SCB und EVZ: Zwei Giganten wanken
Den Heimvorteil haben der SC Bern und der EV Zug zum Auftakt ihrer Viertelfinals an Gottéron respektive den HC Davos abgegeben und liegen nun mit 0:2 zurück. Heute sind die beiden Giganten schon fast zum Siegen verdammt, wenn nicht bereits am Donnerstagabend die Ferien beginnen sollen.
In der Theorie starteten die Berner und die Zuger als Favoriten in diese Viertelfinals, schliesslich hatten sie die Regular Season etwas besser abgeschlossen. Es ist aber eine Charakteristik dieser Saison, dass jeder jeden bezwingen kann. So wie in diesen Serien, in denen Gottéron und der HCD zum Auftakt auswärts knapp gewannen, im zweiten Spiel daheim nachdoppelten und die Weichen in Richtung Halbfinals stellten. Doch gerade in den Playoffs müssen Serien bekanntlich bis zum bitteren oder süssen Ende durchgespielt werden. Oder: Die Hoffnung stirbt zuletzt – egal bei welchem Klub.
Funktionierendes Kollektiv
Die Freiburger haben in den ersten zwei Spielen dieser Serie gegen den Erzrivalen SCB gezeigt, dass grosse Qualität in ihnen steckt, dass sie die Regular Season vom Potenzial her auf jeden Fall besser als auf Rang 6 hätten abschliessen können. Und sie treten in den Playoffs als funktionierendes Kollektiv auf, kämpfen füreinander und haben unterstrichen, dass sie daheim und auswärts ihr Spiel durchziehen können.
Ein Trumpf, auf den Headcoach Lars Leuenberger immer wieder setzen kann, ist die Paradelinie mit den Schweden Lucas Wallmark und Marcus Sörensen und dem Eigengewächs Sandro Schmid. Das Trio hat bereits wieder für viel Gefahr, zahlreiche Tore und Assists gesorgt und in den zwei Spielen acht Skorerpunkte realisiert: vier durch Schmid und Sörensen, drei durch Wallmark.
Lucas Wallmark, der Topskorer der Regular Season, ist auch der Spieler, der am meisten den Abschluss sucht; er hat in den ersten beiden Begegnungen bereits zehnmal aufs SCB-Tor geschossen. Unmittelbar hinter ihm folgt Verteidiger Yannick Rathgeb mit neun Versuchen. Während die Effizienz bei Wallmark bei 20 Prozent liegt, beträgt sie bei Rathgeb null Prozent. Eifrigster Schütze bei den Mutzen ist Austin Czarnik mit sieben Torschüssen, allerdings ohne Erfolg.
Die Effizienz machte in den ersten beiden Viertelfinalpartien denn auch den Unterschied aus. Gottéron war bei 69 Torschüssen sieben Mal erfolgreich, was eine Erfolgsquote von 10,14 Prozent ergibt. Der SCB versuchte sein Glück ebenso 69 Mal, die Effizienz betrug aber bei drei Toren lediglich 4,35 Prozent.
Wieder Reideborn? Oder doch Wüthrich?
Diese Zahlen widerspiegeln sich auch in den Statistiken der Torhüter. Reto Berra hat in den ersten zwei Spielen 95,65 Prozent der gegnerischen Schüsse pariert, Adam Reideborn kommt auf 90,32 Prozent und Philip Wüthrich auf 89,47 Prozent. Und die Torhüter könnten bei den Bernern heute ein Thema sein. Im letzten Duell setzte Coach Jussi Tapola auf den Schweden Adam Reideborn, «vergab» so eine Ausländerlizenz und opferte seinen Paradesturm mit dem nun überzähligen Schweden Victor Ejdsell, Austin Czarnik und Marco Lehmann. Was nun? Wen setzt Tapola heute ein, im vielleicht letzten Heimspiel der Saison? Stellt er wieder Philip Wüthrich ins Tor, um sechs Import-Feldspieler bringen zu können? Es wäre der am wenigsten überraschende Entscheid von Tapola, der unter Zugzwang ist. Ein 0:4 im Viertelfinal gegen Gottéron würde viele Fragen aufwerfen und für einen ungemütlichen Frühling und Sommer sorgen, vielleicht sogar seinen weiterlaufenden Vertrag beim SCB in Frage stellen. Doch noch ist es nicht so weit, sind es nur Theorien und Gedankenspiele im Konjunktiv.
Ladehemmung und Verletzungen
Ebenfalls mit dem Rücken zur Wand steht der EV Zug gegen den HC Davos. Das 1:5 am Sonntag im Bündnerland war eine schallende Ohrfeige. Nun sind die Zentralschweizer gefordert, um die Ära mit dem nach Schweden ziehenden Coach Dan Tangnes nicht mit einem bitteren Misserfolg enden zu lassen. Dass der Norweger in der Serie gegen den HCD mit seinem Lehrling und Freund Josh Holden an der Bande so tief im Schlamassel steckt, ist einerseits der Ladehemmung von Leadertypen wie Grégory Hofmann, Dario Simon, Daniel Vozenilek oder Lino Martschini geschuldet, andererseits aber auch dem Verletzungspech.
In Davos fehlten die Stammverteidiger Dominik Schlumpf, Lukas Bengtsson und Tobias Geisser sowie die wichtigen Stürmer Jan Kovar, Mike Künzle und Fabrice Herzog. In Davos zog sich zudem Verteidiger Niklas Hansson eine Blessur zu und droht nun auszufallen. Am Montag absolvierten immerhin Kovar, Geisser, Künzle und Schlumpf ein kurzes Eistraining, so dass der eine oder andere im dritten Spiel vielleicht wieder zum Einsatz kommt.
Wie reagiert Genoni?
Gerade die Verteidigung ist dringend auf Verstärkung angewiesen. In Davos kassierte Goalie Leonardo Genoni innert 16 Sekunden zwei Treffer und wurde dann durch Tim Wolf ersetzt. Headcoach Tangnes wollte so seinen Keeper wohl im Hinblick auf die nächsten Spiele schützen – und seinem Team einen Impuls geben. So wie vor einem Jahr im ersten Halbfinal-Duell gegen die ZSC Lions, als der Norweger seinen Torhüter im ersten Spiel gegen die ZSC Lions in der 38. Minute nach zwei Powerplay-Treffern innert 100 Sekunden und beim Stand von 1:4 erlöste. Die Massnahme war damals jedoch nicht erfolgreich, die Zuger verloren das Spiel und dann auch die folgenden drei Partien, in denen Routinier Genoni wieder im Kasten stand.
Wiederholt sich nun die Geschichte? Fakt ist, dass der siebenfache Meistergoalie in dieser für ihn verletzungsbedingt schwierigen Saison seine Aura der Unbesiegbarkeit noch vermissen lässt und in Davos nur gerade 79,19 Prozent der Bündner Schüsse parierte. Aber die Vergangenheit hat uns auch gelehrt, dass man Leonardo Genoni nie abschreiben darf.