Super-League-Review: Entscheidung vertagt
Bahnbrechende Erkenntnis des 35. Spieltags in der Credit Suisse Super League: Auch drei Runden vor Saisonschluss sind in der höchsten Schweizer Spielklasse noch keine Entscheidungen gefallen. In der anstehenden englischen Woche dürfte sich das nun ändern.
Wahrscheinlich zu wenig und vermutlich zu spät
Fast hätte es geklappt: Nur wenige Minuten fehlten, und die Zürcher Grasshoppers hätten am Freitagabend zum ersten Mal seit Februar 2014 wieder einmal drei Punkte aus der Swissporarena entführt. Mit 0:1 lagen die abstiegsbedrohten Zürcher durch Ayumu Seko (60.) in Front, als Adrian Grbic die Bemühungen der Leuchtenstädter in der 90. Minute doch noch belohnte. Ein Ausgleich der weh tat, beraubte er GC (35/34) doch der wahrscheinlich letzten Chance, der Barrage noch zu entkommen. Immerhin können sich die Zürcher damit trösten, dass ihr Aufritt in der Zentralschweiz wohl zu den besten und engagiertesten in dieser Spielzeit zählte. Auf der anderen Seite taten sich die Luzerner lange Zeit schwer, die Bedeutungslosigkeit dieser Partie aus den eigenen Köpfen zu verdrängen. Erst als der Rekordmeister physisch abbaute, kam der FCL (35/46) in der Schlussphase dazu, seine Überlegenheit zu entfalten. So war der Punktgewinn am Ende verdient, auch wenn ausgerechnet der ehemalige Luzerner Pascal Schürpf dem Spiel in der Nachspielzeit (93.) noch einmal eine Wende hätte geben können. Er vergab jedoch freistehend, womit die Hoppers die Gelegenheit verpassten, noch einmal näher an Basel und Lausanne heranzurücken.
Zwei Sieger, keine Tore
Die grössten Profiteure des späten Luzerner Ausgleichs? Lausanne-Sport und der FC Basel, die so dem Klassenerhalt trotz der eigenen Punkteteilung einen weiteren Schritt näher kamen. Dabei hätte das erste 0:0 der aktuellen Relegation Group durchaus Tore verdient, an Möglichkeiten in einer animierten Partie fehlte es weder Lausanne noch dem Gast aus Basel. Einem Treffer besonders nahe kam dabei Fabian Frei, der FCB-Routinier zimmerte den Ball jedoch gleich zweimal ans Aluminium. Auf der anderen Seite waren es Rares Ilie, Morgan Poaty und Fousseny Diabaté, die ihrerseits ebenso gute Möglichkeiten liegen liessen, wie der Basler Topskorer Thierno Barry. Somit blieb der Aufsteiger (35/41) schlussendlich auch im vierten Saisonduell mit den Bebbi ungeschlagen, verpasste es dabei jedoch, den Ligaerhalt endgültig sicherzustellen. Drei Spieltage vor dem Saisonende beträgt der Abstand auf GC jedoch komfortable sieben Punkte. Noch etwas besser ist die Ausgangslage für den FC Basel (35/42): Der 20-fache Schweizermeister verfügt aktuell sogar über ein Polster von acht Punkten auf den Barrageplatz.
Lieber spät als nie
Zugegeben: Über eine Stunde lang deutete auf der altehrwürdigen Pontaise am Samstagabend wenig auf Schlussfurioso im vorletzten Waadtländer-Derby dieser Saison hin. Dann aber überschlugen sich die Ereignisse, vergab das abgeschlagene Schlusslicht erst einen Elfmeter (Alban Ajdini in 65.), nur um direkt im Anschluss durch Rayan Kadima doch noch mit 1:0 in Führung zu gehen. Was folgte war das mittlerweile obligate Tor von Kevin Carlos, der mit seinem 13. Saisontor ausglich, ehe Miridon Mulaj mit zwei herrlichen Treffern (77. und 87.) für die Entscheidung zugunsten von SLO sorgte. Dank dem 3:1 feierte der Aufsteiger nicht nur den ersten Derby-Erfolg in dieser Spielzeit, sondern bewahrte sich auch noch eine minimale Chance auf den Klassenerhalt via Barrage. Dafür benötigt die Mannschaft von Trainer Ricardo Dionisio (35/23) aus den drei abschliessenden Saisonspielen drei Siege – und muss gleichzeitig auf drei Pleiten von GC hoffen. Es wäre die wohl unglaublichste Wende in einer Saison, die bereits die eine oder andere Überraschung zu bieten hatte.
