Ist GC noch zu retten? Zwei Meinungen!
Sechs Spiele, vier Punkte und Rang 10 in der Meisterschaft, dazu das Ausscheiden im Cup gegen den FC Sion: Der Grasshopper Club Zürich findet einfach nicht zum Erfolg zurück. Da kann man sich die Frage stellen, ob der einst so stolze Klub noch zu retten ist. Die Sky-Redaktoren Patrick Y. Fischer und Andy Maschek erklären ihre Sichtweisen.
Patrick Y. Fischer sagt: Ja!
Noch zwei Tore. So viel trennen den Grasshopper Club Zürich aktuell vom letzten Platz in der Super League. Der Start in die neue Fussballmeisterschaft ist den Hoppers nicht zum ersten Mal gründlich missglückt. Fans und Kritiker befürchten bereits den zweiten Abstieg in den letzten fünf Jahren – gibt es überhaupt noch Hoffnung für den Rekordmeister? Ja, wenn zwei wichtige Voraussetzungen für sportlichen Erfolg erfüllt werden.
Im Frühjahr 2020 übernahm die Champion Union Holding HK Limited unter der Führung von Jenny Wang die Aktienmehrheit der Grasshopper Fussball AG. Der als Präsident installiert Sky Sun frohlockte: «Innerhalb von fünf Jahren wollen wir an die nationale Spitze.» Aber auch in der mittlerweile dritten Super League-Saison dümpelt der Klub in den hinteren Tabellenregionen vor sich hin. Das angekündigte Ziel wurde bislang meilenweit entfernt, fataler ist jedoch der Eindruck, dass überhaupt nie versucht wurde, die Spitze im Schweizer Klubfussball zu erklimmen. Gerade in einem ultrakompetitiven Umfeld wie dem Profisport bedarf es einer klaren Strategie, klaren Vorgaben und entsprechendem Handeln, um vorwärtszukommen. Nichts von alledem ist bei GC erkennbar. Oder kennen Sie das aktuelle Saisonziel der Hoppers? Es ist höchste Zeit, dass die Besitzerin und ihr im Sommer installierter, neuer Präsident endlich Farbe bekennen. Alles andere wird nicht funktionieren.
Bruno Berner ist seit dem 1. Juli Trainer der Grasshoppers. Bei seiner Vorstellung galt der zweifache Schweizermeister mit GC speziell bei den Fans als Identifikationsfigur und Hoffnungsträger. Nach sechs Niederlagen in neun Pflichtspielen ist davon nicht mehr viel zu spüren. Trotzdem wäre der Grasshopper Club gut beraten, an Berner festzuhalten, wenn der Turnaround gelingen soll. Gemeinsam mit Sportchef Bernt Haas hat der ehemalige Verteidiger die Mannschaft diesen Sommer runderneuert und bis zum letzten Tag der Transferperiode mit insgesamt 15 neuen Spielern bestückt, von denen einige nach Verletzungs- und Länderspielpausen noch nicht ein einziges Mal für die Grasshoppers im Einsatz standen. Kommt hinzu, dass der Kader stark verjüngt und mit Talenten aus dem eigenen Nachwuchs ergänzt wurde. Kein Wunder, passt bei den Hoppers bislang wenig zusammen. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass ein «Berner-Team» nach schwachem Saisonstart doch noch ins Rollen kommt. Mit ihm und einer stärkeren oder möglicherweise sogar neuen Führung besteht die Chance, gestärkt aus dem aktuellen Tief zu treten und eine Basis für die Zukunft zu legen. Genau das muss das Ziel von GC sein.
Andy Maschek sagt: Nein!
Rekordmeister! Rekordcupsieger! Es tönt nach wie vor gut, wie man den Grasshopper Club Zürich bezeichnen kann. Die beiden Rekorde zeugen von einer glorreichen Geschichte – haben aber nichts mit der Realität zu tun: Der letzte Cupsieg liegt zehn Jahre zurück, seit dem letzten Meistertitel sind gar 20 Jahre vergangen. Statt Erfolgsmeldungen gab es in den letzten Jahren Negativschlagzeilen schier ohne Ende, auf dem Rasen und der Teppichetage, vom Abstieg über Spielabbrüche bis hin zu finanziellen Problemen und Besitzerwechsel. Ja, GC war einst ein stolzer Klub, wobei die Bedeutung auf «war» liegt. Denn es sind Tempi passati.
Ist GC noch zu retten? Findet der Traditionsverein jemals aus der Negativspirale hinaus? Hat er in der Super League mittel- bis langfristig eine Zukunft? Ich sage: Nein!
Ich gestehe, dass ich in jungen Jahren ein Anhänger der Grasshoppers war. Es war ein Klub mit einer grossen Aura. Spieler wie Roger Berbig, Claudio Sulser, Heinz Hermann, Raimondo Ponte, Andy Egli oder Ruedi Elsener wurden bewundert. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich am Radio (!) mitfieberte, als die Zürcher das grosse Real Madrid aus dem Meistercup warfen. Weit über 40 Jahre ist dies her – und heute unvorstellbar.
Natürlich, GC verfügt nicht über die finanziellen Mittel, um international zu glänzen, egal, ob der Klub sich nun in Schweizer oder wie aktuell in chinesischen Händen befindet. Ein kleines Vermögen lässt sich nur machen, wenn man mit einem grossen beginnt. Besonders bitter ist aber, dass die Integrationsfiguren, die charismatischen Spieler fehlen, die dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche in GC-Trikots herumlaufen oder kicken. Einzig Captain Amir Abrashi verkörpert im aktuellen Kader den Klub, und das ist schlicht und einfach zu wenig, um eine breite Fan-Basis zu schaffen. 5937 Zuschauer verfolgten im Durchschnitt die ersten drei Heimspiele in der Super League gegen Servette, Basel und Luzern. Mager – und kein Zufall, denn schon in der letzten Saison hatten die Zürcher mit durchschnittlich 6753 Zuschauern hinter Lugano (3353) ligaweit den zweitgeringsten Fanaufmarsch.
Die Entwicklung ist beim Grasshopper Club Zürich alarmierend – sportlich und wirtschaftlich. Spitzenfussball lässt sich so auf Dauer weder spielen noch finanzieren. Der Rekordmeister und -cupsieger würde der Super League natürlich fehlen und kann durch Klubs wie Stade-Lausanne-Ouchy oder Yverdon nicht ersetzt werden. Trotzdem macht es eigentlich mehr Sinn, wenn sich die Zürcher auf die Nachwuchsarbeit konzentrieren, ein Gebiet, in dem sie einst die Nummer 1 waren. Ausser es findet sich ein Mäzen oder eine Investorengruppe, die – zumindest bis vielleicht doch irgendwann in Zürich ein Fussballstadion steht und die Rahmenbedingungen anders sind – à fonds perdu Geld einschiessen und sich einen sportlichen Traum erfüllen wollen.