Bei Weltklubs ausgebildet, in Basel Fuss gefasst
Flavius Daniliuc durchlief die Nachwuchsabteilungen von Real Madrid und Bayern München. Nach seinem Wechsel nach Basel etabliert sich der Österreicher als Abwehrchef im Team von Ludovic Magnin.
Zwei Männer in Trainingsanzügen sitzen in gepolsterten Sesseln im Einkaufszentrum St. Jakob. Drei andere Männer in Arbeitskleidung laufen vorbei. Ein flüchtiger Blick. Dann noch einer. "Habt ihr sie gekannt? Das sind zwei Spieler des FCB", sagt der eine zu seinen Kollegen. Die ziehen die Schultern hoch. Bei besagten Spielern handelt es sich um Dominik Schmid und Albian Ajeti. Wer die zwei Aushängeschilder des Schweizer Meisters nicht erkennt, dürfte beim Anblick von Flavius Daniliuc zusätzlich zu den Schultern auch die Augenbrauen hochziehen. Flavius wer?
Nun, Flavius Daniliuc galt einst als eines der grössten Talente im europäischen Fussball. Von Wien aus wollte der Österreicher die grosse Fussballwelt erobern. Real Madrid sicherte sich seine Dienste, als er 10 Jahre alt war. Fünf Jahre später wechselte er in die Nachwuchsabteilung von Bayern München, wo er mit Jamal Musiala und Angelo Stiller kickte.
Um den Durchbruch in den Profibereich zu schaffen, bedurfte es aber eines weiteren Wechsels nach Nizza. Unter Trainer Patrick Vieira, als Spieler Welt- und Europameister mit Frankreich sowie Champions-League-Sieger mit Inter Mailand, gab er vor fünf Jahren an der Seite von Dan Ndoye gegen Paris Saint-Germain mit Kylian Mbappé, Angel Di Maria und Marquinhos sein Debüt in der Ligue 1.
Allein die Namen zeigen, in welchen Sphären sich Daniliuc schon bewegte. Nach Zwischenstationen bei Salernitana, RB Salzburg und Hellas Verona ist er in Basel gelandet. In einer der Top-Ligen Europas hätte er mehr Geld verdient. "Aber mir war wichtiger, bei einem Verein zu spielen, der hohe Ambitionen hat und um Titel mitspielt", verriet er nach seiner Ankunft der "bz".
In Basel hat Daniliuc, der sechs Sprachen spricht, eine neue Wahlheimat gefunden. Die Integration fiel ihm leicht - auch, weil die Leistungen von Beginn weg stimmten. Nach gerade einmal neun Spielen in Rotblau ist Daniliuc aus der Innenverteidigung des Schweizer Meisters nicht mehr wegzudenken und der Abwehrboss, den sich Trainer Ludovic Magnin gewünscht hat. Wieder mal, so scheint es, hat David Degen bei einem Transfer ein goldenes Händchen bewiesen.
Daniliuc ist ein kommunikativer Mensch, scheint reifer, als dass es sein Alter von 24 Jahren vermuten liesse. Er hat schon viel gesehen, ist viel herumgekommen. "Am meisten geprägt hat mich die Station in Nizza, wo ich die Chance erhielt, Profi zu werden. Und wenn ich einen Trainer nennen müsste, von dem ich am meisten gelernt habe, würde ich Paulo Sousa sagen." Unter dem einstigen FCB-Coach spielte der Verteidiger ein Jahr lang in Salernitana. "Er hat mir in Sachen Defensivarbeit und Taktik extrem viel mitgegeben." Von alldem profitiert nun der FC Basel, bei dem Daniliuc bis im Sommer 2028 unter Vertrag steht.
Auf seine Ziele und Träume angesprochen, weicht der 1,88 m grosse Verteidiger erst aus. "Ich habe relativ schnell gelernt, dass sich Träume und Ziele im Fussball schnell zerschlagen, es oft anders kommt, als man denkt." Schliesslich schiebt er doch nach, dereinst gerne in der Champions League spielen zu wollen. "Wieso nicht hier in Basel? Mit dieser Mannschaft, mit diesem Umfeld ist das sicher möglich." Noch ohne Daniliuc, der erst am letzten Tag der Transferperiode ans Rheinknie wechselte, verpasste der Schweizer Meister gegen Kopenhagen die Qualifikation für die Königsklasse.
Am Donnerstag geht es in der Europa League gegen Steaua Bukarest, den rumänischen Meister. Für Daniliuc, dessen Eltern aus Rumänien stammen, ein spezielles Spiel: "Meine ganze Familie wird im Stadion sein, ich bekam viele Anfragen wegen Tickets", sagt er. Mit dem Verein, der 1986 den Europapokal der Pokalsieger gewann, verbindet Daniliuc aber keine Erinnerungen. Früher sei er oft mit der Familie nach Rumänien in die Ferien gefahren. "Eine gute, unbeschwerte Zeit", blickt er zurück. In den letzten Jahren seien die Besuche in der Heimat seiner Eltern weniger geworden.
Seine Wurzeln blieben auch dem rumänischen Verband nicht verborgen. Das Werben um den jungen Abwehrspieler blieb jedoch erfolglos. "Ich bin in Wien aufgewachsen, meine Eltern wohnen seit über 40 Jahren dort, ich habe in den Juniorennationalteams Österreichs gespielt. Daher habe ich mich bewusst für diese Nationalmannschaft entschieden", sagt Daniliuc.
Dreimal trug er bisher das Trikot mit dem Adler-Wappen auf der Brust. Zuletzt bot ihn der Nationaltrainer Ralf Rangnick nicht mehr auf. Auch für die beiden letzten WM-Qualifikationsspiele ist der 24-Jährige nur auf Abruf. Spielt er im Klub so weiter wie bis anhin, dürfte es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis er ein Aufgebot für die Nationalmannschaft erhält - und die Besucher des Einkaufszentrums St. Jakob das neue Gesicht des FC Basel erkennen.