Schweizer Nati: Qualität und Quantität im Mittelfeld
Die Schweizer Nati befindet sich in der WM-Qualifikation auf der Zielgeraden. Es ist der Lohn für gute Leistungen – und das Verdienst eines starken Teams. Oder gibt es doch noch Baustellen und Alternativen? Eine Übersicht in drei Akten, heute mit Fokus aufs Mittelfeld.
Vier Spiele, zehn Punkte, 9:0 Tore: Die Nati hat in dieser WM-Qualifikation überzeugt und befindet sich vor den letzten zwei Spielen gegen Schweden (am Samstag) und Kosovo (am kommenden Dienstag) in der komfortablen Situation, das Ticket nach Nordamerika aus eigener Kraft lösen zu können. Es ist ein Zeichen der Qualität, denn seit der EM 2004 hat die Nati nur einmal einen Grossanlass verpasst – 2012 mit der EM in Polen und der Ukraine, als die Schweiz mit Coach Ottmar Hitzfeld in der Qualifikation hinter England und Montenegro nur Rang 3 belegte. Sonst ist die einst fussballerisch kleine Schweiz mittlerweile ein fester Bestandteil im Konzert der Grossen.
Ein wichtiger Teil dieser Erfolgsgeschichte ist Granit Xhaka. Mit 141 Länderspielen ist er der Rekordnationalspieler und gleichzeitig auch der Boss des Teams. Eine Leaderfigur, dies seit Jahren auch auf Klubebene, sei dies nun in jungen Jahren beim FCB oder danach bei Borussia Mönchengladbach, Arsenal, Bayer Leverkusen oder nun in der Premier League bei Aufsteiger Sunderland, wo er bereits als Transfer des Jahres gefeiert wird.
Spiritus Rector Xhaka
Xhaka ist der Denker und Lenker in der Nati, der Taktgeber, der Spiritus Rector. Und konnte in den letzten Jahren im zentralen Mittelfeld auf die Unterstützung von Remo Freuler zählen, der die kommenden zwei Spiele aber verletzungsbedingt (Schlüsselbeinbruch) verpassen wird. «Remo ist ein extrem wichtiger Spieler. Er arbeitet in der Box, er arbeitet in der Defensive, er spielt einen ganz einfachen Fussball und hält vielen anderen Spielern den Rücken frei. Das zu kompensieren, wird keine einfache Aufgabe», sagte Captain Xhaka in diesen Tagen gegenüber dem «Blick».
Auf wen Trainer Murat Yakin nun setzt, ist noch offen. Doch er verfügt über mehrere Optionen. Da ist beispielsweise Michel Aebischer, der ein schwieriges Jahr hinter sich hat. An der EM 2024 zeigte er starke Leistungen, als er auf der ungewohnten Position als linker Aussenläufer eingesetzt wurde, glänzte speziell gegen Ungarn, als er ein Tor und einen Assist erzielte. Bereits während der EM hatte er Probleme mit dem Schambein, später folgte eine Operation und danach war er bei Bologna meist nur noch zweite Wahl. Als Konsequenz zog er weiter zu Aufsteiger Pisa, wo er regelmässig auf seiner bevorzugten Position im zentralen Mittelfeld zum Einsatz kommt – und Selbstvertrauen tanken konnte.
Newcomer Manzambi
Neben Aebischer hoffen noch andere Spieler, die durch das Forfait von Remo Freuler entstandene Lücke schliessen zu können. Da ist Djibril Sow, der es dank guten Leistungen beim FC Sevilla nach längerer Pause zurück in die Nati geschafft hat und zuletzt auch gegen Schweden und Slowenien schon zum Einsatz gekommen ist. Nachdem auch Vincent Sierro verletzt ausfällt, ist Simon Sohm eine weitere Möglichkeit, der bei der kriselnden AC Fiorentina regelmässig zum Einsatz kommt, in der Nati mit bislang drei Teileinsätzen und 87 Spielminuten aber noch ein Greenhorn ist. Und eine definitiv offensivere Lösung wäre Johan Manzambi, der sich in der Bundesliga beim SC Freiburg zu einer festen Grösse entwickelt hat und auch in der Nati für frischen Wind sorgt. Gleichzeitig kann er aber auch als hängende Spitze eingesetzt werden und in der Offensive für Druck sorgen.
Vielseitig einsetzbar ist auch Fabian Rieder: Ob zentral auf der Doppel-Sechs, als hängende Spitze oder dar auf dem Flügel, Rieder kann überall überzeugen. Und er hat nach schwierigen Zeiten in Frankreich und Stuttgart nach seinem Transfer zu Augsburg neuen Schwung aufgenommen. Während der Klub schwächelt, ist Rieder in der Offensive eine tragende Säule und mit drei Treffern der beste Torschütze.
Zakaria und Jashari auf dem Weg zurück
Die Nati ist im Mittelfeld breit aufgestellt, zumal sich Murat Yakin noch weitere Optionen bieten, gerade im zentralen Mittelfeld. Denis Zakaria und Ardon Jashari befinden sich auf dem Weg zurück und dürften in Zukunft in der Nati eine wichtige Rolle spielen. Rosig waren einst auch die Perspektiven von Edimilson Fernandes, doch nach einer Auslandstournee mit Stopps bei West Ham, Florenz, Mainz, Bielefeld und Brest will er nun bei den Young Boys seine Karriere neu lancieren und zu Stabilität und Konstanz finden. Aber der Start ist nicht geglückt: Die Berner kriselten, Edimilson flog gegen den FCB nach einer Tätlichkeit vom Platz. Und nun fällt er wegen einer schweren Muskel- und Sehnenverletzung in der Wade mehrere Monate aus, womit auch ein WM-Ticket schon früh in weite Ferne rückt. Hoffnungen machen können sich dagegen Christian Fassnacht, der nach einer längeren Pause wieder aufgeboten wurde, und auch seine YB-Kollegen Joël Monteiro und Alvyn Sanches sowie der St. Galler Christian Witzig, die alle unter Murat Yakin bereits zu ihrer Feuertaufe in der Nati gekommen sind und sich zumindest im Dunstkreis des Teams befinden.
Quantität und auch Qualität sind vorhanden, nun liegt es an den Spielern, den Nationalcoach von sich zu überzeugen.