Navarros offensiver Stil findet bei den Spielerinnen Anklang
Das Schweizer Frauen-Nationalteam bestreitet am Dienstag in Jerez das letzte Länderspiel des Jahres. Die Partie gegen Wales steht nach dem Tod von Rafel Navarros Vater im Zeichen der Trauer.
Es war noch nicht der Fussball, den sich Rafel Navarro vorstellt. Zu wenig Durchschlagskraft und zu wenig Ideen entwickelten seine Spielerinnen am Freitagabend in der Offensive. In der Defensive zeigten sie sich bei den Gegentoren zu anfällig. Das Resultat war eine 1:2-Niederlage gegen Belgien beim Debüt des neuen Trainers an der Seitenlinie.
Es verwundert wenig, dass Navarros Spielphilosophie noch nicht im Schweizer Team implementiert ist. Zu kurz war die Zeit, die er beim ersten Zusammenzug der Nati unter seiner Führung zur Verfügung hatte. Und doch war in gewissen Sequenzen und vor allem in der Ausrichtung des Teams zu sehen, wofür der 39-jährige Katalane steht: Ballbesitz, Dominanz, Offensivfussball.
In Barcelona arbeitete Navarro in den letzten sechs Jahren mit einigen der besten Spielerinnen der Welt zusammen, unter ihnen die mehrfachen Weltfussballerinnen Aitana Bonmati und Alexia Putellas. Als Assistenztrainer betreute er auch Ana-Maria Crnogorcevic und zuletzt Sydney Schertenleib. "Er lebt den Fussball. Seine Übungen machen Spass", sagt Crnogorcevic anlässlich eines Medientermins. Riola Xhemaili, die unter Navarros Vorgängerin Pia Sundhage zeitweise einen schweren Stand hatte, spricht von einer "anderen Spielphilosophie als wir vorher gehabt haben".
Sundhage legte viel Wert auf Disziplin und defensive Stabilität, Navarro ist ein Verfechter des Offensivfussballs. Letzteres kommt bei den Spielerinnen gut an. "Er will sehr viel mit dem Ball machen, sucht stets Lösungen. Das ist cool", sagt etwa Géraldine Reuteler.
In den vergangenen Tagen leitete jedoch nicht Navarro die Einheiten, sondern Athletik- und Co-Trainer Norbert Callau. Grund dafür war ein familiärer Notfall: Navarros Vater verstarb am Freitagabend nach langer Krankheit, wie der SFV am Montagabend mitteilte. Navarro reiste direkt nach dem Spiel gegen Belgien ab und stiess erst am Montagnachmittag wieder zum Team. Der Sport rückt in solchen Momenten selbstredend in den Hintergrund.
Und doch wartet am Dienstag das zweite Testspiel unter der Leitung des neuen Cheftrainers. Gegner ist Wales. Die Britinnen kamen bei der EM im Sommer in der Hammergruppe mit dem späteren Europameister England, Frankreich und den Niederlanden unter die Räder und mussten ohne Punkte die Heimreise antreten. In bisher sieben Duellen mit Wales ging die Schweiz noch nie als Verliererin vom Platz.
Ein Testspiel im Dezember mag im Jahr mit der Heim-EM und in Anbetracht der Umstände um Navarro als unwichtig erscheinen, was auch die Anspielzeit um 12.00 Uhr suggeriert. Im Hinblick auf die im März beginnende WM-Qualifikation aber ist die Partie gegen Wales bedeutender, als es die Rahmenbedingungen erahnen liessen.