Nationenwechsel mit Signalwirkung?
Nach dem Traumstart in die WM-Qualifikation feierte die Schweiz zuletzt auch einen Sieg neben dem Rasen: Der Luzerner Adrian Bajrami (23) entschied sich gegen Albanien und für die Schweiz und steht nun erstmals im Nati-Aufgebot.
Das Werben um Spieler mit zwei Pässen hat rund um die Schweizer Nati seit Jahren Tradition. Einst entschieden sich spätere Stars wie Ivan Rakitic und Mladen Petric (beide Kroatien) oder Roberto Di Matteo (Italien) für das Land, wo ihre Familien ihre Wurzeln hatten, zudem setzten beispielsweise Shkelzen Gashi, Taulant Xhaka, Amir Abrashi oder Berat Djimsiti auf Albanien und Zdravko Kuzmanovic auf Serbien, nachdem sie zuvor den Schweizer Nachwuchsnationalteams angehört hatten.
Nicht alle diese Entscheide sorgten für fette Schlagzeilen, denn nicht jeder dieser Spieler wäre wohl in der Nati eine fixe Säule gewesen. Emotional sind solche Diskussionen aber alleweil, dies auch zuletzt, als sich die Talente Eman Kospo (18, Bosnien), Leon Avdullahu (21) und Albian Hajdari (22, beide Kosovo) vom SFV abwendeten.
Grosse Konkurrenz
Entsprechend spielt rund um die Nati immer wieder auch die Doppelbürgerthematik mit und so sagte Nati-Direktor Pierluigi Tami kürzlich: «Wir überlegen uns, was wir besser machen können. Am Ende des Tages ist das Timing entscheidend.» Die Ausbildung geniessen die meisten Doppelbürger hierzulande und spielen so bis zur U21 für die Schweiz. Wenn sie dann nicht in die Schweizer A-Nati berufen werden, wechseln sie teilweise zur anderen Nation. «Manchmal ist die Chance da, dort sofort Stammspieler zu sein. Bei uns ist die Konkurrenz gross. Ich habe Verständnis, wenn ein anderer Weg genommen wird», so Tami. Oder frei nach dem Motto «lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach».
Umso wertvoller ist es, dass nun ein Spieler den umgekehrten Weg geht: der Luzerner Adrian Bajrami. Seine fussballerischen Wurzeln hatte er in Langenthal, dann wechselte er in den Nachwuchs der Young Boys und zog bereits mit 16 Jahren nach Lissabon weiter, um sich in der Akademie von Benfica Lissabon zu entwickeln. Sieben Jahre reifte er in Portugal, schaffte es bis zu den Profis, kam im Juni an der Klub-WM gegen Auckland und Bayern München zu Einsätzen und wechselte im Sommer zum FC Luzern, wo er mittlerweile einen Vertrag bis 2028 unterschrieben hat.
Bis zur U18 verteidigte Bajrami für die Schweiz, wechselte dann in die Nachwuchsauswahlen Albaniens und kam in der «A-Nati» zu drei Einsätzen in Freundschaftsspielen – und nun entschied er sich zum erneuten Nationenwechsel und für eine Zukunft in der Schweizer Nati. «Er hat bis zur U18 noch bei uns gespielt, dann hat er einen anderen Weg eingeschlagen. Wir waren aber mit ihm im Austausch und für ihn war klar, dass er seine Chance mit der Schweiz nutzen will», so Tami. «Jetzt hat ihm Murat diese Chance gegeben. Nun schauen wir, wie er sich entwickelt», so Tami.
Und was gab den Ausschlag für die Schweiz? «In der Schweiz bin ich geboren und aufgewachsen. Sie ist meine Heimat», sagte Adrian Bajrami nun gegenüber dem «Blick». Seit er beim FC Luzern spiele, spüre er umso mehr, wie wohl er sich hier fühle. «Meine Wurzeln in Albanien kann ich nicht, will ich nicht und werde ich auch nie verstecken, ich bin stolz auf sie. Aber grundsätzlich ist klar, dass ich mich in der Schweiz zu Hause fühle.»
Talentmanager für Doppelbürger?
Wer weiss, vielleicht ist es ja auch ein Nationenwechsel und ein Entscheid mit Signalwirkung, zumal beim SFV gerüchtehalber Gedanken bestehen, einen Talentmanager für Doppelbürger zu installieren. Einen Platz in der A-Nati kann man keinem Spieler garantieren, doch wer sich dort festsetzt, hat gute Perspektiven. Die Nati schaffte mit verblüffender Regelmässigkeit die Qualifikation für Grossanlässe und spielte im Konzert der Grossen mit, was auch für jeden einzelnen Nationalspieler eine wertvolle Bühne ist.
Mit Adrian Bajrami gehört nun ein weiterer Spieler mit guten Perspektiven zur Nati, dies auf der Position des Innenverteidigers, wo momentan kein Weg an Manuel Akanji und Nico Elvedi vorbeiführt und mit dem Stuttgarter Luca Jaquez (22), der für die Spiele gegen Schweden und Slowenien ebenfalls erstmals von Murat Yakin aufgeboten wurde sowie Frankfurts Aurèle Amenda (22) weitere grosse Talent bereit stehen. Es sieht also ganz danach aus, dass die Nati in der Innenverteidigung für die Zukunft gerüstet ist. Dies auch dank Doppelbürgern: Denn Luca Jaquez besitzt neben dem Schweizer Pass auch jenen der Dominikanischen Republik und die Wurzeln von Aurèle Amenda liegen in Kamerun.