Making a Difference: Kobel, Xhaka und ein schwedischer Verteidiger
Mit 4:1 besiegte die Schweiz gestern Abend Schweden und machte damit den wohl entscheidenden Schritt zur WM 2026. Doch so ungefährdet, wie es das Ergebnis vermuten lässt, marschierte die Nati am Samstag nicht in Richtung Nordamerika. Zwischen der 35. und der 60. Minute hätte die Partie den Schweizern auch entgleiten können - doch drei Szenen und Akteure entschieden das Spiel schliesslich zugunsten unserer Nationalmannschaft.
45. Minute: Gregor Kobel hält die Eins fest
Nein, ein Spiel für Gregor Kobel war das gestrige Duell mit Schweden nicht. Denn während einer halben Stunde trauten sich die ihrer gefährlichsten Offensivakteure beraubten Skandinavier (Gyökeres und Isak fehlten während über einer Stunde, bzw. komplett) kaum aus der eigenen Hälfte und als sie es dann doch einmal taten, trafen sie prompt zum 1:1. Benjamin Nygren bezwang den BVB-Keeper aus kurzer Distanz mit einem trockenen Schuss, den ein Torhüter vom Format eines Kobel zwar nicht halten muss, aber vermutlich auch schon gehalten hat. Der Ausgleich zeigte Wirkung und wer weiss, wie sich die Partie entwickelt hätte, wären die Schweden kurz vor der Pause auch noch in Führung gegangen. Alexander Bernhardsson (45.) bot sich nach einem per Kopf verlängerten Abschlag die grosse Chance dazu, doch Kobel behielt im 1:1 mit dem Kiel-Legionär zum Glück die Oberhand. Ein ganz wichtiger Moment im Drehbuch des gestrigen Schweizer Triumphes, auch wenn nach der Partie fast niemand mehr von dieser Szene sprach.
58. Minute: Vielen Dank, Gabriel Gudmundsson
Insgeheim hatten es die Schweden vielleicht geahnt. Schliesslich ist es durchaus überraschend, wenn ein Premier-League-Stammverteidiger wie Gabriel Gudmundsson (Leeds United) in einer unterbesetzten skandinavischen Defensive erst einmal auf der Ersatzbank Platz nehmen muss. Schlussendlich schlug die Stunde des 26-jährigen Linksverteidigers doch noch – als Ersatz für den zuvor auf Rechts verteidigenden Bologna-Söldner Emil Holm, der ab der 50. Minute verletzt passen musste. Keine zehn Minuten später unterlief Gudmundsson jener Fauxpas, der das zu jenem Zeitpunkt ziemlich offene Duell der beiden Kontrahenten mitentscheiden sollte. Auf der linken Abwehrseite übersah er beim zu kurzen Rückpass auf Torhüter Johansson den aus zentraler Position heranbrausenden Breel Embolo, der die anschliessende leichte Kollision mit dem Stoke-City-Keeper gerne annahm. Elfmeter und damit der Anfang vom schwedischen Untergang in der letzten halben Stunde.
60. Minute: Captain Granit wie ein Boss
So langsam begann sich der eine oder andere Schweizer Fan im weiten Genfer Rund wohl Sorgen zu machen. Sorgen über eine geplatzte WM-Party, über eine mögliche Niederlage gegen kämpferische «Tre Kronor» und über ein drohendendes Quali-Endspiel am Dienstag im Kosovo. Den der führte in Slowenien schon seit über einer Stunde mit 1:0 und agierte mittlerweile in Überzahl, während dem Schweizer Spiel irgendwie die Souveränität abhanden gekommen war. Doch dann präsentierte Schweden-Verteidiger Gabriel Gudmundsson der Nati die Vorentscheidung quasi auf dem Silbertablett – und Granit Xhaka sagte gerne «danke». Der Mann, der sich einst vor neun Jahren nach einem fatalen EM-Fehlschuss gegen Polen in den «Penalty-Hintergrund» zurückzog, schnappte sich zum zweiten Mal innert fünf Wochen den Ball und verwandelte mit einer Überzeugung, wie sie Xhakas phänomenale Entwicklung in den letzten drei Jahren nicht besser hätte illustrieren können. Kein Zweifel und kein unnötiges Drama, stattdessen Abgeklärtheit und totale Führungsstärke. Und wo sich eben noch aufkommende Nervosität mit der relativ milden Genfer Novemberluft vermischte, legte Xhaka mit dem 2:1 die Basis für einen schlussendlich ungefährdeten Erfolg und die sehr wahrscheinliche WM-Qualifikation. «Mit einem Bein» sei man bereits in den USA, gab der Captain nach dem Spiel zu Protokoll. Wir dürfen sehr zuversichtlich sein, dass der Sunderland-Legionär und seine Teamkollegen am Dienstag sicherstellen werden, dass die Schweiz im Kosovo auch das zweite Bein über die Ziellinie bringen wird.