Ausreisser nach oben aufs WM-Podest scheint möglich zu sein
Die Konstanz ist bislang das Markenzeichen von Ditaji Kambundji im Jahr 2025. Nun soll in Tokio der Ausreisser nach oben kommen - in Form eines Schweizer Rekords oder sogar einer WM-Medaille.
Wenn sich einer Kambundji-Schwester die Möglichkeit zum Coup bietet, kommt es meistens gut. Wie im vergangenen März, als das Berner Duo von der Hallen-EM in Apeldoorn und der Hallen-WM in Nanjing je mit Gold und Silber zurückkehrte. Vier Starts, vier Medaillen.
In der Sommersaison war Mujinga Kambundji in den Medien präsenter. Das Befinden der werdenden Mutter spricht die breite Öffentlichkeit an. Die sportlichen Leistungen ihrer Schwester Ditaji fanden weniger Beachtung. Dabei scheint spürbar zu sein, dass sich da was zusammenbraut. Die Konstanz auf hohem Niveau ist heuer ihr Markenzeichen - nahe am Schweizer Rekord von 12,40 Sekunden, aufgestellt beim letztjährigen EM-Silbergewinn in Rom, oder sogar gleich schnell wie zuletzt bei Weltklasse Zürich. Und die Plätze 3 und 2 bei der Athletissima und eine Woche später beim Diamond-League-Final zeugen von den Ambitionen in Tokio.
In 12,40 Sekunden ist die Bernerin "nur" die Nummer 10 der Meldeliste. "12,40 reichen nicht mehr, um vorne dabei zu sein", betont Ditaji Kambundji anlässlich von Weltklasse Zürich. "Aber ich habe eine persönliche Bestleistung in den Beinen - und die will ich in Tokio laufen." Ihre Konstanz bestärkt sie in der Annahme, dass der Schweizer Rekord noch fallen wird. Bei so einem hohen Grundniveau scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis der Knaller kommt. Schliesslich ist die Formsteuerung auf den Saisonhöhepunkt Mitte September ausgerichtet.
Auf ihr Potenzial angesprochen, denkt die 23-jährige Indoor-Europa-Rekordhalterin ähnlich wie ihre globalen Disziplinen-Kolleginnen: "Ich setze mir keine Zeit als Ziel. Das würde eine innere Limite aufbauen. Ich lasse mich von mir selber überraschen", sagt sie gegenüber Keystone-SDA und fügt an: "In Tokio geht es um die Rangierung. Auch da darf ich mir einiges zutrauen."
2023 stand die Bernerin bereits im WM-Final in Budapest (Platz 7) - und es hätte wohl auch an den Olympischen Spielen in Paris geklappt, hätte im Monat zuvor die Gesundheit mitgespielt. Diesmal sind andere vom Pech verfolgt. So ist Frankreichs Olympia-Zweite Cyréna Samba-Mayela nicht da, und auch die Olympia-Dritte Jasmine Camacho-Quinn aus Puerto Rico fehlt verletzungsbedingt. Aber das Reservoir an US-Hürdensprinterinnen ist riesig. Die Top 4, angeführt von Olympiasiegerin Masai Russell, sind heuer alle schneller gelaufen als die Schweizerin. Hinzu kommt ein starkes jamaikanisches Trio mit Bestzeiten unter Ditaji Kambundjis U23-Europarekord.
In Tokio gilt es nun, Schritt für Schritt zu nehmen und über Vorlauf und Halbfinal in das Rennen der besten acht vom Montag (15.20 Uhr Schweizer Zeit) vorzustossen. Eine zweite Art der Konstanz, nämlich der technisch saubere Lauf, wird hier ebenso hilfreich sein wie die Serie mit Top-Zeiten. In den Nachwuchs-Kategorien war die U20-und U23-Europameisterin noch eine Top-oder-Flop-Läuferin - explosiv wie die 60-m-Weltmeisterin Mujinga Kambundji, aber über die Hürden noch nicht derart stabil und gefestigt wie heute. Die Gefahr eines Stolperers oder gar eines Sturzes waren latent vorhanden. "Jetzt schaue ich ziemlich entspannt zu", sagte ihre zehn Jahre ältere Schwester Mujinga als Teil des SRF-Teams bei Weltklasse Zürich.