Schafft der SCB mit Heinz Ehlers den Turnaround? Zwei Meinungen
Der Däne Heinz Ehlers ist beim SCB der neue Hoffnungsträger. Ein dänischer Eishockeylehrer, der eigentlich an allen seinen bisherigen Karrierestationen funktionierte. Ist das nun auch in Bern der Fall? Unsere Redaktoren Andy Maschek und Patrick Y. Fischer sind sich nicht einig.
Andy Maschek sagt: Ja
Die Liste der Trainer, die beim SCB seit dem letzten Meistertitel 2019 dem Erfolg hinterherhechelten, ist lang. Bis gestern umfasste sie acht Namen – von Kari Jalonen, der als Meistertrainer noch die Titelverteidigung in Angriff nahm, bis zu Patrick Schöb, der interimistisch einsprang und nun wieder als Assistent tätig ist. Die Nummer 9 in dieser Liste ist nun der Däne Heinz Ehlers. Und in meinen Augen gibt es diverse Gründe, weshalb es mit ihm funktionieren wird und die Mutzen zurück in die Erfolgsspur finden, auch wenn es dafür im unberechenbaren Eishockey natürlich keine Garantie gibt.
Da ist einmal der Typ Ehlers. Ein harter und fordernder Trainer. Ein Mann mit einer klaren Linie. Einer mit grosser Erfahrung. Dass er sich als Coach nie in der höchsten Liga an der absoluten Spitze bewegte, ist sekundär. Er kennt die Mechanismen in der Garderobe und er weiss, wie Spieler ticken und wie sie angetrieben werden. Wo auch immer Ehlers arbeitete, herrschte eine Leistungskultur. Und die wurde in Bern zuletzt vermisst. Wetten, dass er mit harter Arbeit und grosser Autorität einen Wechsel herbeiführt?
Heinz Ehlers weiss durch seine lange Erfahrung, was es für den Erfolg braucht. Auch wenn ihm der Spitzname «Beton-Heinz» anhängt und er mit den kleinen Teams den Erfolg meist mit defensivem, teilweise fast zerstörerischem Eishockey anstrebte und fand, ist er in der Lage, bei Bedarf den Stil so anzupassen, dass er möglichst gut zur Mannschaft passt. Die Balance zwischen Defensive und Offensive gilt es nun auch in Bern zu finden, mit klaren Strukturen. Ebenso ist er gefordert, den schwächelnden Leistungsträgern und Routiniers neues Leben einzuhauchen, von Miro Aaltonen über Marco Lehmann bis zu Ramon Untersander, Simon Moser, Tristan Scherwey oder Marco Müller.
Die Garantie, dass Ehlers dies gelingt, besteht wie erwähnt natürlich nicht, denn auch er ist kein «Wunderwuzzi». Doch mit seiner grossen Erfahrung und Menschenkenntnis wird er die richtigen Knöpfe drücken. Dass er die Spieler mit auf diese Reise mitnehmen und nicht alleine vorangehen wird, zeigt sich nur schon in seiner psychologisch geschickten Ankündigung, nicht alles auf den Kopf stellen zu wollen: «Ich denke, die Spieler brauchen jetzt etwas Ruhe, um zu spüren, dass das Vertrauen in sie da ist.»
Der entscheidende Vorteil des Dänen ist aber, dass er keine langfristigen Ambitionen und entsprechend nichts zu verlieren hat. Er wird nach dieser Saison in seine Heimat zurückkehren und liebäugelt weder mit einem Job in Bern, noch bei einem anderen Klub der National League. Er kann konsequent seinen Weg gehen, muss auf keine Befindlichkeiten Rücksicht nehmen und sich schon gar nicht verbiegen. Er muss auch keine offensive Show vortäuschen, sondern kann die Spielweise implementieren, mit der er die grössten Erfolgschancen sieht – Spektakel hin oder her. Er hat nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen. Und das ist befreiend, gerade auch für die Mannschaft.
Heinz Ehlers kann nun die Weichen stellen, ist aber auch darauf angewiesen, dass das Team und der ganze Klub mitziehen. Denn nur wenn alle zusammenhalten und sich unterstützen, kann der «Patient SCB» genesen. Und in dieser Situation ist Erfahrung Gold wert, ist ein Trainer mit einer gewissen Seniorität gefragt. Einer wie Heinz Ehlers also.
