Die Lakers und der unverhoffte Höhenflug
Die Rapperswil-Jona Lakers sind das Überraschungsteam der bisherigen Saison. Was sind die Gründe für den Höhenflug des Tabellen-Zweiten der National League?
Der "Blick" schrieb vor dem Meisterschaftsstart: "Am Obersee drohen stürmische Zeiten." Überhaupt wurde Rapperswil-Jona im Vorfeld der Saison wenig zugetraut. Die Mannschaft erfuhr nach dem Scheitern in der ersten Runde im Play-in der letzten Saison nur wenige Änderungen. Auf dem Posten des Sportchefs löste Claudio Cadonau den zu Lugano ziehenden Janick Steinmann ab.
Während Steinmann in den fast sechs Jahren bei den Lakers einiges bewegt hat, ist Cadonau in diesem Amt ein Greenhorn. Der 37-Jährige war in der letzten Saison noch Verteidiger bei den SCL Tigers. Mit Nico Dünner, dem Captain der Rapperswiler, Yannick-Lennart Albrecht sowie Valentin Hofer spielte er einst erfolgreich im gleichen Team. "Das schweisst zusammen", sagt Cadonau im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Überhaupt hat er eine "sehr enge Verbindung zu den Jungs". Er kann sich gut in sie hineinversetzen, was ihm ermöglicht, "auf einer anderen Ebene viel ehrlicher miteinander zu sein." Ehrlich miteinander zu diskutieren, ist für ihn der Schlüssel zum Erfolg.
Doch obwohl Cadonau eine nahe Bindung zu den Spielern hat, ist er nur wenn nötig in der Garderobe. "Diese soll das Reich der Mannschaft sein, die Spieler sollen sich dort wohl fühlen und auch mal über den Sportchef herziehen können. Das ist völlig okay." Dass das Team noch von Steinmann zusammengestellt wurde, sieht Cadonau als Vorteil, da er dadurch in aller Ruhe die Spieler, den Staff, die Organisation kennenlernen konnte. Zu seinem Vorgänger hat er immer wieder mal Kontakt, Steinmann war zudem der erste, der ihn anrief, nachdem er den Job erhalten hatte.
Auch für Cadonau ist es überraschend, wie es der Mannschaft läuft. "Wir stehen meistens sehr gut im System und spielen äusserst aggressiv, gewinnen sehr viele Scheiben im Forechecking. Damit haben viele Gegner Mühe. Zwischendurch sieht es auch mal chaotisch aus, aber es ist meistens ein geordnetes Chaos. Allerdings gilt es, realistisch zu sein. Wir haben ein paar Spiele mit Glück gewonnen."
Als Glück bezeichnet Cadonau auch, dass seine Grundsätze vom ersten Tag an übereinstimmten mit jenen von Trainer Johan Lundskog, der im vergangenen Dezember Stefan Hedlund als Headcoach der Lakers abgelöste hatte. "Es geht alles über das Training. So wie du trainierst, spielst du. Wenn im Training noch so kleine Details durchgelassen werden, wirkt sich das auf das Spiel aus", sagt Cadonau und fährt fort: "Es arbeiten alle Teams hart, aber gewisse arbeiten noch härter und akribischer." Nur, wenn etwas tausendfach geübt werde, gehe es in die DNA über und könne auch unter Druck abgerufen werden.
Ein weiterer Grund für den guten Lauf ist für Cadonau, dass sich jeder im Team bewusst sei, dass sie jeden Abend wie in einer entscheidenden siebenten Playoff-Begegnung auftreten müssten. "Wir verfügen nicht über so viele aussergewöhnliche Spieler wie andere Vereine, müssen die meisten Partien über das Kollektiv gewinnen", so Cadonau.
Zu den aussergewöhnlichen Spielern bei den Lakers gehören Malte Strömwall und Tyler Moy, deren Verträge am Ende der Saison auslaufen. Die beiden führen die interne Skorerliste mit 13 respektive 12 Punkten an. Strömwall ist mit neun Toren hinter dem Bieler Lias Andersson und dem Lausanner Théo Rochette (je 10) die Nummer 3 in dieser Statistik.
Zu seiner Zukunft sagt der 31-jährige Schwede gegenüber Keystone-SDA: "Im Moment lebe ich im Hier und Jetzt. Ich muss das mit meiner Familie besprechen, wir haben bisher nicht wirklich darüber geredet. Es sind erst 14 Partien gespielt", sagt Strömwall, der auch schon in Nordamerika, Finnland, Russland und Belarus tätig gewesen ist. Er sei sich aber bewusst, dass in der Schweiz betreffend Verträge alles viel schneller gehe als in Schweden.
An der hiesigen Liga schätzt Strömwall, dass er viel Zeit mit der Familie verbringen und jeden Abend im eigenen Bett schlafen kann. Am Land mag er die Sauberkeit und die Natur. "Es ist ein entspanntes Leben hier", sagt er. Zudem sei die Lage von Rapperswil mit der Nähe zum Flughafen ideal, könnten ihn Freunde und Familie problemlos besuchen.
Wie sieht er die National League im Vergleich zur schwedischen Liga? "Hier sind die Topspieler technisch stärker und geht es mehr hin und her, es gibt oft Torchancen aus dem Nichts." Von daher sei es für einen offensiven Spieler wie ihn hier etwas einfacher. Strömwall spielt die zweite Saison für die Lakers, was die Vorbereitung auf eine Partie einfacher mache, da er nun wisse, was ihn erwarte.
Was ist für ihn die grösste Differenz zur vergangenen Spielzeit? "Wir hatten im August viel Zeit, um das System besser kennenzulernen. Ich glaube, jeder steht voll hinter dem, was wir hier machen, und wie wir spielen wollen. Dieses Vertrauen, zusammen mit ein paar anderen Faktoren, spielt eine grosse Rolle dabei, dass es im Moment so gut läuft."
Entscheidend sei auch, dass Lundskog jedem Spieler im Team das Gefühl gebe, wichtig zu sein. "Er behandelt uns mit viel Respekt, und wir zahlen das auf dem Eis zurück." Jedenfalls sind die Zeiten am Obersee alles andere als stürmisch, in der Tabelle liegt einzig Davos vor den Lakers.