Die Weltfussballerin macht den Unterschied
Spanien steht zum ersten Mal in einem EM-Final. Dass nicht Rekordeuropameister Deutschland am Sonntag die Engländerinnen fordert, hat mit Kleinigkeiten zu tun - und mit Qualität.
Freundlich lächelnd blickt sie in die Runde, fast schon schüchtern schaut sie zwischen dem Mikrofon hervor und dem Pokal, den sie als Auszeichnung für die Spielerin des Spiels erhalten hat. So zurückhaltend Aitana Bonmati neben dem Feld auftritt, so selbstbewusst ist sie auf dem Rasen. Dass sie dem spanischen Spiel an dieser EM den Stempel aufdrückt, war bis kurz vor Turnierbeginn nicht absehbar.
Ende Juni erkrankte die 27-jährige Mittelfeldspielerin an einer Hirnhautentzündung. Drei Tage musste sie sich in einem Spital in Madrid behandeln lassen. Erst kurz vor dem ersten Spiel stiess die zweifache Weltfussballerin zu ihrem Team. Sukzessive wurde sie herangeführt. Auf zehn Minuten gegen Portugal folgten 45 Minuten Einsatzzeit gegen Belgien. Im letzten Gruppenspiel gegen Italien stand sie über die volle Distanz auf dem Platz, genau gleich wie im Viertelfinal gegen die Schweiz, in dem sie mit einem genialen Hackentrick den Schweizer Abwehrriegel durchbrach und die Vorlage zum gewinnbringenden 1:0 gab.
Am Mittwoch gegen Deutschland stand Bonmati über 120 Minuten auf dem Platz. Und wieder war es die Edeltechnikerin, die den Unterschied machte. Mit einer Finte und einem frechen Abschluss, bei dem sie die deutsche Keeperin Ann-Katrin Berger in der nahen Ecke erwischte.
"Unsere Analysten haben gesehen, dass sie die kurze Ecke manchmal frei lässt. Das haben wir ausgenutzt", so Bonmati, die Spanien mit ihrem Treffer nicht nur den ersten Sieg über Deutschland schenkte, sondern ihr Land auch zum ersten Mal in einen EM-Final führte. "Heute war der Tag, Geschichte zu schreiben. Wir sind sehr stolz, dass wir zu dieser Generation gehören, die so viel gewinnt. Im Moment freuen wir uns, morgen denken wir schon wieder an England."
Gegen eben jenes England hat Spanien den WM-Final vor zwei Jahren mit 1:0 gewonnen. Während die Lionesses noch eine Rechnung mit La Roja offen haben, hätte auch Deutschland nur zu gern Revanche genommen am Team von Sarina Wiegman. 2022 unterlag die DFB-Elf Gastgeber England im EM-Final im Londoner Wembley-Stadion nach Verlängerung.
Ein wenig mehr Glück und Deutschland wäre anstelle von Spanien nach Basel gefahren. Denn trotz spielerischer Unterlegenheit war das personell gebeutelte Team von Christian Wück jederzeit gefährlich. "Sie hatten nicht viel Ballbesitz, haben uns aber physisch dominiert", brachte es Montse Tomé, die spanische Nationaltrainerin, nach dem Spiel auf den Punkt. "Wir wussten, dass sie ein starkes Umschaltspiel haben, das wollten wir unterbinden." Nicht immer ist dies den Spanierinnen gelungen.
In der Nachspielzeit wäre der spanische Traum vom erstmaligen Vorstoss in einen EM-Final beinahe geplatzt. Goalie Cata Coll rettete gleich doppelt. Erst wehrte sie einen abgefälschten Schuss von Klara Bühl ab, schliesslich behändigte sie auch den Nachschuss von Carlotta Wamser. "Kurze Ecke hoch und lange Ecke flach: Wenn sie sich an den Stürmergrundsatz gehalten hätte, wäre der Ball vielleicht reingegangen", resümierte Bundestrainer Wück die Chance von Wamser.
Am Ende entschieden Kleinigkeiten über den zweiten Finalteilnehmer.