Manchester-Derby: Druck, Super-Bomber und Fragezeichen bei den Goalies
Am späten Sonntagnachmittag blicken viele Fussballfans gebannt nach Manchester zum Derby zwischen City und United, wo es um Prestige und Punkte geht – und darum, in der Meisterschaft nicht schon früh in Rücklage zu geraten.
Weder Pep Guardiola und seine Citizens noch Ruben Amorim und die Red Devils sind standes- oder gar wunschgemäss in die Saison gestartet. Manchester City verlor in den ersten drei Runden bereits gegen Tottenham und Brighton, Manchester United zog gegen Arsenal den Kürzeren und spielte gegen Fulham remis. Siegreich blieben die beiden ambitiösen Klubs nur gegen Wolverhampton (ManCity) respektive Burnley (ManU). Es ist definitiv zu wenig für die hohen Ansprüche dieser Starensembles und so stehen beide Teams vor dem Derby unter Druck. Weitere Punktverluste könnten schon früh in der Saison den Rückstand auf Leader Liverpool (trifft auf Aufsteiger Burnley) auf neun respektive acht Punkte vergrössern.
Haaland oder Sesko?
Es geht also um mehr als Ruhm und Ehre in diesem Derby Nummer 197. Aktuell spricht die Statistik für United (80 Siege), während City 62 Mal die Oberhand behielt, 54 Duelle endeten unentschieden. So war es auch im bislang letzten Zusammentreffen am 6. April (0:0). Und am Sonntag? Da hoffen natürlich alle auf viel Spektakel und werden viele Augen auf die Mittelstürmer und die Torhüter gerichtet sein. Bei Manchester United greift an vorderster Front der Slowene Benjamin Sesko an. Er kam im Sommer für kolportierte 76,5 Millionen Euro aus Leipzig, hat aber in dieser Saison weder in der Meisterschaft, noch im EFL-Cup für seinen neuen Arbeitgeber oder für sein Nationalteam gegen Schweden und die Schweiz getroffen. Bei der 0:3-Niederlage gegen die Nati liess er zwar ab und zu seine Klasse aufblitzen, doch für einen Mann dieser Preisklasse war es definitiv zu wenig.
Vor dem Duell der Super-Bomber präsentiert sich da Erling Haaland ganz anders. In der Premier League hat der Norweger bereits dreimal eingenetzt, fürs norwegische Nationalteam erzielte er zuletzt den Siegtreffer gegen Finnland und traf gleich fünfmal gegen Moldawien. Es war ein eindrückliches Zeichen des Torminators und eine eindrückliche Warnung an United!
Goalie-Dilemma bei ManU
Gespannt sein darf man auch auf die Torhüter. United hat Pannen-Keeper André Onana an den türkischen Erstligisten Trabzonspor ausgeliehen. Der Kameruner, der 2023 für über 50 Millionen Euro von Inter Mailand zu ManU gekommen war, wurde zu Beginn dieser Saison durch den Türken Altay Bayindir ersetzt, bei dem aber äusserst fraglich ist, ob er die Qualität hat, in der wohl weltbesten Liga eine Nummer 1 zu sein. Zudem nahmen die Red Devils am Deadline Day mit Senne Lammens von Royal Antwerpen einen weiteren Goalie unter Vertrag, der aber noch sehr unerfahren ist. Die aussergewöhnlichste Wahl wäre definitiv Routinier Tom Heaton (39), der letztmals in der Saison 2019/20 in der Premier League zum Einsatz gekommen ist, damals noch für Aston Villa. Man darf definitiv gespannt sein, wen Ruben Amorim am Sonntag ins Tor stellt – ein Risiko ist es so oder so.
Fragezeichen gibt es auf der Goalie-Position auch bei den Citizens. Nach dem Wechsel von Ederson zu Fenerbahce hat Pep Guardiola zu Beginn dieser Saison dem 22-jährigen James Trafford, der im Sommer von Aufsteiger Burnley zurückgeholt worden war, das Vertrauen geschenkt. Am Ende des Transferfensters wurde aber nachgebessert und der bei Paris Saint-Germain ausgemusterte Star-Keeper Gianluigi Donnarumma verpflichtet. Die Dienste des Italieners wurden schon fast vergoldet, bei den Skyblues soll er gemäss der italienischen Tageszeitung La Repubblica bis 2030 unglaubliche 78 Millionen Euro netto verdienen – es wäre das Goalie-Rekordsalär. Zieht City die Option für ein weiteres Jahr, gibt es weitere 19 Millionen Euro, zudem sind Prämien bis zu drei Millionen pro Jahr möglich.
Donnarumma: «Bin für diese Herausforderung bereit»
Auch wenn Donnarumma unmittelbar nach einer Unterschrift ins italienische Nationalteam einrückte und sein neues Team erst jetzt kennenlernte, wird er wohl ab sofort die neue Nummer 1 sein. Entsprechend voller Lobes äusserte er sich in seinem ersten Interview gegenüber den Klub-Medien. Er machte deutlich, wie sehr er sich darauf freut, von Pep Guardiola trainiert zu werden: «Ich denke, seine Geschichte spricht für sich. Die Tatsache, dass er mich hier haben wollte, ist ein Grund, stolz zu sein. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl. Von ihm trainiert zu werden, ist meiner Meinung nach das Beste, was einem Fussballspieler passieren kann. Ich bin mir sicher, dass er mir sehr helfen wird und wir gemeinsam Grosses erreichen werden, sowohl in dieser Saison als auch in den folgenden Jahren.» Er freue sich darauf, nun erstmals in der Premier League zu spielen: «Es ist ein neues Kapitel in meinem Leben und meiner Karriere. Ich bin bereit für diese Herausforderung und habe immer davon geträumt, in der Premier League zu spielen, da es die beste Liga der Welt ist.»
So weit, so gut. Doch nun muss er den Worten Taten folgen lassen. Und da wartet definitiv eine Herausforderung auf den Italiener und sein neues Team, zumal die Citizens, die durch die Abgänge von Ederson, Manuel Akanji, Kyle Walker, Ilkay Gündogan und vor allem auch Kevin De Bruyne viel Qualität und Leadership verloren haben, nun auch noch von grossen Verletzungssorgen geplagt werden. Stürmer Omar Marmoush fällt aufgrund einer Knieverletzung und Rechtsaussen Rayan Cherki mit einer Oberschenkelverletzung für das Derby aus, Phil Foden und Savinho sowie diverse andere Stars sind angeschlagen und fraglich. Spannung und Brisanz sind für dieses Derby also garantiert.