Das Rahmen-Out: Hat YB richtig entschieden?
Nach dem 0:1 in Basel und dem Absturz auf den letzten Tabellenplatz hat die YB-Führung Trainer Patrick Rahmen seines Amtes enthoben – der richtige Entscheid? Die beiden Sky Sport-Redaktoren Patrick Y. Fischer und Andy Maschek sind sich nicht einig.
Patrick Y. Fischer sagt: Ja
Nach dem vorzeitigen Aus von Patrick Rahmen bei YB erwarte ich jetzt nicht, dass YB sofort in die eigentlich vorgesehene Rolle als Meisterschaftsfavorit zurückschlüpft. Denn ganz unabhängig von der künftigen Trainerwahl müssen die Berner die anstehenden Tage und Wochen dazu nutzen, um die gemachten Fehler zu analysieren, den Re-Launch-Knopf zu drücken und im Anschluss mit frischem Elan in Meisterschaft und CL zurückzukehren. Aber genau darum war Patrick Rahmens Entlassung die richtige – weil einzige – Wahl.
Denn unter dem gebürtigen Basler wäre genau das nicht möglich gewesen. Die Hypothek, den Titelverteidiger innerhalb von nur fünf Monaten vom Titelanwärter in einen Abstiegskandidaten «gecoached» zu haben, steckt zu tief in den Kleidern jenes Mannes, der im Sommer unter grossen Vorschusslorbeeren in die Bundesstadt geholt wurde. YB zurück zu dominantem, offensiven und selbstredend erfolgreichen Fussball zu führen war die Vorgabe. Geworden ist es schliesslich ein nicht enden wollendes Geknorze mit einer zusehends verunsicherten Mannschaft, die den Glauben verloren hat, Spiele noch gewinnen und drehen zu können.
Dabei war genau dies trotz bereits monatelang mangelhaften Leistungen bis zur Sommerpause die grosse Stärke der Berner geblieben. Dass sie trotz offensichtlichen Defiziten Wege fanden, um aus einer Niederlage noch ein Unentschieden oder aus einem Punkt noch drei zu machen. Unter Rahmen funktionierte das zuletzt mit Ausnahme der CL-Qualifikation immer weniger. Die Selbstverständlichkeit der Sieger war den Young Boys abhandengekommen. Und der 55-Jährige schaffte es zuletzt nicht mehr, der Mannschaft noch einmal den Glauben daran zu vermitteln, besser zu sein als der Gegner.
Gewiss, Rahmen ist bestimmt nicht der Alleinschuldige an der Berner Misere, die ihren Anfang genau genommen schon im Sommer 2023 hatte und sich mit dem Wintertransferfenster akzentuierte. Aber für mittel- bis langfristige Kurskorrekturen im Kaderbereich ist es jetzt zu spät, es braucht dringend einen frischen Impuls, um nicht noch weiter in die Krise zu schlittern. Und diesen kann nun einmal am besten ein neuer Mann an der Seitenlinie auslösen, so bitter das für Rahmen sein mag. Denn dass der Berner Kader nicht für mehr als den Super-League-Abstiegskampf taugen soll, ist nur schwer zu vermitteln. Um den Knoten im Kopf zu lösen bedarf es jetzt aber eines frischen Elements – auf Kosten von Patrick Rahmen.
Andy Maschek sagt: Nein
Einmal mehr haben die Mechanismen im Fussball-Business gegriffen, einmal mehr ist in der sportlichen Krise der Trainer das schwächste Glied in der Kette und wird geopfert. Natürlich, die Resultate liegen in Brn weit weg von den Ansprüchen. Der Krösus der Liga auf dem letzten Platz – es ist ein Unding, kann nicht sein. Auch wenn demgegenüber die Qualifikation für die Ligaphase der Champions League steht und damit ein warmer Millionenregen verbunden ist.
Ist es also auch richtig, dass die Young Boys ihren Trainer Patrick Rahmen nach nur gerade 99 Tagen im Amt und Würden gefeuert haben? Nein, sondern höchstens nachvollziehbar, selbst wenn der Übungsleiter in neun Super League-Spielen auf einen desaströsen Schnitt von nur gerade 0,67 Punkten kam.
Angefangen hat der Niedergang viel früher, als Jean-Pierre Nsame vergrault wurde und der Torschütze vom Dienst im vergangenen Winter im Unfrieden die Berner verliess. Kurz darauf zog sich Loris Benito einen Kreuzbandriss zu und fehlte auf dem Platz und in der Garderobe an allen Ecken und Enden. Es folgten Niederlagen in Cup und Meisterschaft, die Entlassung von Trainer Raphael Wicky – auf der Leaderposition notabene –, die Trennung von CEO Wanja Greuel und am Ende doch noch der Gewinn des Meistertitels.
Neuer Trainer wurde auf diese Saison hin Patrick Rahmen, der das Pech hatte, dass Loris Benito nach wie vor fehlte, Captain Fabian Lustenberger zurückgetreten war und sich auch noch Verteidiger Mohamed Camara verletzte. Ohne diese Leistungsträger, Führungsspieler und Leadertypen gelang zwar der Sprung in die Königsklasse, folgte aber auch der Absturz im heimischen Championnat. Dies unter anderem weil an der Transferfront zu wenig investiert wurde, auch wenn die Geldschränke gut gefüllt sind.
Coach Rahmen musste mit den Spielern arbeiten, die ihm zur Verfügung standen. Ja, vielleicht war er in diesem Sommer der falsche Mann, um mit den Young Boys durchzustarten und die Position als Nummer 1 der Schweiz zu zementieren. Gleichzeitig hätte er die Chance verdient gehabt, mit dem Team den Turnaround zu versuchen, denn Zerfallserscheinungen waren nicht in Sicht. Stattdessen wurde er aber geopfert. Für die Fehlentscheide, welche seine Bosse gefällt hatten und zu verantworten hätten: Christoph Spycher, der VR-Delegierte Sport, und Sportchef Steve von Bergen.
Man darf gespannt sein, wen dieses Duo nach der Interimsphase mit Joël Magnin installieren wird. Klar ist aber, dass diese Patrone sitzen muss, wie man so schön sagt. Denn an der aktuellen Krise tragen sie die grössere Schuld als der im Regen stehen gelassene Patrick Rahmen.