Lukaku (30) oder Luka Modric (37) könnten folgen. Die Saudi Pro League hat eine Reihe von Stars mit astronomischen Summen in das u.a. wegen Menschenrechtsverletzungen umstrittene Königreich gelockt. Rechtfertigen die hohen Gehälter also den Wechsel in eine sportliche Entwicklungsliga und in ein Land, dass international in der Kritik steht? Ja – zumindest aus rein kommerzieller Sicht.

Profi-Sport ist ein Geschäft
Wer im Profi-Sport sein Leben bestreitet, weiss: Viel Zeit wird ihm oder ihr nicht bleiben, um sich und die eigene Familie finanziell abzusichern. Zu kurz ist die Dauer einer Karriere, zu hoch das Verletzungsrisiko und zu gross die stetig nachrückende Konkurrenz. Entsprechend muss man die Schäfchen ins Trockene bringen, wenn sich einem die Möglichkeit dazu bietet. Über die Absicherung der eigenen Person und der engsten Angehörigen hinaus gibt es aber noch mindestens einen weiteren Grund, um das finanzielle Potenzial einer Karriere maximal auszuschöpfen. Und zwar sind das geschäftliche Beziehungen zu diversen Spezialisten, die Profi-Sportler:innen zu Zwecken der eigenen Karriereoptimierung unterhalten. Spieleragenten, PR- und Medienberater gehören dazu, genauso wie Rechtsanwälte, Finanzberater, Versicherungsspezialisten, Personal Trainer oder Köche. Oft begleiten diese Experten die Athlet:innen schon in jungen, finanziell weniger lukrativen Jahren. Gegen das Ende einer Karriere kann die Gelegenheit, diese Wegbegleiter noch einmal am Erfolg partizipieren zu lassen, ein zusätzliches Motiv dafür sein, um der finanziell lukrativsten Offerte den Vorzug zu geben.

Qualität hat ihren Preis
UCLA Football Head Coach Henry Russell wusste es schon in den 1930er Jahren: «Winning isn’t everything; it’s the only thing». Wer heutzutage im Profi-Sport aktiv ist, wird mit diesem Mindset zweifelsohne konfrontiert. Mehr noch: Wer damit nicht klarkommt, wird den Traum einer Fussball- oder Sportkarriere irgendwann begraben (müssen). Denn: Wer nicht siegt, hat im Profi-Sport auf Dauer keinen Platz. Da ist es nur logisch, wenn sich das Ziel, der oder die Beste zu sein, nicht selten auch im kommerziellen Bereich akzentuiert. Wer auf dem Platz davon getrieben ist, die Nr. 1 zu sein, möchte diese Position auch abseits von Titelgewinnen und Pokalen bestätigt sehen. Und dies geschieht im Sport in der Regel durch ein entsprechendes Gehalt, wie dies jetzt auch in der Saudi Pro League geschieht. Qualität hat eben ihren Preis.

 

Andy Maschek sagt: Nein

Wie haben wir die Nase gerümpft, als vor einigen Jahren ein alternder Star nach dem anderen nach China wechselte. Das Ziel war klar: den fussballerischen Lebensabend vergolden, nochmals so viel wie möglich abkassieren. Dies in einem Land, in dem der Fussball keine Tradition hat und das Niveau weit weg von den europäischen Top-Ligen ist.

Das neue China
Mittlerweile hat die chinesische Super League diesen Reiz verloren, natürlich vor allem auch bedingt durch die Pandemie. Und nun ist Saudi-Arabien das neue China. Werden die kickenden Stars mit wahnwitzigen Salär-Millionen angelockt. Rund 200 Millionen Euro soll Cristiano Ronaldo bei Al-Nassr im Jahr verdienen. Fast vier Millionen pro Woche. Es sind unvorstellbare, ja unmoralische Summen. Doch Hand aufs Herz: Wer antwortet auf ein Lohnangebot, dass er auch mit weniger zufrieden ist?

So gesehen ist es irgendwie schon nachvollziehbar, wenn sich Fussballer wie Ronaldo, N’Golo Kanté oder auch Karim Benzema – und weitere werden folgen – den Spätherbst ihrer Karriere vergolden lassen. Und dennoch ist es für mich nicht verständlich. Diese Fussballer, die nun mit Millionen gelockt werden, haben längst ausgesorgt und müssen bis an ihr Lebensende nicht mehr arbeiten. Um eine finanzielle Absicherung kann es also ganz sicher nicht gehen, stattdessen ist es wohl wie so oft: Wer schon viel hat, will immer noch mehr, kriegt den Hals nicht voll… Egal, woher diese Millionen kommen, wie streitbar diese temporäre Heimat aus moralischen Aspekten auch ist: Die Augen werden verschlossen, einzig die Kohle zählt. Ungeachtet der Tatsache, dass auch bei ihnen allen das letzte Hemd über keine Taschen verfügt.

Anonymität statt Pauken und Trompeten
Dass das Geld das einzige Argument für einen Wechsel nach Saudi-Arabien ist, ist offensichtlich. Und für Legenden wie Ronaldo & Co. schlecht. Ich war zwar nie ein Fan des Portugiesen, doch ich habe seine Qualitäten auf dem Feld bewundert und ihn auch abseits des Feldes geschätzt, da es immer hiess, er sei sehr sozial eingestellt. Auch von Kanté wurde gesagt, er sei so bescheiden und genügsam. Diese Bilder sind in meinen Augen nun beschädigt. Diese Top-Stars hätten die Möglichkeit gehabt, unter Pauken und Trompeten von der ganz grossen Bühne abzutreten, wo sie in den letzten Jahren für Schlagzeilen gesorgt haben. Stattdessen werden sie ihre Karrieren in Saudi-Arabien beenden. Einem für uns fussballerischen Brach- und Niemandsland. In der Anonymität. Das haben sie aus fussballerischer Sicht eigentlich nicht verdient. Aber sich so ausgesucht.

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