Wann feiert Odermatt die Abfahrtspremiere?
Nach den wetterbedingten Absagen der Rennen in Sölden und Zermatt greift heute Abend Marco Odermatt in Beaver Creek endlich in die Weltcupsaison ein – wenn es das Wetter zulässt. Und eine der Fragen rund um den Nidwaldner ist: Wann gewinnt er seine erste Weltcupabfahrt?
Marco Odermatt ist der aktuelle Superstar im Ski-Weltcup. Zweimal gewann er zuletzt den Gesamtweltcup, in der letzten Saison feierte er 13 Saisonsiege, siebenmal triumphierte er im Riesenslalom, sechsmal im Super-G. In der Abfahrt reichte es da zwar nicht zum Sieg, doch auch so konnte sich die Bilanz sehen lassen: In den zehn Rennen raste er fünfmal aufs Podest (dreimal 2. Platz, zweimal Rang 3), dazu kamen je einmal Rang 4, 7 und 15 sowie der 54. Platz nach einem Beinahe-Sturz in Kitzbühel und der Startverzicht in der zweiten Abfahrt auf der Streif. Insgesamt stehen aktuell 24 Weltcupsiege im Palmarès des 26-Jährigen, aber noch keiner in der Abfahrt. Dass er diese Lücke bald schliessen wird, ist eigentlich klar, er ist ja auch nicht umsonst amtierender Abfahrtsweltmeister.
Ob dies «Odi» schon heute in Beaver Creek gelingt, ist fraglich, und dies aus mehreren Gründen. Da ist das Wetter, denn es könnte nach leichtem Schneefall in der Nacht auch beim geplanten Rennstart (18.45 Uhr Schweizer Zeit) wieder leicht schneien, dazu besteht die Gefahr eines auffrischenden Windes. Ein anderer Punkt ist die Gesundheit des Nidwaldners, der zuletzt über Rückenbeschwerden geklagt hatte. In Beaver Creek gab er aber Entwarnung und sagte in den ersten Tagen: «Es war keine gravierende Verletzung, ein Hexenschuss, würde ich sagen. Es braucht zwar alles ein bisschen mehr Energie. Aber ich habe mich schon wieder sehr wohlgefühlt.»
Dazu kommt, dass Odermatt zwar noch nie ein Trainingsweltmeister war und man die beiden elften Plätze in den Trainingsabfahrten nicht überbewerten sollte. Doch die Tatsache, dass er im ersten Training im Flachstück nach dem Start 65 Hundertstelsekunden auf den Norweger Aleksander Aamodt Kilde verloren hat, stimmte den Nidwaldner schon etwas nachdenklich. Gegenüber dem «Blick» sagte er: «Ich bin dort zwar nicht in der allertiefsten Rennhocke gefahren, aber ich habe mir schon vorgenommen, vernünftig zu starten. Ich habe mir auch einen Rennski angeschnallt. Deshalb werde ich diesen Abschnitt noch einmal genauer analysieren müssen.»
Odermatt muss man aber immer auf der Rechnung haben, zumal ihm die Rennen in Beaver Creek liegen. Am 6. Dezember 2019 feierte er da im Super-G seinen ersten Weltcupsieg, triumphierte vor Aamodt Kilde. Zwei Jahre später gewann er erneut den Super-G, und in den letzten vier Rennen in der US-Station, die alle von Aamodt Kilde gewonnen wurden, raste Odi dreimal auf Rang 2 und in einer Abfahrt auf den 15. Platz.
Somit ist auch klar, dass der Super-Elch Aamodt Kilde l’homme à battre ist. Sein Rezept nach seinen beiden Doppelsiegen in Beaver Creek? «Am Start Vollgas geben und auf den Wellen gut arbeiten», so der Norweger, der sich darüber aufregte, dass einige Trainer und Funktionäre in den letzten Tagen die «Birds of Prey» als zu einfach bezeichneten, weil sie in diesem Jahr nicht so eisig präpariert ist wie in Bormio oder Kitzbühel. Dies sei kompletter Blödsinn, so Aamodt Kilde, «die Birds of Prey gehört zu den schwierigsten Abfahrten der Welt».
Zu den Siegesanwärtern gehören aber auch andere Athleten. Zum Beispiel der überraschende Cyprien Sarrazin, der sich zum Geheimfavoriten für die beiden Weltcup-Abfahrten von heute und morgen entwickelt hat. Nach dem zweiten Platz im Dienstagstraining stellte der 29-jährige Franzose, der früher Riesenslalom-Spezialist war und in der vergangenen Saison seine ersten zwei Top-Ten-Rangierungen in der Abfahrt erreicht hatte (6. Platz in Gröden, Rang 10 in Kitzbühel), am Mittwoch die überlegene Bestzeit auf, war satte 0,78 Sekunden schneller als der Kanadier James Crawford auf Rang 2.
Dahinter folgte ein weiterer Schweizer, den man auf der Rechnung haben sollte: Niels Hintermann. «Ich bin sehr froh, dass wir ein zweites Training hatten und ich etwas ausprobieren konnte», sagte der Zürcher, der im ersten Training nur Rang 33 belegt hatte. «So kann ich mit einem guten Gefühl ins Rennen gehen.» Und vielleicht seinen sechsten Podestplatz in der Abfahrt herausfahren? Bisher stehen in seiner Statistik ein Sieg in Kvitfjell 2022 sowie dritte Plätze in Gröden (2021), Bormio (2021), Kvitfjell (2022) und Kitzbühel (2023).