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Von «Lustrigoal» zum Erfolgscoach

Andy

Einst als Spieler, heute als Trainer: Die Kombination von Mauro Lustrinelli und dem FC Thun passt. Stellt der Aufsteiger und aktuelle Super League-Leader am Samstag auch Meister FC Basel ein Bein?

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Mauro Lustrinelli leistet beim FC Thun ganze Arbeit. © KEYSTONE/Til Bürgy

20 Jahre ist es her, da schrieb der FC Thun auf der europäischen Bühne Geschichte. Die Berner Oberländer eliminierten damals in der Champions League-Qualifikation Dynamo Kiew und Malmö FF und zogen in die Gruppenphase ein, wo es Duelle mit Arsenal, Sparta Prag und Ajax Amsterdam gab. Lustrinelli stand in allen zehn Spielen in der Startelf, glänzte mit vier Toren und einem Assist und war massgeblich an diesem Märchen beteiligt, als Thun sich für die K.o.-Phase der Europa League qualifizierte, wo allerdings im Sechzehntelfinal der Hamburger SV zu stark war

In jenen beiden Spielen fehlte «Lustrigoal dann aber, da er in der Winterpause als Belohnung für seine starken Leistungen einen Vertrag bei Sparta Prag erhalten hatte. Fünf Jahre später, nach Zwischenstationen in Luzern, Bellinzona und bei den Young Boys, kehrte der Stürmer nach Thun zurück, beendete im Januar 2012 seine Spielerkarriere und wechselte ins Trainermetier. Er war beim FCT im Nachwuchs tätig, arbeitete anschliessend mehrere Jahre beim Verband erfolgreich als Coach in den U-Auswahlen und übernahm im Sommer 2022 beim FC Thun als Cheftrainer.

In der Liga als einziges Team ungeschlagen

Es war der Beginn einer weiteren Erfolgsgeschichte, die in diesem Sommer mit dem Aufstieg der Berner Oberländer einen vorläufigen Höhepunkt bekam. Und diese Erfolgsgeschichte geht in die Verlängerung: In der Super League ist der Aufsteiger als einziges Team nach fünf Spielen ungeschlagen und überraschender Leader. Einzig die Cup-Niederlage gegen Breitenrain trübt die sonst sensationelle Bilanz der Berner Oberländer und des Trainers, der einst an der Uni Lugano ein Wirtschaftsstudium abgeschlossen hat.

Aktuell läuft es beim FC Thun also wie geschmiert. Das Erfolgsgeheimnis? «Der Teamspirit ist der Faktor, der bei uns im Moment positiv ist. Aber er wird oft falsch verstanden», erklärte der 49-Jährige kürzlich gegenüber dem «Blick». Wenn man über Teamspirit spreche, würden viele denken, dass es darum gehe, Sachen zusammen zu unternehmen, um Spass zu haben. Aber Teamspirit sei für ihn, ein gemeinsames Ziel zu haben. Es gehe darum zu spüren, dass man auf dem Weg nicht alleine sei, «in der Kabine, auf dem Feld, ausserhalb des Stadions».

Mit diesem Zusammenhalt, dieser Solidarität mischen die Thuner aktuell die Liga auf. Und auch mit der Art und Weise, wie sie auftreten. Ein entscheidender Punkt in ihrer Spielphilosophie ist es, den Ball hoch zu erobern, um so die Distanz zum gegnerischen Tor zu verkleinern. «Wenn wir mit zwei Pässen ein Tor schiessen können, warum müssen wir 20 machen? Wir haben ein sehr vertikales Spiel, spielen nach vorne, wenn es geht. Das ist spannend für die Zuschauer, im Bewusstsein, dass es Risiken mit sich bringt. Aber wer uns kennt, weiss: Wir spielen schon seit Jahren so», so Lustrinelli.

