Sinner und Alcaraz treiben einander zu Höchstleistungen
Jannik Sinner und Carlos Alcaraz sind im Männer-Tennis aktuell das Mass aller Dinge. Das hat sich auch in Wimbledon im Final wieder gezeigt, wo Sinner als erster Italiener den Einzeltitel gewann.
Sinner und Alcaraz – es ist momentan die pure Tennis-Dominanz. Seit den Australian Open 2024 hiess an den sieben Major-Turnieren der Sieger immer Sinner (Australian Open 2024 und 2025, US Open 2024 und Wimbledon 2025) oder Alcaraz (French Open 2024 und 2025, Wimbledon 2024). Letztmals hatte an den US Open 2023 ein anderer Spieler triumphiert, der Serbe Novak Djokovic. Die weiteren Namen, denen man zugetraut hatte, an der Spitze für Schlagzeilen zu sorgen? Von Alexander Zverev über Holger Rune, Casper Ruud oder Andrey Rublev bis zu Daniil Medvedev? Sie scheinen gegen den Italiener und den Spanier, die auch in der Weltrangliste einsam an der Spitze liegen, aktuell chancenlos zu sein.
Elektrisierende Rivalität
Sinner gegen Alcaraz, es ist die neue, ebenso faszinierende wie elektrisierende Rivalität an der Spitze, nachdem sich zuvor eine gefühlte Ewigkeit lang Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic an der Spitze epische Kämpfe geliefert hatten. Und für die Gegner quasi nur die Brosamen übrig geblieben waren, wie ein Blick in die Statistik zeigt: Roger Federer gewann zwischen 2003 und 2018 total 20 Majors, Rafael Nadal kam zwischen 2005 und 2022 auf 22 Grand Slam-Triumphe und Novak Djokovic liess sich zwischen 2008 und 2023 insgesamt 24 Major-Erfolge notieren, womit er selbstredend der Rekordhalter ist.
Federer, Nadal und Djokovic – es sind die Grössten der Geschichte. Und trotz der aktuellen Dominanz sind Sinner und Nadal noch weit weg von ihnen. Alcaraz belegt in der ewigen Hitliste mit fünf Major-Triumphen den 28. Platz, unmittelbar vor Sinner mit vier Erfolgen.
Es braucht wenig hellseherische Fähigkeiten um zu behaupten, dass dieses Duo auch in Zukunft Grosserfolge feiern wird, schliesslich sind sie mit ihren 22 (Alcaraz) respektive 23 Jahren noch jung und haben viele gute Jahre vor sich. Es spricht wirklich wenig dagegen, dass die beiden Südländer eine neue Ära prägen, oder wie BBC-Experte und Ex-Champion John McEnroe in diesen Tagen sagte: «Es ist verrückt, wie schnell wir von der einen Ära in die nächste gerutscht sind. Es kommt mir wie gestern vor, dass die ‹Big 3› noch alles gewannen. Nun haben wir Alcaraz und Sinner.»
Der Wimbledon-Final unterstrich, dass die beiden aktuell verdient an der Spitze stehen. Aber er konnte dem Vergleich mit dem French Open-Final vor wenigen Wochen nicht standhalten. Dieser Match zählt zu den legendärsten Duelle der Tennisgeschichte und ist schwierig zu toppen. Sinner verlor den Roland Garros-Final gegen Alcaraz in fünf Sätzen und äusserst dramatisch nach über fünf Stunden mit 6:4, 7:6, 4:6, 6:7, 6:7.
«Wir pushen uns gegenseitig ans Limit.»
«Für mich ist es grossartig, die grossen Bühnen mit Jannik zu teilen. Wir pushen uns gegenseitig ans Limit. Ich hoffe, wir können das noch fünf oder zehn Jahre weiterziehen, damit wir einst am selben Tisch sitzen wie Roger, Rafa und Novak aus der goldenen Ära», sagte Alcaraz kürzlich über die Rivalität mit dem Italiener. Und nach der Finalniederlage erklärte er zu Sinner: «Es ist immer schwierig zu verlieren. Aber es macht mich glücklich, mit dir auf dem Platz zu stehen. Und du bringst mich dazu, immer noch besser zu werden.»
Einen Ansporn im Gegner sieht auch Sinner, wie er in Wimbledon erklärte, von den grossen Drei oder grossen Vier (wenn man Andy Murray einbezieht) will er aber noch nicht sprechen: «Es braucht Zeit, um uns mit ihnen zu vergleichen. Aber aus meiner Sicht ist Carlos ein Spieler, der mich zu einem besseren Spieler macht. Er treibt mich an meine Grenzen. Wir versuchen jeweils beide zu verstehen, wo wir uns für das nächste Mal, für das nächste Duell verbessern müssen. Ich glaube, dass Tennis oder jeder Sport Rivalitäten braucht. Dies könnte eine davon sein.» Doch es gebe auch andere, aufstrebende Spieler. Es können so viele andere dazukommen, oder einer fällt weg. Man kann nie wissen.»
Aktuell deutet aber alles darauf hin, dass der Italiener und der Spanier der ATP-Tour weiterhin ihren Stempel aufdrücken. «Sinner gegen Alcaraz ist endgültig die neue grosse Rivalität des Tennissports», schrieb etwa die spanische Sportzeitung «Marca» über die beiden sich gegenseitig anstachelnden Stars. «Es ist für meine Motivation wichtig, dass es jemanden gibt, der jung ist und quasi alles gewinnt. Du musst bereit sein, um mithalten zu können», sagt Sinner. Alcaraz verleite ihn dazu, eden Tag hart zu arbeiten. «Ich glaube nicht, schon auf meinem besten Level zu sein. Ich kann mich noch verbessern und dafür ist die Rivalität mit Carlos sehr wichtig.» Ähnlich sieht es Carlos Alcaraz: «Jedes Mal, wenn wir gegeneinander spielen, ist unser Niveau wirklich hoch. Ich glaube, so ein Niveau sieht man sonst nicht.» Und: «Die Rivalität zwischen uns beiden wird immer besser.»
Das muss in den Ohren der Konkurrenz wie eine Drohung klingen.