Lausanne: Wie stark ist Suomela?
In den letzten Jahren glich der Lausanne HC teilweise mehr einem Zirkus als einem seriös-ambitionierten Sportunternehmen. In der Ära des Tschechen Petr Svoboda wurde viel Geld ausgegeben – aber für wenig Erfolg.
Die Ambitionen am Lac Léman waren in den letzten Jahren gross. Man träumte vom Meistertitel, investierte massig Geld, aber der Erfolg blieb aus. 2019 übernahm Petr Svoboda in Lausanne als Sportdirektor, später wurde er auch Mitbesitzer und die grosse Figur im Klub. Einen Namen hatte der Tscheche in diesem Business ja längst, schliesslich hatte er als Spieler eine erfolgreiche Karriere mit 1155 NHL-Spielen absolviert, wurde mit den Montreal Canadiens 1986 Stanley Cup-Sieger und gewann 1998 mit Tschechien Olympia-Gold.
So weit, so gut, nur: Die Ambitionen und die Realität klafften in Lausanne weit auseinander. Es wurde in den letzten Jahren zwar viel Geld investiert, aber mit zu lukrativ dotierten Verträgen ebenso schnell vernichtet – eine nachhaltige, positive Wirkung blieb aus. Stattdessen sorgten zahlreiche, teilweise nur schwer nachvollziehbare Transfers je nach Sichtweise für Unterhaltung oder Unruhe, dazu kamen Trainerwechsel – und nicht das beste Händchen auch bei der Ausländerwahl. Was doch einigermassen erstaunlich ist, da Svoboda als Mann von Eishockeywelt und mit guten Beziehungen (er war Agent von Jaromir Jagr und Denis Malgin) über die besten Voraussetzungen für ein erfolgreiches Wirken verfügt hätte. So aber ging der Meistertitel zwar an den Lac Léman, aber nicht nach Lausanne, sondern zu Servette nach Genf, was natürlich besonders schmerzhaft ist.
Nun gehört die Misswirtschaft Svobodas der Vergangenheit an und lebt natürlich auch die Hoffnung auf bessere Zeiten. Auf der Goalie-Position wurde der zurückgetretene Tobias Stephan durch Connor Hughes ersetzt, der sich letzte Saison bei Gottéron ins Rampenlicht und Nati-Tor gespielt hatte und nun mit dem Letten Ivars Punnenovs ein Duo bildet. In der Defensive sorgen der von Zug ins Waadtland gekommene schwedische Offensivverteidiger Christian Djoos und der schwedisch-amerikanische Doppelbürger Lawrence Pilut, dem nachgesagt wird, dass er über ein immens grosses Kämpferherz verfügt, für frischen Wind und höhere Qualität. In der Offensive ist der Finne Antti Suomela ein vielversprechender Zuzug. Er konnte sich zwar nicht in der NHL durchsetzen (51 Spiele, 15 Punkte), war aber 2017/18 in der finnischen Liiga (60 Punkte in 59 Spielen für JYP) und letzte Saison in Schweden Topskorer (66 Punkte in 51 Spielen für Oskarshamn). Seine Saison 2022/23 in der SHL war sowieso überragend, was folgende Auszeichnungen unterstreichen: MVP, Stürmer des Jahres, meiste Tore (37), meiste Game-Winner 8), meiste Powerplay-Treffer (12). Wenn er diese Leistungen wiederholen kann, dann hat Lausanne auf dem Transfermarkt einen absoluten Glücksgriff getätigt. Andererseits schüren diese Tore und Auszeichnungen auch Erwartungen…
Die Saisonprognose
Rang 11 in der vergangenen Regular Season war natürlich weit weg von dem, was man sich in Lausanne erhofft hatte, was erwartet wird. Doch die Unruhe hat sich im ganzen Verein eingenistet. Nun ist Petr Svoboda weg – kommt auch gleich der Erfolg? Es ist eine zu optimistische Sichtweise. Der LHC muss für die Fehler der Vergangenheit auch in der nächsten Saison noch bezahlen, ein sofortiger Turnaround ist deshalb nur schwierig vorstellbar, auch wenn die Finanzen dank Milliardär Grégory Finger eigentlich keine Rolle spielen sollten. Es braucht eher noch etwas Zeit, bis der Schall und Rauch der explosiven letzten Jahre verzogen ist, der Fokus überall wieder einzig und allein auf den sportlichen Erfolg gerichtet ist und der Klub nicht nur wegen der finanziellen Potenz, sondern vor allem wegen des Erfolgspotenzials zu einer attraktiven Adresse für ambitionierte Spieler wird. Die Lausanner werden das eine oder andere Ausrufezeichen setzen, und es ist auch nicht auszuschliessen, dass sie eine der positiven Überraschungen der Saison werden, vor allem, wenn die Arbeit des in der NHL erprobten Coaches Geoff Ward ihre Früchte trägt. Denn seine Auszeichnungen als Coach of the Year in der AHL (2002/03) und als DEL-Coach der Saison 2014/15 sowie der Gewinn des Meistertitels mit den Adler Mannheim in derselben Saison hat er nicht einfach so erhalten. Wir bleiben aber dennoch zurückhaltend oder gar pessimistisch und tippen auf Rang 11.