Leader Sion und Coach Tholot – eine «amour fou»
Heute Abend treffen sich der FC Basel und die Young Boys zum ersten Gigantenduell in dieser Saison. Doch an der Spitze der Brack Super League steht ein anderes Team: Der FC Sion mit Coach Didier Tholot, bei dem es lange danach ausschaute, dass er das Wallis verlassen muss.
Im Moment ist die Stimmungslage im Rhonetal bestens. Zwei Spiele, Siege gegen Lugano (4:0) und den FC Zürich (3:2) und Platz 1 in der Tabelle. Es passt. Und so erklärte Didier Tholot nach dem Heimsieg gegen Lugano: «Die Spieler wollten zwei Tage frei, ich habe Nein gesagt.» Ein Heimsieg ist in seinen Augen nichts Besonderes: «Ich bin der Meinung, dass wir zu Hause Leistung bringen müssen. Wir müssen nicht unbedingt jedes Mal vier Tore schiessen, aber wir müssen Ergebnisse erzielen. Das ist keine Heldentat, wir haben unseren Job gemacht.»
Und da ist auch noch die Erinnerung ans letzte Championnat, als die Walliser mit Siegen gegen die Young Boys und Lausanne starteten und dann gegen Luzern verloren. Die Saison beendeten sie auf dem neunten Platz und Didier Tholot konnte sich damals wohl nur halten, weil Präsident Christian Constantin für die Saison nach dem Aufstieg den Ligaerhalt als Ziel ausgegeben hatte.
768 Tage im Amt
So ist der Franzose mit den Wallisern in seine dritte Saison in Folge gestartet und nun bereits 768 Tage im Amt. Es ist eine Ewigkeit für den Profifussball im Allgemeinen und den FC Sion im Speziellen, denn in der Regentschaft von Christian Constantin war der Trainerverschleiss bislang äusserst hoch. Auch deshalb stand der Name von Didier Tholot ganz oben, wenn es um die erste Entlassung der Saison ging. Auch vor Thomas Häberli, den Servette bereits gefeuert hat.
Nun steht Tholot mit seinem Team ganz oben statt auf der Liste der arbeitslosen Coaches. Bemerkenswert war, dass der FC Sion gegen Lugano erstmals in diesem Jahr in einem Wettbewerbsspiel ohne Gegentor blieb – im 22. Anlauf! «Ich habe auf dieses erste Zu-Null-Spiel gewartet. Wir haben das erreicht, was man im Fussball braucht. Man kann gut sein, aber man braucht auch Erfolg, und den haben wir im Moment. Auch wenn man ihn provozieren muss, und das tun wir, indem wir uns festklammern», erklärte Tholot nach dem Sieg gegen Lugano. Er habe Spieler gesehen, die Fehler gemacht, nicht alles geschafft, aber nie aufgegeben hätten. Aufgrund des gelungenen Starts werde man nun nicht den Boden unter den Füssen verlieren «und uns nicht zu sehr begeistern, denn nichts war perfekt».
Konstante im turbulenten Umfeld
Nach den beiden Siegen sitzt Didier Tholot fest im Sattel, doch die Vergangenheit hat mehrfach gezeigt, dass eine Jobsicherheit beim FC Sion meistens trügerisch ist. Schon vor der Saison war lange nicht klar, ob Tholot in Amt und Würden bleibt, bis Präsident CC sagte: «Es gibt im Hinblick auf die neue Saison viele Dinge zu verbessern. Aber ja, ich werde dennoch definitiv mit Didier weitermachen. Er hat ja noch ein Jahr Vertrag.»
Verträge waren beim FC Sion in der Vergangenheit oftmals nicht viel mehr als ein Stück Papier, doch in Verbindung mit Didier Tholot ist vieles anders. Die Beziehung zwischen dem Präsidenten, seinem Klub und dem Trainer ist eng, es scheint eine «amour fou» zu bestehen, die über Jahre hinweg besteht. Nach Constantions Comeback als Präsident der Walliser vor 22 Jahren wurde Tholot Spielertrainer in der Challenge League. 2009, 2014 und 2023 kehrte der Franzose ins Unterwallis zurück und wurde so eine konstante Grösse in einem oftmals turbulenten Umfeld. «Wir sind beide Arbeitersöhne. Wir haben viel Respekt füreinander und ähnliche Wertvorstellungen von der Arbeit. Wenn es klappt, dann ist es gut. Wenn es nicht klappt, trennt man sich. So einfach ist das. Ohne Theater. Wir sind immer im Guten auseinandergegangen», erklärte Tholot im Blick einmal die Magie zwischen ihm und seinem Boss. «Wir reden mindestens drei Mal die Woche miteinander. Der Austausch ist regelmässig.»
Der Saisonstart ist dem FC Sion nun geglückt, das sorgt im begeisterungsfähigen Wallis natürlich für Träume. Allerdings stehen bis Ende August wegweisende Spiele an: am Sonntag trifft der FC Sion auswärts auf YB, danach folgen Heimspiele gegen Servette und den FCB und dazwischen der Cup-Match gegen Ajoie-Monterri (2. Liga interregional). Surfen die Walliser auch dann noch auf der Erfolgswelle, sitzt Tholot noch fester im Sattel. Andernfalls könnte er sich aber schon schnell wieder auf einem Schleudersitz befinden.