Die schlechteste Idee ist auch der erfolgreichste Klub-Wettbewerb
Die erste Klub-WM im grossen Format endet mit dem Triumph von Chelsea über Paris Saint-Germain. Die Meinungen zum Turnier sind gespalten, der Grossteil der Kritik kommt indes aus Europa.
War es nun der "erfolgreichste Vereinswettbewerb der Welt, der die Landkarte des Fussballs verändert", wie es der FIFA-Präsident Gianni Infantino sieht? Oder ist die Klub-WM im neuen XXL-Format über einen Zeitraum von vier Wochen "die schlechteste Idee, die jemals im Fussball umgesetzt wurde", so wie es die deutsche Trainerlegende Jürgen Klopp sieht?
Die 63 Spiele im Land des WM-Gastgebers von 2026 beinhalteten interessante Vergleiche zwischen den besten Teams der Kontinente. Mannschaften aus kleinen Fussball-Nationen wie Südafrika mit den Mamelodi Sundowns sammelten Sympathiepunkte und wertvolle Erfahrungen. Südamerikanische Teilnehmer, vorab die Traditionsklubs aus Brasilien, brachten eine tolle Stimmung in die Stadien und ärgerten zumindest in der Gruppenphase europäische Schwergewichte.
Al Hilal aus Saudi-Arabien schaffte es bis in die Viertelfinals. Junge Spieler konnten das Turnier als Bühne nutzen, und Fans in Europa sahen erstmals, warum Real Madrid 39 Millionen Euro für den 17-jährigen Argentinier Franco Mastantuono an River Plate überwies.
Nicht zuletzt aufgrund eines dynamischen Preissystems mit Tickets zu Schleuderpreisen bei geringer Nachfrage besuchten durchschnittlich 40'000 Zuschauer die Spiele. Beträchtliche zwei Milliarden Dollar Umsatz generierte das Turnier. Das alles hatte aber auch seinen Preis. Nicht nur Manchester Citys Trainer Pep Guardiola befürchtet eine erhöhte Verletzungsanfälligkeit seiner Spieler in der kommenden Spielzeit. Nach einer langen Saison wurden diese noch einmal richtig gefordert, anstatt sich in den Ferien zu erholen. "Der Sieg ist schön, aber das wir uns nun erholen können, ist noch schöner", hielt Chelseas Final-Matchwinner Cole Palmer treffend fest.
Die hohen Temperaturen sorgten für Komplikationen. Trotz deutlich über 30 Grad waren viele Partien zur Mittagszeit oder am frühen Nachmittag angesetzt, um den wichtigen europäischen TV-Markt zu bedienen. "Für die europäischen Fans ist die Zeit grossartig, aber die Teams leiden darunter", sagte Luis Enrique, der Trainer des unterlegenen Finalisten Paris Saint-Germain. "Es ist zu viel Hitze. Man muss in anderen Bedingungen spielen, um eine bessere Show zu sehen."
In neun der 16 Austragungsstädten der WM 2026 herrschen zu dieser Jahreszeit Bedingungen, die als "extremes Risiko" für hitzebedingte Erkrankungen gelten. Dass die Hitze negativen Einfluss auf die Spielqualität hat, ist unstrittig. Ein Ansatzpunkt für die WM im kommenden Jahr ist, die Schwelle für "Cooling Breaks", also die Pausen für Spieler und Schiedsrichter zur kurzen Abkühlung und Wasseraufnahme, herabzusetzen. Die Spielergewerkschaft FIFPRO prüft zudem die Ausdehnung der Halbzeitpause von 15 auf 20 Minuten.
Ebenfalls negativ ins Gewicht fällt das bisweilen willkürlich wirkende Auswahlverfahren der Teilnehmer und ein fragwürdiges Preisgeld-System, das die Schere zwischen Arm und Reich weiter aufreissen und den Wettbewerb noch ungleicher und vorhersehbarer machen wird - insbesondere in den Ligen der Teilnehmer aus kleineren Ländern. Und dass die Milliarden auch für dieses Turnier aus fragwürdigen Quellen wie dem saudi-arabischen Staatsfond PIF stammen. Mit einer Mega-Investition in den Streamingdienst DAZN (eine Milliarde für zehn Prozent der Firmenanteile) garantierte das Land, in dem es um Demokratie und Menschenrechte nicht gut bestellt ist, die kostenlose Ausstrahlung der Spiele auf DAZN.
Zumindest in Europa wurde die Klub-WM in Sachen Einschaltquoten gleichwohl deutlich ausgestochen von der Frauen-EM. Und bei aller Sympathie für die kecken Underdogs machten am Ende erwartungsgemäss zwei europäische Klubs den Triumph unter sich aus. Der Final zwischen Paris Saint-Germain und Chelsea hätte auch ein Endspiel in der Champions League sein können.
Weil Chelsea den in den letzten Monaten so unwiderstehlichen französischen Champions-League-Sieger entzauberte und diesen mit einem diskussionslosen 3:0-Erfolg um den fünften Titel der Saison brachte, gab es zum Abschluss doch noch einmal eine Überraschung. Wobei auch Chelsea auf dem Transfermarkt mit der grossen Kelle rührt, wie die mehr als 1,5 Milliarden investierten Euro in neue Spieler seit der Übernahme des Klubs durch den Amerikaner Todd Boehly verdeutlichen.
Ungeachtet der Bedenken wird die Klub-WM in diesem Format und im Vierjahresturnus bestehen bleiben, zumal es nicht an Interessenten für die Durchführung des nächsten Turniers mangelt. Und einen tollen Nebenaspekt lieferte die Premiere in den USA auch noch: Die Body-Cams, welche die Schiedsrichter in den Partien trugen, lieferten spektakuläre Bilder aus nächster Nähe und unkonventionellen Winkeln. Sie dürften bei künftigen Turnieren und Wettbewerben erneut zum Einsatz kommen.