Zumindest aufgeschoben
Das war sie noch nicht, die endgültige Entscheidung im Titelkampf der Credit Suisse Super League. Mit der Chance, die Titelverteidigung vor eigenem Anhang in trockene Tücher zu bringen, unterlagen die Berner Young Boys dem FC Lugano am Samstagabend mit 0:1 (Ousmane Doumbia in 12.). Feier vertagt und Vorsprung geschrumpft, auch wenn «Gelb-Schwarz» angesichts von weiterhin sechs Punkten Reserve auf die Luganesi noch nicht in Angstschweiss ausbrechen dürfte. Und doch zeigte die zweite Heimniederlage gegen einen direkten Konkurrenten nach dem 0:1 gegen Servette im Februar, dass die Young Boys in dieser Spielzeit bei Weitem nicht mehr so unwiderstehlich unterwegs sind, wie auch schon. Auch gegen Lugano vergingen in Halbzeit eins satte 43 Minuten bis zum ersten YB-Torschuss, ehe der Tabellenführer in der zweiten Halbzeit eine Schippe drauflegen konnte. Schlussendlich war der Sieg der Bianconeri (35/62) aber nicht unverdient, die nun darauf hoffen müssen, dass die Berner (35/68) auch im nächsten Heimspiel gegen St. Gallen Punkte liegen lassen. Dann könnte in den verbleibenden beiden Spielen noch einmal echte Spannung aufkommen.
Trendwende
Für mehrere Wochen sah es wirklich so aus: Der FC Winterthur, die Überraschungsmannschaft in den Top 6, würde seinen Lauf im neuen Jahr mit der Kantonsmeisterschaft, einem Europacuplatz sowie allenfalls sogar dem Einzug in den Cupfinal krönen. Dann setzte es ein unglückliches 1:2 gegen YB, gefolgt von einem ebenso wenig zwingenden 0:1 im Cup-Halbfinal und plötzlich scheinen den Eulachstädtern sämtliche Fälle doch noch davon zu schwimmen. Beim gestrigen 1:3 gegen den FC Zürich – der vierten Niederlage in Folge - half dem FCW auch ein frühes 1:0 (Remo Arnold, 16.) nicht, den Negativtrend zu stoppen. Im Gegenteil: Innerhalb von fünf Minuten liess man sich zweimal von einer nahezu identischen Eckball-Variante der Stadtzürcher um Zielspieler Marc Hornschuh erwischen, die sowohl in der 20. (Armstrong Oko-Flex) als auch in der 25. Minute (Nikola Katic) von Erfolg gekrönt war. Für die Entscheidung sorgte schliesslich in der 73. Minute FCZ-Verteidiger Armadou Dante. Das 1:3 war der erste Zürcher Sieg nach drei Pleiten in Serie und ermöglichte dem Stadtklub (35/51) parallel den Vorstoss auf Rang 5, drei Punkte hinter den viertplatzierten St. Gallern. Auf der anderen Seite findet sich der FC Winterthur (35/49) neu auf dem sechsten und letzten Platz der Championship Group wieder. Will sich der Klub noch für einen europäischen Wettbewerb qualifizieren, muss er in den verbleibenden drei Spielen noch zwei Punkte und 13 Tore aufholen.
Chance verpasst
Immerhin: Seine Serie der persönlichen Ungeschlagenheit konnte Servette-Trainer René Weiler auch im gestrigen Direktduell mit St. Gallen-Coach Peter Zeidler bewahren. Lieber wäre dem 50-jährigen Zürcher aber wohl gewesen, seine Mannschaft hätte auf dem Rasen einen Weg gefunden, drei anstatt nur einen Zähler mit in die Westschweiz zu nehmen. Doch das wäre ein zu grosser Lohn für eine Partie gewesen, in denen die Grenats zwar in Führung gingen (Timothé Cognat, 25.) und in Halbzweit zwei den Ton angaben, zuvor aber das eine oder andere Mal nur mit Glück um einen Gegentreffer herumkamen. Das 1:1 durch Albert Vallcis Freistoss (31.) war ein karger Lohn für einen engagierten Auftritt der St. Galler, die sich im Abschluss jedoch als zu ineffizient erwiesen, um von ihrer Überlegenheit vor der Pause zu profitieren. So blieb es in einer animierten Partie schliesslich bis zu Schluss beim Remis, das insbesondere den Genfern (35/61) wenig weiterhilft. Anstatt vom YB-Patzer zu profitieren und bis auf fünf Punkte an die Berner heranzukommen, musste sich der SFC seinerseits vom FC Lugano überholen lassen. Der FCSG hingegen kann mit dem gewonnen Zähler gut leben. Drei Spieltage vor Schluss liegen die Grün-Weissen (35/54) nach dem achten ungeschlagenen Spiel in Folge fünf Längen vor dem FC Winterthur. Schon nächste Woche könnte die St. Galler Rückkehr auf die europäische Bühne somit Tatsache werden.