Wahnsinn auf dem Transfermarkt: Frühe Verträge für eine Ewigkeit
Seit Dienstag läuft die National League wieder, doch gleichzeitig liegt der Fokus an vielen Orten bereits auf der Zukunft, wird emsig an den künftigen Mannschaften gebastelt – und werden bemerkenswerte oder teilweise vielmehr verrückte Deals abgeschlossen.
Es war eine spielentscheidende Szene, als Lausanne-Stürmer Ken Jäger am Dienstag im Match gegen den HC Davos in der 35. Minute Julian Parée checkte und mit einem Restausschluss unter die Dusche geschickt wurde. HCD-Captain Matej Stransky erzielte im folgenden Powerplay das 1:0 und stellte mit diesem Treffer die Weichen auf Sieg – am Ende gewann der Rekordmeister gegen den Vizemeister 4:1.
Natürlich, solche Aktionen passieren immer wieder, speziell war aber, dass mit Ken Jäger ein Akteur im Zentrum stand, der zwar aktuell für Lausanne spielt, auf die Saison 2026/27 hin aber zum HCD zurückkehren wird, wo er in jungen Jahren das ABC des Eishockeys gelernt hatte. Der Stürmer hat vor dieser Saison seine Zukunft geregelt und bei den Bündnern einen Vertrag unterschrieben, der es in sich hat: Das Arbeitspapier des 27-Jährigen läuft über sieben Jahre, bis zum Ende der Saison 2032/33!
Der Transfer des Nati-Stürmers ist ein Paradebeispiel für die Mechanismen auf dem Transfermarkt oder besser gesagt: den Wahnsinn, der sich da abspielt. Es wird frühzeitig unterschrieben, und dies nicht nur für eine Saison, sondern gleich langfristig. Denn Jäger ist nicht der einzige Schlüsselspieler, der diese Tendenz hin zu je nach Sichtweise «verrückten» oder «genialen» Deals unterstreicht.
Immer früher Hochkonjunktur
Es ist ein neues Geschäftsgebaren. Früher, vor einem Vierteljahrhundert, war der Spengler Cup in Davos die Transferbörse schlechthin. In der Altjahreswoche trafen sich Sportchefs und Agenten zu heissen Gesprächen, ein Hotspot war das Café Schneider an der Promenade. Hier wurden Deals für die folgende Saisons abgeschlossen. In den folgenden Jahren herrschte auf dem Transfermarkt immer früher Hochkonjunktur. Die Nati-Pause im November oder Dezember galten als Richtwert für lukrative Vereinswechsel. Mittlerweile werden aber die spektakulären Entscheide bereits vor der Saison gefällt.
In diesem Sommer regelte so HCD-Goalie Sandro Aeschlimann seine Zukunft, verlängerte Mitte August seinen im kommenden Sommer auslaufenden Vertrag bei den Bündnern vorzeitig – und dies gleich um fünf Jahre, bis 2031. Dass der HCD auf dem Transfermarkt im Forechecking besonders aktiv ist, zeigte sich übrigens auch schon im Sommer 2024, als Verteidiger Lukas Frick mit einem Fünfjahresvertrag aus Lausanne weggelockt wurde, der nun seit der Saison 2025/26 läuft. Doch der Rekordmeister musste in diesem «Game» auch einstecken: Nati-Verteidiger Michael Fora entschied vor wenigen Tagen, im Sommer 2026 das Bündnerland zu verlassen und unterschrieb bei Lausanne für fünf Jahre. Langzeit- oder gar «Rentenverträge» sind für Schlüsselspieler definitiv in, so verpflichtete sich auch der damalige Lausanne-Verteidiger Andrea Glauser im Sommer 2024 bei seinem Stammklub Gottéron für die Dauer von 2025 bis 2032.
Die Freiburger befanden sich in den letzten Wochen auch bei Goalie Ludovic Waeber im Rampenlicht. Der Keeper, der aktuell noch bei Kloten im Kasten steht, entschied Ende August, zu Gottéron zurückzukehren, wo er einst mit dem Eishockey angefangen hatte. Nun unterschrieb er für vier Jahre, bis zum Ende der Saison 2029/30, und beendete so alle Spekulationen. Der SCB, der ebenfalls um die Dienste von Sandro Aeschlimann und Ludovic Waeber gebuhlt, auf dem Goalie-Karussell aber den Kürzeren gezogen hatte, feierte wenigstens im Kampf um Tigers-Stürmer Dario Rohrbach einen Erfolg: Er wechselt im kommenden Sommer vom Emmental in die Bundesstadt, verpflichtete sich für drei Jahre.
Kein fixes Transferfenster
Frühzeitig die Zukunft zu regeln, ist in Mode und führt dazu, dass auch in den kommenden Wochen, immer noch in der Anfangsphase der laufenden Meisterschaft, immer wieder Akteure mit ihrem aktuellen Arbeitgeber gegen ihren künftigen Klub spielen. Es ist ein Mechanismus, der in anderen Ländern undenkbar ist. Ja, man könnte dies unterbinden, wenn man ein fixes Transferfenster einführen und den Spielern verbieten würde, ausserhalb dieser Frist mit anderen Klubs einen Vertrag abzuschliessen. Doch es bräuchte auch jemanden, der das kontrolliert und durchsetzt, was bei der bestehenden Vertragsfreiheit eigentlich nicht möglich ist. So sagte National League-CEO Denis Vaucher kürzlich gegenüber Watson: «Wir können weder die Spieler noch die Klubs dazu zwingen, uns Einsicht in Arbeitsverträge zu geben.» Anders gesagt wäre eine Transferfrist einem Gentlemen’s Agreement gleichzusetzen, was im Spitzensport und wenn es um viel Geld geht bekanntlich nur in den seltensten Fällen funktioniert. Und so ist davon auszugehen, dass es auf dem Transfermarkt auch in Zukunft frühzeitig heiss zu- und hergeht. Was aber gleichzeitig ein perfekter Nährboden für Gerüchte ist und den Unterhaltungsfaktor steigert.