Patrick Y. Fischer sagt: Nein
Heinz Ehlers ist also der neue Mann, der beim SC Bern in den kommenden Wochen und Monaten für die grosse Wende sorgen. Jener Heinz Ehlers, der einst den EHC Biel zurück in die National League führte, danach in Lausanne und Langnau gute Arbeit leistete und zuletzt im Frühjahr mit dem EHC Visp den Meistertitel in der Swiss League errang. Alles paletti also in der Bundesstadt? Nicht unbedingt.
Denn: Noch selten gab es in der jüngeren Geschichte des Schweizer Profi-Eishockeys einen Trainer, der in allen seinen Stationen so konstant aufzeigte, was er kann und was er eben nicht kann. Zu den Vorzügen des erfahrenen Dänen gehört mit Sicherheit die Fähigkeit, seinen Mannschaften ein stabiles und defensiv schwer zu durchbrechendes Spielsystem verpassen zu können, das in nahezu jedem Spiel die Möglichkeit eröffnet, um zu punkten. So funktionierte Ehlers in Lausanne und in Langnau, die er beide erfolgreich in der Liga etablierte. Dumm nur, dass die Probleme beim SCB eher auf der anderen Seite des Eisfeldes anzuordnen sind.
Zwar können sich die Berner (aktuell mit 31 Gegentoren die Nr. 9 der Liga, sogar die Nr. 5 in der Anzahl zugelassener Schüsse) vermutlich auch defensiv noch etwas steigern, das grosse Optimierungspotential liegt aber eindeutig im offensiven Bereich, wo die Mutzen mit erst 18 Toren den aktuell schwächsten und ineffizientesten Angriff (Erfolgsquote von 5,17%) der Liga stellen. Hier – und zwar hauptsächlich im Spiel 5 vs. 5 – muss der Hebel angesetzt werden, wenn der SCB das Ziel direkte Playoff-Qualifikation erreichen möchte.
Das Problem: Dass Ehlers das kann, hat er bislang erst einmal, während drei seiner vier Jahre in Langenthal (2009/10 – 2011/12) in der Swiss League gezeigt. Auf höherem Niveau gelang ihm dies noch nie. Das mag angesichts der Tatsache, dass der Neuntrunden-Pick der NY Rangers (1984) bislang mit Biel, Lausanne (zur damaligen Zeit) und Langnau ausnahmslos «kleine» Teams betreute, nachvollziehbar sein, beruhigend ist es jedoch nicht. Schliesslich ist es in mittlerweile neun Spielzeiten in der National League keinem seiner Teams gelungen, auch nur einmal für einen offensiven Ausreisser nach oben zu sorgen. Was mich aber noch mehr beunruhigen würde: Auch mit Sky-Swiss-League-Meister Visp, gelang ihm dies nicht.
Im Wallis stand Ehlers zuletzt eine der teuersten und bestbesetzten Mannschaften der zweithöchsten Spielklasse zur Verfügung, die er in den zwei Jahren seines Wirkens dennoch nie aus dem offensivem Statistikkeller (Nr. 9 und Nr. 7) befreien konnte. Wäre Ehlers und seinem Team im letzten Frühjahr nicht ein fast schon sensationeller Run durchs Playoff gelungen, seine beiden Jahre im Wallis wären als grosse Enttäuschung in Erinnerung geblieben. Ein möglicher Grund: Heinz Ehlers «Underdog Hockey», basierend auf solider Defensive, wenig Fehlern und der Fähigkeit, so Spiele zu gewinnen, funktioniert mit einem Aussenseiter deutlich besser als mit einem Favoriten, wo Erwartungshaltung und Druck die Tendenz haben, sich negativ auf die Geduld und Gelassenheit aller Beteiligten auszuwirken.
Als gefühlter Favorit wird auch der SCB in den kommenden Wochen und Monaten in eine Mehrzahl seiner Spiele steigen. Bringt Ehlers den Mutzen also genau das, was man bislang von ihm kennt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Bern mit dem Dänen der grosse Turnaround nicht gelingen wird.