Audrey Werro mit einem Steigerungslauf im Jahr 2025
Audrey Werro verpasst auch beim dritten internationalen Titelkampf in diesem Jahr die Medaille. In Tokio kann sie Platz 6 über 800 m rasch akzeptieren.
"Ich habe gezeigt, dass ich eine der schnellsten Läuferinnen bin. Das behalte ich im Kopf", betonte die Romande. Die 21-Jährige analysierte klar, hatte die Emotionen im Griff, "obwohl ich auf eine Medaille gehofft habe. Sie wird in Zukunft noch kommen".
Im März war die Freiburgerin an der Hallen-WM im chinesischen Nanjing um einen Hundertstel auf Platz 4 verwiesen worden, wenige Wochen zuvor an der Hallen-EM in Apeldoorn stürzte sie in der Schlusskurve in aussichtsreicher Position. Nun steht sie 2025 zum dritten Mal mit leeren Händen da. Platz 6 trotz der Weltklasse-Zeit von 1:56,17 Minuten.
In Tokio war eine 1:54er-Zeit notwendig fürs Podest. Eine Zeit nahe am Weltrekord, von der die Athletin wohl zu Saisonbeginn nicht mal zu träumen wagte. "Ich wusste, dass es hier ein sehr schnelles Rennen gibt. Und ich habe auch gehofft, dass ich eine solche Zeit laufen könnte". Audrey Werro sprach zwar von kleinen Fehlern, sie habe den Gegnerinnen vielleicht etwas zu viel Raum gelassen. Aber letztlich war der Tempolauf ganz nach ihrem Gusto.
Audrey Werro hat in Tokio ihre Fortschritte unter Beweis gestellt – leistungsmässig und auf taktischer Ebene. Denn für ihre Trainerin Christiane Berset Nuoffer waren die Resultate in der Halle nicht nur Pech gewesen: "Audrey hat damals zu spät angegriffen, etwas das Vertrauen verloren. Sie wusste während des Rennens nicht immer, was sie tun muss."
In Tokio war dies nun anders. Die grossgewachsene Läuferin mit dem raumgreifenden Schritt spielte sie ihre Stärke aus. "Schnell laufen und diese Schnelligkeit länger halten als die anderen", wie es ihre Trainerin umschreibt. "Wenn sie ihren Rhythmus findet, dann kommt es gut", hatte sie noch vor dem Rennen gesagt.
Aber der Final von Tokio hat gezeigt: Audrey Werro muss noch schneller werden. Schon als 18-Jährige durchbrach sie erstmals die 2-Minuten-Schallmauer, die über 800 m den Eintritt aufs globale Niveau bedeutet. Der eigentliche Leistungssprung kam erst diesen Sommer. Im Olympiajahr noch durch Verletzungen zurückgeworfen, profitierte die Athletin nun maximal vom Training. "Wir konnten jetzt mehr in die Schnelligkeit investieren, auch für die letzten 100 m." Sie hätten auch viel investiert in Zwischensprints während des Rennens. "Aber ja, ich bin auch überrascht von diesem Leistungssprung."
Christiane Berset Nuoffer hat Audrey Werro, die mit drei Geschwistern aufwuchs, schon als kleine Schülerin gekannt. Dem Primarlehrer in Courtepin war die sportliche Begabung der 9-Jährigen aufgefallen und stellte den Kontakt zum Klub von Belfaux her. "Bis sie 15 war, hat sie alles gemacht: Weitsprung, Sprint, Ballwurf, Kugelstossen, Laufen", erinnert sich Christiane Berset Nuoffer, deren gesamte Familie in der CA Belfaux aktiv ist. Nicht im Sport, aber in der Politik, schaffte es ihr Bruder und ex-Bundesrat Alain Berset an die Spitze. Alain Berset stand übrigens auch mal als 800-m-Läufer an der Athletissima in Lausanne am Start.