Los Suizos olé: 6 Erkenntnisse nach dem 4:2 gegen Mexiko
Zweiter Testspielerfolg in Folge für die Schweizer Nationalmannschaft. In Salt Lake City, Utah, bezwang die Mannschaft von Trainer Murat Yakin Mexiko mit 4:2 und überzeugte dabei wie zuletzt gegen Luxemburg immerhin teilweise. Sechs Erkenntnisse nach einem zuweilen wilden Ritt in den amerikanischen Rockies.
Es ist kompliziert
Auch nach dem zwölften Länderspieleinsatz von Gregor Kobel lässt sich sagen: Der Stammkeeper der Dortmunder Borussia und die Schweizer Nationalmannschaft – das passt irgendwie noch nicht so richtig zusammen. Dabei war der 27-Jährige Zürcher gestern Abend lange Zeit gut unterwegs, rettete der Schweiz in der ersten Halbzeit gleich zweimal mit hervorragendem Stellungsspiel die knappe Führung. Doch dann erwischte ihn in der 75. Minute Angel Sepulveda mit einem Schuss in der nahen Ecke, denn Kobel auch schon gehalten hat. Kein Beinbruch und auch sicher kein Ball, den ein Torhüter zwingend halten muss. Aber halt doch ein kleiner Rückschlag an einem amerikanischen Nachmittag, an dem der 1,96m grosse Keeper lange Zeit vieles richtig machte.
Aufbauarbeit
Nein, im Formhoch stiessen Aurèle Amenda (Eintracht Frankfurt), Silvan Widmer (FSV Mainz) und Fabian Rieder (VfB Stuttgart) Anfang Woche nach einer durchs Band schwierigen Bundesligasaison mit Sicherheit nicht zur Nationalmannschaft. Und doch erhielten alle drei in Salt Lake City die Gelegenheit, sich zu beweisen. Coach Murat Yakin machte aus der Not quasi eine Tugend und stärkte so drei Spieler, die für ihn und die Nati in Zukunft noch wichtig werden könnten. Amenda und Rieder, weil sie aufgrund ihrer Jugendlichkeit das Gesicht der Mannschaft in den kommenden Jahren mitprägen können, Widmer, weil er auf der womöglich schwächsten Position im Schweizer Team noch immer die möglicherweise beste personelle Alternative darstellt. Immerhin gestern zahlte sich des Trainers Vertrauen auch aus. Alle drei hatten einen Anteil am 4:2-Erfolg der Schweizer.
Luft nach oben
Gesagt werden muss allerdings auch – die personellen Alternativen, die Yakin gestern im Verlauf der Partie in der Defensive einbaute, haben durchaus noch Luft nach oben. Weder Ulisses Garcia, der in der zweiten Hälfte Ricardo Rodriguez ersetzte, noch Cédric Zesiger, der nach gut einer Stunde für Manuel Akanji kam, wussten ihre Chance nachhaltig für sich zu nutzen. Garcia hatte mit einem missglückten Klärungsversuch sogar direkten Anteil am zwischenzeitlichen Ausgleich der Mexikaner (51.) und verpasste es im Anschluss, die ihm gewährten Freiheiten in der Offensive zu nutzen. Augsburg-Legionär Zesiger wiederum hatte mehr als einmal Probleme mit den wirbligen Angreifern der Nordamerikaner. Allerdings war die Aufgabe für die Beiden auch nicht einfach. In der Konstellation Garcia-Zesiger-Amenda-Widmer/Blondel dürfte die Schweiz in der Defensive so schnell nicht mehr auflaufen.
Zweiminuten-Debüt
Da war es also, dass viel erwartete „mehr-als-ein-Minuten-Nati-Debüt“ von Newcomer Ardon Jashari. In seinem insgesamt dritten Länderspiel erhielt der Zentralschweizer erstmals etwas Auslauf und durfte nach der Pause Captain Granit Xhaka ersetzen. Er tat dies mit viel Engagement und etwas Nervosität, nachdem er zu Spielbeginn etwas überraschend auf der Bank Platz nehmen musste. Nach der einen oder anderen etwas überhasteten Aktion unmittelbar nach der Pause deutete Belgiens Spieler der Saison in der besten Schweizer Phase zwischen der 60. und 75. Minute jedoch an, dass er für die Nati in Zukunft durchaus ein Gewinn sein könnte. In der Schlussphase verschwand er etwas von der Bildfläche, als die Mexikaner nach dem Anschlusstreffer zum 2:3 noch einmal alles nach vorne warfen.
Teamspirit
Klar, über Wichtigkeit, Richtigkeit und Wert dieses 4:2-Testspielerfolges kann man sich streiten. Unbestritten ist jedoch, dass sich die Schweizer Nationalmannschaft gestern durch einen sehr positiven Teamgeist auszeichnete, der nach jedem Schweier Treffer deutlich sichtbar wurde. Da stand gestern eine Nati auf dem Platz, die sich über jedes der vier Erfolgserlebnisse mit schon fast überbordendem Enthusiasmus freute und in der jeder einzelne Akteur dem anderen das persönliche Highlight gönnte. Dass aufgrund der eigentlich unbedeutenden USA-Reise die Sommerferien noch einmal zehn Tage länger warten müssen, war gegen Mexiko nicht zu spüren, was durchaus als weiteres positives Zeichen gewertet werden darf.
Emociones
Von einem unbedeutenden Testspiel wollten auch die Mexikaner relativ wenig wissen. Zumindest ab dem Zeitpunkt, als sie durch Santiago Giménez (51.), den 1:1-Ausgleich erzielten. Plötzlich erhielten die Schweizer einen Vorgeschmack dessen, wie laut und emotional 40‘000 mexikanische Fans auch in einem nur zu zwei Dritteln gefüllten Stadion werden können. Fast schon hektisch wurde es dann nach dem fälschlicherweise anerkannten Führungstor durch Zeki Amdouni, der in der 64. Minute aus klarer Abseitsposition das 2:1 für die Schweiz erzielte. Trainer Javier Aguirre beschwerte sich bis in die letzten Spielminuten über den irregulären Treffer, der ihn möglicherweise noch heute beschäftigt. Was wäre wohl passiert, hätte er seine ganz Energie darauf fokussiert, die Mexikaner noch einmal zurück ins Spiel zu coachen? Immerhin erhielt die Nati so einen kleinen Vorgeschmack darauf, was sie auch in einem Jahr erwarten könnte, sollte sie sich für die WM 2026 qualifizieren und dort dann in eine Gruppe mit Co-Gastgeber Mexiko gelost werden.