Wimbledon-Preview Männer: Kann irgendjemand Novak Djokovic stoppen?
Um 13:30 Lokalzeit wird Novak Djokovic (ATP 2) morgen Montag das Wimbledonturnier 2023 eröffnen. Er tut dies als Titelverteidiger bereits zum siebten Mal und könnte mit einem weiteren Triumph zu Rekordsieger Roger Federer (41) aufschliessen. Oder kann irgendjemand den Serben stoppen?
Der Top-Favorit
Keine Frage: Wer Wimbledon 2023 gewinnen will, muss in der Lage sein, Novak Djokovic auf der bedeutendsten Bühne des Tennissports zu schlagen. Der mittlerweile 36-Jährige ist auf dem Center Court von Wimbledon seit mittlerweile 39 (!) Matches ungeschlagen und tritt in diesem Jahr als vierfacher Titelverteidiger an. Alles andere als ein erneuter Triumph von Djokovic würde überraschen, der sich anmacht, in diesem Jahr mit Rekordsieger Roger Federer gleichzuziehen. Dabei scheinen die schnellen und zuweilen unberechenbaren Rasenplätze auf den ersten Blick nicht auf das Spiel des Djokers zugeschnitten zu sein. Nur: Seine schnörkellose Technik, seine herausragende Physis und sein unwiderstehlicher Return erlauben es ihm, nahezu jedem noch so druckvollen Aufschläger und Offensivspieler den Zahn zu ziehen. Erster Gegner ist am Montag der Argentinier Pedro Cachin (ATP 67).
Die Herausforderer
Auf der Suche nach weiteren realistischen Anwärtern auf den Turniersieg wird man im Herren-Tennis gemeinhin rasch fündig. Nicht so in diesem Jahr: Roger Federer ist zurückgetreten, Rafael Nadal verletzt und Andy Murray physisch und spielerisch nur noch ganz selten auf der Höhe, um ganz vorne mitzumischen. Kommt hinzu, dass sich die Garde der jüngeren Herausforderer um US-Open-Champion Carlos Alcaraz (ATP 1), seinem Vorgänger Daniil Medvedev, den dreifachen Grand-Slam-Finalisten Casper Ruud (ATP 4), French-Open und Australian-Open-Finalist Stefanos Tsitsipas (ATP 5) oder Holger Rune (ATP 6) auf Rasen bislang noch nicht nachhaltig in Szene setzen konnte. Möglicherweise verleiht der Sieg beim Vorbereitungsturnier in Queens Alcaraz den Schub, um ihn bis ins Endspiel von Wimbledon zu tragen, ob er dort dann allerdings auch schon so weit ist, um Novak Djokovic zu entthronen, bleibt abzuwarten. Genauso gut könnte sich zum dritten Mal hintereinander ein Aussenseiter den zweiten Finalplatz sichern.
Gefährliche Aussenseiter
Apropos, was machen eigentlich Nick Kyrgios (ATP 33) und Matteo Berrettini (ATP 37)? Die beiden Überraschungsfinalisten der vergangenen beiden Jahre kommen mit wenig Spielpraxis und ohne Erfolgserlebnis zurück in den All England Lawn Tennis & Croquet Club, was aber den Australier noch nie davon abgehalten hat, trotzdem für einen Exploit zu sorgen. Zumindest aufgrund seiner offensiven Spielanlage ist ein solcher auch Berrettini zuzutrauen, auch wenn er aufgrund von diversen Verletzung in diesem Jahr bislang noch nicht auf Touren gekommen ist. Da sind Spieler wie Frances Tiafoe (Sieger Stuttgart), Alex De Minaur (Finalist in Queens), Alexander Bublik (Sieger Halle), Hubert Hurkacz (Halbfinalist 2021) oder der Amerikaner Taylor Fritz (ATP 9) realistischere Optionen, um zumindest die zweite Woche zu erreichen. Nicht ganz ausser Acht lassen sollte man zudem den Wimbledon-Finalisten von 2016, Milos Raonic (ATP 840), der nach fast zwei Jahren Verletzungspause auf die Tour zurückkehrt, und Andy Murray, zweifacher Wimbledon-Champion und der einzige Spieler im Turnier, der Djokovic auf Rasen schon einmal bezwungen hat.
Die Schweizer
Aus Schweizer Sicht tut man gut daran, vom Wimbledon-Turnier 2023 nicht allzu viel zu erwarten. Stan Wawrinka (ATP 87) hat auf dem schnellen Londoner Rasen seit 2015 nie mehr als zwei Spiele hintereinander gewinnen können, geht aber mit der möglicherweise beflügelnden Perspektive ins Turnier, in Runde drei noch einmal zu einem grossen Match gegen Novak Djokovic antreten zu können. Marc-Andrea Hüsler (ATP 83) wird versuchen, gegen «Lucky Loser» Yosuke Watanuki (ATP 115) zum ersten Mal in die zweite Runde eines Grand-Slam-Turniers vorzudringen. Zuletzt konnte er in s’Hertogenbosch und Eastbourne jeweils ein Rasenmatch gewinnen. Ein Vordringen in die zweite oder gar dritte Runde wäre wichtig für Hüsler, der ab August über 500 seiner aktuell 705 Weltranglisten-Punkte verteidigen muss, um ein drastisches Abrutschen in der Weltrangliste zu verhindern. Nach vorne blickt derweil Youngster Dominic Stricker (20, ATP 117). Der Berner hat sich mit drei Siegen zum ersten Mal ins Hauptfeld von Wimbledon gespielt und trifft zum Auftakt auf den Australier Alexei Popryin (ATP 92). Mit einem Sieg könnte Stricker einen grossen Schritt in Richtung Top 100 machen, ehe voraussichtlich Frances Tiafoe (USA) auf ihn wartet. Dieser hat zuletzt zwar in Stuttgart triumphiert, ist aber kein Spieler, dessen Spiel grundsätzlich auf Rasen zugeschnitten ist.