Die Bilanz gegen den FCB und Magnin aufpolieren

Es ist davon auszugehen, dass der Trainer auch am Samstag gegen den FCB das Heil in der Offensive sucht. Den Meister unter Druck setzen will. Und dabei auch seine persönliche Bilanz gegen die Bebbi aufpolieren möchte. Als Spieler traf er 27 Mal auf den FCB, feierte dabei lediglich fünf Siege, erzielte aber immerhin 14 Tore. Am Samstagabend kommt es für den zwölfmaligen Internationale auch zum zehnten Trainerduell mit seinem ehemaligen Nati-Kollegen Ludovic Magnin. Und auch da könnte die persönliche Bilanz des Thun-Coaches eine Aufbesserung vertragen: drei Siegen stehen ein Unentschieden und fünf Niederlagen gegenüber.

So oder so: Die Leistung der Thuner ist bemerkenswert. 13 Punkte nach fünf Spielen sind ein Vereinsrekord und eine Bestmarke für einen Aufsteiger, zuvor lag der Thun-Spitzenwert bei 12 Punkten (Saison 2004/05) beziehungsweise bei 11 Punkten für einen Aufsteiger (FC Zürich in der Saison 2017/18). Der FC Thun hat zudem bereits jetzt mehr Punkte geholt als in der kompletten Vorrunde der Abstiegssaison 2019/20 – damals waren es 12 Punkte in 20 Spielen). Und: Mit sieben Siegen und fünf Remis ist Thun seit 12 Super-League-Spielen ungeschlagen – Klubrekord.

Bei diesen Leistungen erstaunt es wohl kaum jemanden, dass der Name Lustrinelli immer wieder mal in der Gerüchteküche gehandelt wird, wenn in der Schweiz ein attraktiver Trainerposten zu besetzen ist. Der Tessiner hält dabei aber den Ball flach und erklärte im Blick-Interview: «Auch als Spieler ging es in meiner Karriere länger als bei anderen. Aufsteigen kann man mit dem Lift oder der Treppe. Ich bin über die Treppe hierhergekommen. Und der Weg war schön.» Er wisse nicht, wo die Treppe hinführe. Vielleicht hätte er schon früher etwas anderes annehmen können. Aber was er gemacht habe, habe ihm sehr gefallen. «Schon als ich 2022 Trainer bei Thun wurde, war der Entscheid nicht, in die Challenge League zu gehen, sondern zu Thun für ein spannendes Projekt. So war es auch. Wie auch in den Jahren im Fussballverband, wo ich etwas aufbauen konnte. Ich bin stolz, konnte ich etwas hinterlassen. Bei Thun bin ich noch dran, etwas aufzubauen. Ich fühle mich als wichtiger Teil des Projekts und schätze das.»

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Mauro Lustrinelli 2005 in der Champions League im Duell mit Ajax-Goalie Maarten Stekelenburg. Nun will er auch als Trainer zurück auf die ganz grosse Bühne

Die Champions League als Ziel

Klar ist aber, dass der FC Thun, wo sein Vertrag noch drei Jahre läuft, nicht das Ende seiner Träume ist. Da bestehen schon auch noch weitere Ambitionen. «Ich träume von internationalen Spielen, der Champions League. Nein, ich träume nicht, das ist ein Ziel. Als Spieler hatte ich die Möglichkeit, in der Nati und mit drei verschiedenen Teams international zu spielen. Auch als Trainer will ich diesen Fussball erleben.»

Auch wenn der Weg auf die europäische Bühne für den ehrgeizigen Coach und den FC Thun noch weit ist, sind zumindest Träume erlaubt. Auch fürs Duell gegen den FCB, in dem die Berner Oberländer mit einem Kader-Marktwert von 11 Millionen Euro gegenüber 74 Millionen der Basler klare Aussenseiter sind. Doch Geld schiesst bekanntlich keine Tore, zudem hat der FC Thun schon mehrfach bewiesen, dass er über Qualität verfügt und als Underdog für Überraschungen gut ist. Die Rahmenbedingungen stimmen jedenfalls: Der Match ist restlos ausverkauft – alle 10'014 Tickets sind weg!

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