Das grosse Fragezeichen rund um Pia Sundhage
Am Dienstag trifft die Schweiz auswärts auf Schottland. Das Testspiel könnte Pia Sundhages letztes als Nationaltrainerin der Schweiz sein.
Acht Grad, Wind, eine Niederschlagswahrscheinlichkeit von 50 Prozent. So lautet der Wetterbericht für Dunfermline, Schottland, wo das Nationalteam am Dienstagabend ein Auswärtsspiel bestreiten wird. "Ich denke, wir werden auf Augenhöhe mit dem Team spielen", so Captain Lia Wälti, "aber Schottland macht es einem immer schwierig."
Bei garstigen Bedingungen könnte Trainerin Pia Sundhage ihr letztes Spiel mit der Schweiz absolvieren. Ihr Vertrag läuft Ende des Jahres aus, der Entscheid über ihren Verbleib könnte aber bereits vor Ende November, wenn der letzte Zusammenzug des Jahres stattfindet, fallen. Für die Schwedin geht es darum, ein letztes Mal Argumente für sich zu sammeln, nachdem sie mit dem 1:0-Sieg gegen Kanada am Freitag bereits vorlegte.
Es ist eine Entwicklung, die noch vor wenigen Monaten niemand erwartet hatte. Denn als Pia Sundhage Mitte Januar 2024 den Vertrag als Trainerin des Schweizer Nationalteams unterschrieb, war ihre Aufgabe klar: Sie sollte das Team auf die Heim-EM im Sommer 2025 vorbereiten. "Wir sind überzeugt davon, dass ihre immense Erfahrung mit diversen grossen Nationen und Namen auch die Entwicklung in der Schweiz weiter vorantreiben wird", äusserte sich Marion Daube damals. Zu dieser Erfahrung als Trainerin zählen zweimal Olympia-Gold mit den USA und die Auszeichnung zur FIFA-Welttrainerin.
Mit der Qualifikation der Schweiz für den Viertelfinal am Heim-Turnier erreichte Sundhage dann Historisches, das Nationalteam qualifizierte sich erstmals für die EM-Viertelfinals. Dieser Erfolg war wohl auch Ausschlag dafür, dass Sundhage und der Verband plötzlich anfingen mit dem Gedanken zu spielen, den Ende Jahr auslaufenden Vertrag doch zu verlängern. So sagte Marion Daube nach dem Out gegen Spanien: "Es ist in alle Richtungen alles möglich und offen."
An der Kaderbekanntgabe für den aktuellen Zusammenzug äusserte sich dann erstmals Sundhage selbst: "Ich habe gesagt, dass ich gerne weitermache, sofern ich einen Vollzeit-Assistenten erhalte, um das Beste aus mir herauszuholen."
Ob der Verband diese Forderungen erfüllen kann, ist noch nicht klar. Das Testspiel gegen Kanada am vergangenen Freitag könnte also Sundhages letztes Heimspiel gewesen sein. Darauf angesprochen wirkt die Trainerin wehmütig. "Ich bin sehr glücklich. Das Resultat ist perfekt."
Dann wird sie so deutlich, wie nie zuvor: "Wenn man dieses Team anschaut, die jungen Spielerinnen, dann sieht man, dass es ein sehr gutes Team sein wird. Ich würde es lieben, hier weiterzumachen."
Und was ist mit den Spielerinnen? Denn Sundhage schien nicht immer die beliebteste Trainerin zu sein. So wurden vor Start der EM Vorwürfe von Spielerinnen laut, die gegenüber dem "Blick" sagten, die Trainings seien zu intensiv, Sundhage zu streng. Die Trainerin selbst dementierte die Vorwürfe, während der EM wurde dann von allen Seiten immer wieder die gute Stimmung im Team als Erfolgsrezept genannt. Das bestätigte Alisha Lehmann, als sie vor rund einer Woche sagte: "Die gute Stimmung während des Turniers war ein Verdienst aller, auch des Trainerteams."
Werden die Spielerinnen aber direkt auf den auslaufenden Vertrag von Sundhage angesprochen, halten sie sich bedeckter. "Es ist kein Thema im Team. Wir fokussieren uns auf den Fussball und haben nichts mit diesem Entscheid zu tun", erklärte Verteidigerin Viola Calligaris.
Captain Lia Wälti gab sich ähnlich diplomatisch: "Bei uns zählt das hier und jetzt. Wir bereiten uns auf jedes Spiel mit den Trainern vor, die wir haben. Alles andere können wir nicht beeinflussen, das ist der Entscheid des Verbands und von Pia."
Ein Entscheid des Verbands und von Sundhage also. Nachdem die Meinung letzterer bereits öffentlich bekannt ist, fehlt nur noch eine Antwort des Verbands. Vielleicht wird Sundhage ja tatsächlich zu der Trainerin werden, welche die Schweiz durch die schwierige Qualifikation an die WM 2027 in Brasilien führt. Für Sundhage wäre es die Rückkehr in ein Land, das sie ebenfalls bereits einst trainierte.